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Die Bibliothek der Schatten Roman

Die Bibliothek der Schatten Roman

Titel: Die Bibliothek der Schatten Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikkel Birkegaard
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also tatsächlich Remer gewesen, womit für Jon die Sache klar war. Wie die Akten bewiesen, war Remer ein extrem reger Unternehmer, der überall da seine Finger im Spiel hatte, wo es nach Geld roch. Die Branche spielte keine Rolle, warum also nicht ein Antiquariat, wenn er bei einem Treffen mit seinem Anwalt zufällig darüber stolperte?
    Zum zweiten Mal an diesem Tag schüttelte Jon den Kopf über seine eigene Paranoia, und dabei war es noch nicht einmal zehn Uhr.

NEUN
    K atherina wollte gerade wieder fahren, warf aber noch einmal einen Blick durch die Schaufenster des Libri di Luca. Lucas Sohn stand am Verkaufstresen und redete mit Iversen, der wiederholt den Kopf schüttelte. Draußen war es so dunkel, dass die beiden sie nicht sahen, sie konnte also jederzeit wieder verschwinden, ohne bemerkt zu werden. Ihre Hand ruhte auf der Klinke, sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie gehen oder bleiben sollte.
    Es konnte ein ziemlich intimes Erlebnis sein, einen Text zu empfangen. Neben den Bildern, die er wachrief, sah sie auch Bruchstücke der Persönlichkeit des Lesers, Fragmente, die Rückschlüsse auf seine Charakterzüge und Gemütslage zuließen. Seit ihrer kleinen Demonstration fühlte sie sich in Jons Nähe leicht unwohl. Sie hatte das Gefühl, etwas zu wissen, das sie nicht wissen sollte. Etwas, von dem er selbst noch gar keine Ahnung hatte. Was sie bei Jon gespürt hatte, hatte sie überrascht und erschreckt, doch sie wusste nicht, was sie mit ihrer Entdeckung anfangen sollte. Kaum jemand interessierte sich dafür, dass ihre Fähigkeiten sie in die Lage versetzten, bestimmte Dinge zu verstehen.
    Sie holte tief Luft und drückte die Tür auf. Die zwei Männer wandten sich ihr zu.
    »Hallo, Katherina«, grüßte Iversen, während Jon ihr nur kurz zunickte. Katherina erwiderte den Gruß und schloss die Tür.
    »Kennst du diesen Mann?«, fragte Iversen aufgeregt und deutete auf eine Fotokopie auf dem Tresen. »Sein Name ist Remer. Sagt dir das was?«

    Sie trat vor und studierte das Bild eines etwa 40-jährigen Mannes, der zielbewusst eine Treppe hochging. Katherina schüttelte den Kopf.
    »Nein, den habe ich noch nie gesehen. Wer ist das?«
    »Ein Mandant von mir«, antwortete Jon. »Aber er scheint einiges über das Libri di Luca und auch Luca selbst zu wissen.«
    »Er wollte den Laden kaufen«, ergänzte Iversen.
    Katherina sah Iversen erschrocken an, der aber gleich beruhigend die Hände hob.
    »Immer mit der Ruhe, noch ist nichts verkauft.«
    »Bei dem Interessenten handelt es sich um einen Freund von ihm, nicht um ihn selbst«, erklärte Jon. »Anscheinend besitzt der bereits eine ganze Reihe von Buchhandlungen und einen Internetbuchhandel. Klingelt da etwas bei euch?«
    Iversen brummte bestätigend.
    »Es gibt da ein paar größere Akteure auf dem Markt, darunter auch welche, die deinem Vater schon einmal ein Übernahmeangebot gemacht haben, aber er hat sie immer alle abgewiesen. Diesen Leuten hätte er seinen Laden niemals überlassen.«
    »Wie stehst du denn dazu?«, wollte Jon wissen.
    »Meiner Meinung nach gehört das Libri di Luca nicht einmal in die Nähe eines Computers. Wie willst du die Qualität eines Werkes beurteilen, ohne es in den Händen zu halten?« Er schüttelte den Kopf. »Die meisten unserer Kunden kommen wegen der Atmosphäre hierher. Es wäre wie ein Verrat an ihnen allen, wenn wir das ändern würden.«
    In diesem Punkt war Katherina ganz Iversens Meinung. Das Libri di Luca war eine Freistatt, und besser als alle anderen kannte sie das Wohlgefühl, an den Bücherregalen entlangzuschreiten oder eine bibliophile Ausgabe in den Händen zu halten. Auch wenn sie die Worte selbst nicht lesen konnte, liebte sie es, das Papier und den schützenden Einband mit den
Fingern zu berühren. Da der Inhalt für sie unerreichbar war, musste sie sich mit dem Medium begnügen, und sie tat das ohne Verbitterung oder Trauer, sondern mit wahrer Faszination für Material und Handwerk.
    »Was glaubt ihr?«, fragte Jon. »War es ein Zufall, dass mich Remer über das Libri di Luca ausgefragt hat, oder hatte er irgendeinen Hintergedanken? Warum dieses plötzliche Interesse, ausgerechnet jetzt?«
    Iversen und Katherina tauschten einen Blick. Sie wusste, dass Iversen darauf brannte, Jon alles zu sagen, dass er sich genau davor aber auch fürchtete. Schließlich gab es Grenzen dafür, was man einem Außenstehenden anvertrauen konnte. Jon wusste sowieso schon viel zu viel, er stellte bereits jetzt ein

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