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Die Bibliothek der Schatten Roman

Die Bibliothek der Schatten Roman

Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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heben.
    »Ihr werdet einen Sender brauchen«, konstatierte Henning und streckte die Hand in die Höhe wie bei einem Eid. »Ich bin dabei.«
    Die übrigen Anwesenden sahen sich nur an.
    Tom schüttelte den Kopf.
    »Ich bin jetzt schon zu weit von meinem Hof weg«, meinte er etwas bedrückt. »Tut mir leid.«
    »Vielleicht ist es ganz gut, wenn es nur eine kleine Gruppe ist«, sagte Clara. Alle stimmten ihr zu, manche sichtlich erleichtert. Katherina war es egal. Solange sie selbst fahren konnte, war es ohne Bedeutung, ob sie von einem oder von Hunderten begleitet wurde. Sollte sie Jon entdecken, würde sie schon einen Weg finden, ihn zu befreien.
     
    Nach einer Stunde hatte Muhammed noch immer nicht zurückgerufen, und die meisten Lettori hatten das Antiquariat verlassen. Iversen schlenderte durch den Laden und räumte ein wenig auf, hielt aber Abstand zu Katherina, die unruhig auf einem Stuhl saß, wenn sie nicht gerade zwischen den Schaufenstern auf und ab lief. Sie spürte, dass Iversen sich schämte,
nicht mitkommen zu können. Er wich ihrem Blick aus und lief leise zwischen den Regalen herum, um sie nicht zu stören.
    Nach einer weiteren halben Stunde ging auch Iversen, nachdem er sich von Katherina hatte überzeugen lassen, dass er Schlaf brauche. Sie rief ein paar Mal bei Muhammed an, doch er ging nicht ans Telefon. Schließlich trabte sie immer aufgeregter durch den Laden und versuchte nicht mehr nachzudenken. Nachdem sie über zwei Stunden gewartet hatte, setzte sie sich auf den Boden und lehnte sich mit dem Rücken an ein Regal. Ihre Beine schmerzten und lenkten sie von ihren Spekulationen ab. Sie schlang die Arme um die Beine und legte die Stirn auf die Knie. Wenn sie die Augäpfel fest dagegendrückte, tanzten Flecken vor ihren Augen wie Fliegen in der Nachmittagssonne. Sie spürte sogar die Wärme der Sonnenstrahlen auf ihrem Rücken. Die Sonne Ägyptens.
    Das Telefon klingelte.
    Katherina schrak auf und sah sich verwirrt um. Sie lag in Embryonalhaltung auf dem Fußboden. Draußen war es hell.
    Mühsam rappelte sie sich auf. Ihre Beine waren steif, und sie taumelte die wenigen Schritte zum Kassentisch.
    »Libri di Luca«, sagte sie, als sie endlich den Hörer in der Hand hielt.
    »Ich bin’s«, kam es vom anderen Ende.
    Katherina erkannte Muhammeds Stimme und war auf einen Schlag hellwach.
    »In einer halben Stunde an der Zentralbibliothek.«
    »Was?«, stammelte sie, doch da hatte Muhammed bereits aufgelegt.
     
    Katherina verstieß gegen alle Verkehrsregeln, als sie mit dem Fahrrad zur Bibliothek fuhr. Sie raste über Bürgersteige, durch Einbahnstraßen und über Busspuren, ohne sich um Ampeln oder hupende Autos zu kümmern. Die überstrapazierten Muskeln
in ihren Beinen waren so steif, dass sie beinahe gestürzt wäre, als sie in der Krystalgade vor der Bibliothek vom Fahrrad stieg. Sie stellte das Rad ab, ohne es abzuschließen, und rannte durch die Schwingtür in die Bibliothek.
    Die weiße Vorhalle reichte bis zur Dachkonstruktion des Gebäudes empor, durch deren Milchglasscheiben Tageslicht in den Raum fiel. Katherina stellte sich in die Mitte der Halle und sah sich um. Die Bibliothek hatte erst vor einer Stunde geöffnet, und es waren nur wenige Besucher dort. Sie empfing viel weniger Gelesenes, als sie befürchtet hatte, und konnte sich auf die Anwesenden konzentrieren.
    Am Schalter rechts von ihr stand ein Bibliothekar, der anscheinend nichts zu tun hatte, während seine Kollegen auf Rollwagen Bücher vor sich herschoben, die sie methodisch einsortierten. An den Computerarbeitsplätzen im Erdgeschoss saß eine junge Frau und starrte auf einen Bildschirm.
    Muhammed war nirgends zu sehen.
    Katherina ging zur Rolltreppe, die von der Halle in die erste Etage führte. An den Belletristikregalen stellte sie sich ans Geländer, von wo sie die Vorhalle überblicken konnte. Ihr Herz hämmerte noch immer nach der rasanten Fahrt mit dem Mountainbike. Aufmerksam beobachtete sie eine Gruppe Neuankömmlinge, die sich als Studentengruppe zu erkennen gaben und in die Comicabteilung wollten.
    »Hier lang«, ertönte Muhammeds Stimme hinter ihr.
    Sie blickte sich um und sah ihn in Richtung der Rolltreppe zum zweiten Stock verschwinden. Er trug ein graues Kapuzenshirt. Er hinkte, und als er sich umsah, um sich zu vergewissern, dass sie ihm folgte, fiel ihr die Sonnenbrille auf, die sein dunkles Veilchen nur mäßig verbarg.
    Im zweiten Stock ging er zu einem Computerarbeitsplatz etwas abseits der Regale.
    »Was

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