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Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees

Titel: Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Monk Kidd
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geheiratet?«
    Augusta legte ihre Hand an meinen Hinterkopf und strich mein Haar glatt. »Ich habe lange mit mir gerungen, ob ich dir das erzählen soll oder nicht, aber vielleicht hilft es dir ja, etwas besser zu verstehen, was passiert ist. Herz, Deborah war schwanger, deshalb haben sie geheiratet.«
    Ich hatte gewusst, was kommen würde, noch ehe sie es gesagt hatte, trotzdem waren ihre Worte wie ein Hammerschlag.
    »War sie mit mir schwanger?« Meine Stimme klang müde. Das Leben meiner Mutter war für mich zu schwer.
    »Ja, sie war mit dir schwanger. Sie und Terrence Ray haben um Weihnachten herum geheiratet. Sie rief mich aus Sylvan an, um es mir zu erzählen.«
    Unerwünscht, dachte ich. Ich war ein unerwünschtes Baby.
    Aber nicht nur das, meine Mutter war meinetwegen an T. Ray gekettet gewesen. Ich war nur froh, dass es dunkel war, dass Augusta mein Gesicht nicht sehen konnte, dass sie nicht sehen konnte, wie traurig ich war. Erst will man etwas unbedingt wissen, und wenn man es dann endlich weiß, kann man an nichts anderes mehr denken, als es irgendwie wieder aus dem Gedächtnis zu löschen. Wenn mich von heute an jemand fragt, was ich später einmal werden möchte, werde ich sagen: Alzheimerpatientin.
    Ich hörte dem Rauschen des Regens zu. Er sprühte auf die Veranda und auf meine Wangen, während ich es an den Fingern abzählte. »Ich bin also sieben Monate, nachdem sie geheiratet haben, geboren worden.«
    »Sie hat mich angerufen, gleich nachdem du geboren warst. Sie sagte, du wärst so hübsch, dass ihr ständig die Tränen in die Augen steigen würden.«
    Irgendetwas an diesem Satz war mir in die Augen gestiegen, sie brannten, als ob Sand hineingeweht wäre. Vielleicht hatte meine Mutter mich ja doch liebkost. Hatte in einer albernen Babysprache mit mir geredet. Hatte meine ersten Haare hoch gezwirbelt wie eine Sahnehaube. Hatte rosa Schleifen hineingesteckt. Nur weil sie nicht vorgehabt hatte, mich zu bekommen, hieß das ja nicht, dass sie mich nicht doch noch geliebt hatte.
    Während Augusta weitersprach, tauchte ich wieder ab in meine vertraute Geschichte, in der ich mir immer erzählte, dass meine Mutter mich wahnsinnig geliebt hatte. Ich lebte in dieser Geschichte wie ein Goldfisch in seinem Glas. Sie zu verlassen wäre mein Tod.
    Ich saß mit hängenden Schultern da und starrte auf den Boden. Ich wollte das Wort »unerwünscht« nicht einmal denken.
    »Ist alles in Ordnung?«, sagte Augusta. »Möchtest du lieber ins Bett gehen und über all das hier erst einmal schlafen, ehe wir dann morgen früh weiterreden?«
    »Nein«, brach es aus mir heraus. Ich holte Luft. »Es geht mir gut, wirklich«, sagte ich und versuchte, gelassen zu klingen. »Ich brauche nur etwas Wasser.«
    Sie nahm mein leeres Glas und ging in die Küche, dabei drehte sie sich zwei Mal nach mir um. Als sie mit dem Wasser zurückkam, hing an ihrem Gürtel ein roter Schirm. »Ich bring dich gleich rüber ins Honighaus«, sagte sie.
    Als ich trank, zitterte das Glas in meiner Hand, und ich brachte das Wasser kaum herunter. Das Schlucken in meiner Kehle klang so laut, dass es den Regen einige Sekunden lang übertönte.
    »Bist du sicher, dass du nicht doch lieber ins Bett möchtest?«, fragte Augusta.
    »Ja, ja. Ich muss wissen...«
    »Was musst du wissen, Lily?«
    »Einfach alles«, sagte ich.
    Augusta setzte sich wieder neben mich auf die Schaukel. »Na gut«, sagte sie, »wie du meinst.«
    »Ich verstehe ja, dass sie ihn nur meinetwegen geheiratet hat. Aber glaubst du, sie war trotzdem ein klein wenig glücklich?«, fragte ich.
    »Ich glaube sicher, eine Zeit lang war sie glücklich. Sie hat es versucht, das weiß ich. Ich habe im Laufe der ersten Jahre bestimmt ein Dutzend Briefe und mindestens genauso viele Anrufe von ihr bekommen, und ich sah, dass sie sich bemühte. Meist hat sie von dir geschrieben, dass du schon alleine sitzen konntest, deine ersten Schritte gemacht hast und Sandkuchen gebacken hast. Aber dann kamen ihre Briefe immer seltener, und wenn sie kamen, konnte ich darin lesen, dass sie unglücklich war. Eines Tages dann rief sie mich an. Es war Ende August oder Anfang September - ich erinnere mich genau, weil es kurz nach unserem Marientag war. Sie sagte, sie würde T. Ray verlassen, sie müsste weg von ihm. Sie hat mich gebeten, ein paar Monate bei uns bleiben zu können, bis sie wusste, wohin sie danach gehen würde. Natürlich sagte ich ihr, dass sie kommen könnte. Als ich sie dann am Bus abgeholt habe, war

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