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Die Biene Maja

Die Biene Maja

Titel: Die Biene Maja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Bonsels
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größte Hornissenburg im Land. Das sollten Sie eigentlich wissen, denn soviel ich beobachtet habe, stellen diese Räuber euch Bienen nach.«
    Maja hörte kaum noch zu. Sie unterschied deutlich die braunen Mauern der Burg im Grün, und ihr Atem stockte.
    »Ich muß fort,« rief sie, »so rasch als möglich.«
    Aber da klang hinter ihr ein lautes, böses Lachen, und gleich darauf fühlte die kleine Maja sich so energisch am Kragen gepackt, daß sie meinte, ihr Genick sei gebrochen. Nie in ihrem Leben hat sie dies Lachen vergessen können. Es klang wie ein Hohngelächter aus der Finsternis, und ein grauenerregendes Klirren von einem Panzer mischte sich hinein.

    Hieronymus ließ sich mit allen seinen Beinen zugleich los und purzelte durch die Zweige in die Wassertonne.
    »Ich zweifle daran, daß es gut geht«, rief er, aber das hörte die arme kleine Biene nicht mehr.
    Sie konnte sich anfangs kaum umkehren, so fest wurde sie gehalten. Sie sah einen goldgepanzerten Arm und dann plötzlich über sich einen ungeheuren Kopf mit fürchterlichen Zangen. Zuerst glaubte sie, es sei eine riesengroße Wespe, aber dann erkannte sie, daß sie sich in den Fängen einer Hornisse befand. Das schwarz und gelb getigerte Ungeheuer war wohl viermal so groß wie sie selbst.
    Endlich löste sich ihre Stimme, und sie schrie so laut um Hilfe, als sie konnte.
    »Laß doch, Kerlchen«, meinte die Hornisse mit einer ganz unausstehlichen Freundlichkeit und lächelte Maja böse an. »Es dauert nur so lange, bis es vorüber ist.«
    »Lassen Sie mich los,« schrie Maja, »oder ich steche Sie ins Herz.«
    »Gleich ins Herz?« lachte der Räuber, »das ist ja sehr mutig. Aber es hat noch Zeit, meine Kleine.«
    Maja geriet in furchtbare Wut. Mit Aufwendung aller ihrer Kräfte drehte sie sich herum, stieß ihren hellen, hohen Kampfruf aus und richtete ihren Stachel der Hornisse mitten auf die Brust. Aber da geschah das angsterregende Wunder, daß ihr Stachel sich umbog, ohne einzudringen. Er prallte am Panzer des Räubers ab.
    Die Augen der Hornisse funkelten vor Zorn.
    »Ich könnte dir jetzt deinen Kopf abbeißen, Kleine, um dich für diese Unverschämtheit zu strafen,« sagte sie grimmig, »und ich würde es auch tun, wenn die Königin nicht lieber frische Biene äße, als tote Biene. So einen fetten Bissen, wie du es bist, bringt man der Königin, wenn man ein guter Soldat ist.«
    Und sie flog mit Maja in die Luft empor und grade auf die Räuberburg zu.
    Nein, das ist zuviel, dachte die arme Biene, das hält niemand aus. Und sie verlor die Besinnung.
    Als sie nach längerer Zeit aus ihrer Betäubung erwachte war es um sie her schwül und dämmerig, und die Luft war von einem scharfen durchdringenden Geruch erfüllt, der ihr schrecklicher erschien, als alles was sie kannte. Langsam besann sie sich, und eine lähmende Traurigkeit sank in ihr Herz. Sie wollte weinen und konnte nicht.
    »Noch bin ich nicht gefressen,« sagte sie zitternd, »aber es kann jeden Augenblick stattfinden.«
    Durch die Wände ihres Kerkers vernahm sie deutlich Stimmen. Nun sah sie auch, daß ein wenig Licht durch eine schmale Spalte fiel. Die Hornissen bauten ihre Mauern nicht aus Wachs, wie die Bienen, sondern aus einer trockenen Masse, die wie lockeres graues Papier aussah. Im schmalen Lichtstreifen, der in ihren Kerker drang, erkannte sie nun auch langsam ihre Umgebung, und sie erstarrte beinahe vor Schreck, als sie rings umher Tote liegen sah. Grade zu ihren Füßen lag ein kleiner Rosenkäfer auf dem Rücken, und etwas weiter zur Seite erkannte sie das Gerüst eines großen Laufkäfers, zur Hälfte durchbrochen, und überall lagen Flügel und Panzerdecken hingemordeter Bienen.
    »Ach, daß mir dies geschehn mußte«, wimmerte die kleine Maja. Sie wagte sich nicht mehr zu rühren und preßte sich frierend vor Entsetzen und Angst in die äußerste Ecke der schrecklichen Kammer.
    Da hörte sie durch die Wand wieder deutlich die Stimmen der Hornissen, und von Todesangst getrieben kroch sie an den kleinen Spalt und schaute hindurch.
    Da sah sie einen großen Saal, der ganz mit Hornissen angefüllt war und der von einer großen Anzahl von gefangenen Glühkäfern auf das prächtigste erleuchtet wurde. Auf einem Thron inmitten der Ihren saß die Königin. Es schien eine wichtige Beratung stattzufinden, Maja verstand jedes Wort.
    Wenn ihr nur diese glitzernden Ungeheuer nicht solch unsägliches Entsetzen eingeflößt hätten, sie würde sicher über ihre Kraft und Pracht in

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