Die Bienenhüterin - The Secret Life of Bees
Leuten viel zu schwer gewesen wären. Ich hätte so gerne zu ihr gesagt: Zeig mir, wie das geht. Zeig mir, wie ich das alles überwinden kann .
Donner grollte über den Bäumen. Ich dachte an die Gartenparties meiner Mutter, an winzige Sandwiches für Puppenmünder, und mich überkam eine große Traurigkeit. Vielleicht, weil ich so gerne dabei gewesen wäre. Vielleicht, weil alle Sandwiches mit Erdnussbutter beschmiert gewesen wären, dem Lieblingsessen meiner Mutter, aus dem ich mir nicht einmal viel machte. Ich fragte mich, ob sie das Gedicht, das Augusta ihr beigebracht hatte, noch auswendig konnte, nachdem sie verheiratet war. Hatte sie in ihrem Bett gelegen und zugehört, wie T. Ray schnarchte, hatte sie es aufgesagt, ehe sie eingeschlafen war, und sich dabei sehnlichst gewünscht, sie könnte mit Robert Frost durchbrennen?
Ich sah Augusta von der Seite an. Ich hatte ihr das Schlimmste gestanden. Und nachdem sie es gehört hatte, hatte sie gesagt: Ich liebe dich. So wie ich deine Mutter geliebt habe.
» Na schön«, sagte Augusta, als ob wir nie aufgehört hätten zu reden. »Das Bild erklärt, wie du nach Tiburon gekommen bist. Aber wie um alles in der Welt hast du mich gefunden?«
»Das war einfach«, sagte ich. »Wir waren noch nicht mal eine Minute in Tiburon gewesen, da habe ich schon den Honig der Schwarzen Madonna entdeckt, und darauf war das gleiche Bild, das meine Mutter hatte. Die Schwarze Madonna von Bresnichar in Böhmen.«
»Du kannst es ja jetzt richtig gut aussprechen«, meinte Augusta zu mir.
»Ich habe es geübt.«
»Wo hast du den Honig denn gesehen?«
»Im Laden, im Frogmore Stew, am Stadtrand. Ich habe den Mann mit der Fliege gefragt, woher er ihn bekommt. Und er hat mir dann gesagt, wo du wohnst.«
»Das muss Mr. Grady sein.« Sie schüttelte den Kopf. »Ich sage dir eins, ich glaube fast, dass du uns finden solltest.«
Natürlich hatte ich sie finden sollen, daran hatte ich keinen Zweifel. Ich wünschte nur, ich wüsste auch, wie das alles enden sollte. Ich sah nach unten, wir hatten beide die Hände in den Schoß gelegt, die Handflächen nach oben, als ob wir beide darauf warteten, dass etwas dort hineinfallen würde.
»Also, warum reden wir nicht noch ein bisschen über deine Mutter?«, sagte sie.
Ich nickte. Mit jeder Faser meines Herzens drängte es mich, alles über sie zu erfahren.
»Wann immer du aufhören möchtest und eine Pause brauchst, sagst du es.«
»Ist gut«, sagte ich. Ich hatte keine Vorstellung, was jetzt wohl kommen würde. Etwas, was Pausen nötig machte. Aber wozu brauchte ich Pausen? Damit ich vor Freude tanzen konnte? Damit sie mich wiederbeleben konnte, nachdem ich tot umgefallen war? Oder brauchte ich Pausen, damit ich all die vielen schlechten Neuigkeiten verarbeiten konnte?
Irgendwo in der Ferne fing ein Hund an, wie verrückt zu bellen. Augusta wartete, bis er ruhig war, dann sagte sie: »Ich habe im Jahr 1931 begonnen, für Deborahs Mutter zu arbeiten. Deborah war damals vier Jahre alt. Ein hinreißendes Kind, aber irgendetwas war immer mit ihr. Jede Menge sogar. Es fing schon damit an, dass sie Schlafwandlerin war. Eines Nachts ging sie nach draußen und kletterte eine Leiter hinauf, die Dachdecker ans Haus gelehnt hatten. Ihr Schlafwandeln hat ihre Mutter fast um den Verstand gebracht.« Sie lachte.
»Und deine Mutter hatte sich eine Freundin erfunden. Hast du das je gemacht?« Ich schüttelte den Kopf. »Sie nannte sie Tika Taka. Sie sprach mit ihr, als ob sie direkt vor uns stehen würde, und wenn ich einmal vergaß, für Tika Taka ein Gedeck aufzulegen, bekam Deborah einen Wutanfall. Und einmal hatte ich ihr einen Teller hingestellt, und sie sagte: ›Was machst du denn da? Tika Taka ist nicht da. Sie ist doch im Kino.‹ Deine Mutter liebte Shirley Temple.«
»Tika Taka«, sagte ich, ich wollte das auf meiner Zunge spüren.
»Diese Tika Taka, das war schon eine«, sagte Augusta. »Egal, womit Deborah Schwierigkeiten hatte, Tika Taka konnte es perfekt. Tika Taka bekam natürlich die besten Noten für ihre Hausaufgaben, Preise in der Sonntagsschule, sie machte ihr Bett und aß ihren Teller immer brav leer. Deine Großmutter - Sarah war ihr Name - hat damals vorgehabt, Deborah zu einem Kinder-Psychiater in Richmond zu bringen. Aber ich habe zu ihr gesagt: ›Machen Sie sich keine Sorgen. Das Mädchen bewältigt die Dinge eben auf ihre Weise. Eines Tages wird sich Tika Taka von ganz allein erledigen.‹ Und so war es auch.«
Was hatte ich
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