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Die Bibliothek der Schatten Roman

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Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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Tal ziehen, in dem der Friedhof lag, und plötzlich sahen die Grabsteine rundherum schrecklich trist und schmuddelig aus. Man spürte regelrecht die Schwere der Erde unter der Hauptfigur, schwarz und feucht, durchzogen von Würmern, die sich durch das Erdreich unter der Grasfläche wühlten.
    Jons Aufmerksamkeit wurde von einem milchig grauen Nebel zu seiner Rechten abgelenkt. Er starrte fasziniert auf das Phänomen. Bis jetzt hatte er die Szene voll unter Kontrolle gehabt, kannte die Form jedes einzelnen Grabsteines und wusste, wie sich die einzelnen Grashalme bewegten. Aber den grauen Nebel konnte er nicht steuern. Er veränderte sich ständig, verdichtete sich an einigen Stellen und löste sich andernorts wieder auf. Irgendwann erkannte Jon im Nebel die Konturen einer Gestalt. Er versuchte, sie mit Hilfe des Windes wegzublasen, aber sie stand wie fest verwurzelt da und wurde immer deutlicher. War das ein Geist? Eine solche Erscheinung würde zu der Friedhofsszenerie passen, doch kam in dem Text kein Geist vor. Außerdem hatte er das, was er sah, nicht selbst hinzugefügt.
    Wo eben noch die nebulöse Gestalt gewesen war, schienen die Moleküle jetzt ihren richtigen Platz gefunden zu haben, und die Erscheinung war plötzlich massiv wie eine Statue. Als Letztes formten sich die Gesichtszüge, aber Jon hatte sowieso keine Zweifel mehr.
    Er hatte nie darüber nachgedacht, dass er als Lettore Teil der Szenerie war, die er kontrollierte. Er hatte sich als Außenstehenden gesehen, der die Darstellung in der gleichen Weise bearbeitete wie ein Cutter den Film an seinem Schneidetisch.
    Als er nun Remer im Nebel Gestalt annehmen sah, wurde ihm klar, dass er selbst, auf welcher Ebene auch immer, in der Welt anwesend war, die der Text eingrenzte. Plötzlich wusste er, dass er in dem Augenblick, in dem er die Schwelle überschritt und die Entladungen einsetzten, in die Geschichte eintrat.
Das erklärte auch das Gefühl der Loslösung von seinem physischen Körper, das er in diesen Momenten empfand.
    Remers Erscheinen bedeutete, dass die Reaktivierung erfolgreich gewesen war und er sich nun mindestens auf dem Niveau von Jons Fähigkeiten befand.
    Die Remer-Gestalt sah sich um, ohne die Augen zu bewegen, nur der Kopf drehte sich hin und her und betrachtete die Welt, die sie umgab. Als sein Blick auf Jon fiel, verharrte er in der Bewegung. Seine blutleeren Lippen formten ein Lächeln.
    Eine Mischung aus Furcht und Zorn wallte in Jon auf. Er musste verhindern, dass Remer noch stärker wurde, koste es, was es wolle. Er ballte die Hände mental zu Fäusten und schraubte die Effekte ruckartig hoch. Plötzlich waren die Farben so gesättigt, dass die Szenerie einer computergenerierten Rekonstruktion glich, mit messerscharfen Konturen und einer Klarheit, die selbst der beste Bildschirm nicht wiedergeben konnte. Jon konzentrierte sich mit aller Kraft auf den Bereich um Remer im Versuch, ihn auszuradieren, indem er alles andere um ihn herum intensivierte.
    Remers Gesichtszüge verzerrten sich, Teile der Erscheinung verwischten ein wenig wie bei einer Statue aus Sand bei einem kräftigen Windstoß. Die Oberfläche schien sich in Atome aufzulösen und in einem Kometenschweif von der Figur weggeblasen zu werden. Das Lächeln war ihr an den Hinterkopf gerutscht, bis es nur noch ein langer Strich war, und die Übergänge zwischen Körper und Gliedmaßen lösten sich immer mehr auf. Ein unheimlicher Klagelaut drang aus dem Nebel. Ein Laut, der weder tierisch noch menschlich war.
    Jon steigerte die Kraftanstrengung noch etwas, bemerkte aber, dass er diese Intensität nicht lange aufrechterhalten konnte. Die Gestalt war auf halbe Größe geschrumpft, die Moleküle flatterten wie ein langer Wimpel hinter ihr, aber Jon konnte nicht bis zu ihrem Kern durchdringen, um sie endgültig auszulöschen.

    Jon spürte, wie seine Konzentration nachließ, wie die Farben und die scharfen Konturen wieder verblassten. Der Laut, den die Gestalt von sich gab, veränderte seinen Charakter und klang jetzt eher wie ein giftiges Knurren. Remers Erscheinung begann sich wieder aufzubauen, als würde ein Film zurückgespult. Bald hatte er wieder Menschengestalt angenommen, mit noch schärferen Zügen als vorher.
    »Campelli«, erklang Remers atemlose Stimme, als sein Körper wiederhergestellt war. »Beeindruckender Trick, aber keine sehr nette Art, einen Freund willkommen zu heißen.«
     
    Katherina wich erschrocken einen Schritt zurück.
    Eine kräftige Flamme war von

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