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Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
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die Müdigkeit nach dem langen Tag übermächtig wurde, ging sie zu Bett – und irgendwann kam der Traum.
    Erneut sah sie Acacius unter dem Kirchenportal stehen: groß, schlank und in eine Aureole rotgoldenen Lichts gebadet. Gleich darauf war sie bei ihm und fühlte, wie grenzenlose Wärme sie umhüllte: Geborgenheit und Zärtlichkeit, die sie auf diese Art seit Jahren vermißt hatte.

Die brennende Basilika
    Als Acacius zwei Tage später die dreihundert Sesterzen nach Sancta Maria brachte, ahnte er nicht, daß Branwyn schon länger als eine Stunde auf ihn gewartet hatte. Aber er bemerkte ihre Verwirrung, die sie nur unzulänglich zu verbergen vermochte; sie wiederum spürte an ihm zunächst eine ähnliche innere Anspannung. Dann jedoch entkrampfte er die Situation, indem er sie nach Einzelheiten der geplanten Waisenhauserweiterung befragte. Ganz wie beim ersten Mal ergab sich daraus ein angeregtes, freundschaftliches Gespräch; zuletzt kamen sie überein, sich am folgenden Wochenende neuerlich zu treffen.
    An diesem Sonntagnachmittag wartete Acacius bei den Caracalla-Thermen auf Branwyn. Von dort war es nicht weit zu dem Tor in der südöstlichen Ummauerung Roms, wo die Via Appia mündete. Entlang der uralten Straße, die über Meilen hinweg von prunkvollen Mausoleen gesäumt war, wanderten die junge Frau und der Notarius ein Stück in Richtung der Albaner Berge. Ein feiner Dunstschleier breitete sich über den Gebirgszug in der Ferne: ein zarter, pastellblauer Hauch, der die Grenzen zwischen Himmel und Erde aufzulösen schien.
    Nachdem sie etwa zwei Stunden gegangen waren, schlug Acacius eine Rast unter der Krone einer mächtigen Steineiche vor, die einsam auf einem Hügel seitlich der Via Appia stand. Von hier aus war der Blick auf die Berge besonders eindrucksvoll; an den Stamm des jahrhundertealten Baumes gelehnt, lauschte Branwyn den Worten ihres Begleiters, der ihr von den Kaiservillen und Sommersitzen der Senatorenfamilien erzählte, die inmitten des Gebirges am Ufer des Albaner Sees lagen. Diese Latifundien waren Schauplätze großer politischer Entscheidungen, aber oft auch romantischer Affären des Hochadels gewesen. Als Acacius davon – von Liebe und Leidenschaft – sprach, wußte Branwyn: Er wollte ihre Sehnsucht wecken, ihr Verlangen nach Zärtlichkeit und Hingabe – und sie genoß sein verstecktes Werben, das ihren heimlichen Wünschen entgegenkam.
    Es war ihr längst klar, daß sie sich in diesen großen Mann mit dem markanten Antlitz und dem dunklen, gelockten Haar verliebt hatte; in den Rebellen und Kämpfer, welcher der Bösartigkeit des Patriarchats auf so intelligente Weise die Stirn bot – und gleichzeitig auf solch angenehme, zurückhaltende Art um sie warb. Gerade diese Rücksichtnahme rechnete sie ihm hoch an; ganz offensichtlich wollte er sie zu nichts drängen und ihr Zeit lassen: die Zeit, die sie brauchte, um sich ihm völlig öffnen zu können. Er schien zu spüren, daß da etwas in ihrem Leben war, das sie daran hinderte, ihren Gefühlen einfach freien Lauf zu lassen, und weil sie ihm helfen wollte, sie zu verstehen, lenkte sie die Unterhaltung nun auf die zurückliegenden Jahre.
    Sie forderte ihn auf, ihr von seiner Jugend und seinem Werdegang zu erzählen, und vernahm eine Geschichte, die sie beeindruckte: Er entstammte einer Familie römischer Equites, hatte jedoch von seinem früh verstorbenen Vater außer diesem ritterlichen Adelstitel nichts geerbt und war deshalb gezwungen gewesen, sich so schnell wie möglich auf eigene Beine zu stellen. Das Patriarchat, noch unter dem Vorgänger des derzeitigen Papstes Liberius, hatte ihm die Chance dazu gegeben, und es war ihm gelungen, sich vom untergeordneten Schreiber zum Notarius hochzuarbeiten. Während der beiden Jahre, die Liberius im thrakischen Exil verbracht hatte, war es Acacius' Aufgabe gewesen, die Archive des Lateran zu ordnen; insbesondere dies hatte ihm die Augen hinsichtlich der kriminellen Machenschaften des jetzigen Papstes endgültig geöffnet. Kurz nach der Rückkehr des Liberius aus der Verbannung im Sommer 358 war sodann der Geheimbund entstanden, von dem er Branwyn bei ihrem ersten Zusammentreffen berichtet hatte, und das kleine Haus zwischen Lateranpalast und Celiushügel, das er bewohnte, war seither zu einem der konspirativen Treffpunkte geworden.
    Nachdem Acacius geendet und ihr vor allem durch die letzten Sätze einmal mehr sein tiefes Vertrauen bewiesen hatte, bat er Branwyn: »Aber nun würde ich gerne

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