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Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
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befreiten Schrei. Es war, als sei ihr die ganze Fülle des Lebens wiedergeschenkt worden; sie empfand absolutes Glück, wie sie es seit jenem letzten Sommer mit Dafydd auf der Ynys Vytrin nicht mehr gekannt hatte.
    Stammelnd und schluchzend gestand sie es Acacius: dem Mann, mit dem sie nun eins geworden war – und er antwortete ihr auf die einzige Art, die ihrem jetzt schrankenlosen Zutrauen entsprach. Erneut begann er sie zu liebkosen; abermals weckte er ihre Begierde, indem er sie küßte, streichelte und ihr zwischendurch zärtliche Worte zuflüsterte. Neuerlich genoß sie die süßen, erregenden Schauer, die über ihre nackte Haut rieselten und ihr Innerstes aufwühlten. Dann plötzlich bäumte ihr Schoß sich auf; seine Lippen und seine Zunge bereiteten ihr dort unbeschreibliche Lust, und kurz vor dem Gipfel vereinigte er sich zum zweitenmal mit ihr.
    Danach lag sie ermattet und geborgen in seinen Armen; sein Atem war in ihrem Haar, und seine leise Stimme mischte sich mit dem Nachklang ihrer Befriedigung. Er versprach ihr, sie für immer festzuhalten; sie sei die Frau, nach der er sich stets gesehnt habe, und er wolle nie wieder von ihr lassen. Branwyn schmiegte sich noch enger an ihn; was Acacius ihr sagte, wärmte sie seelisch. Schließlich wurden ihr in diesem grenzenlosen Behütetsein die Lider schwer, und sie schlief an seiner Brust ein.
    Erst in der Abenddämmerung verließen sie den Platz, wo die Quelle sprudelte und die drei Menhire sich erhoben, und kehrten Hand in Hand zur Stadt zurück. Als sie in Trans Tiberim ankamen, stand bereits der Mond am Himmel; noch einmal küßten sie sich im Schatten von Sancta Maria, dann schlug der Notarius den Weg zur Strombrücke ein, und Branwyn huschte quer über den Platz zum Atriumhaus.
    ***
    Während der folgenden Wochen trafen sie sich häufiger denn je, blieben dabei jedoch vorsichtig. Der jungen Presbyterin war bewußt, daß es gefährlich gewesen wäre, ihre Liebe zu Acacius in der Öffentlichkeit zu zeigen oder sich mit ihm in ihrem Zuhause, beziehungsweise unter seinem Dach zu verabreden. Dies hätte zu Mißverständnissen und womöglich sogar Unmut in ihrer Gemeinde führen können; anderseits mußte auch der Notarius darauf achten, durch sein Verhalten kein Aufsehen beim Patriarchat zu erregen.
    Immerhin hatte Branwyn kurz nach jenem Sonntag am Quellheiligtum Angela, Camilla und Gaius in ihr Geheimnis eingeweiht und ihnen erklärt, daß der Mann, an den sie ihr Herz verloren hatte, zwar nach außen hin in den Diensten des Papstes stand, in Wahrheit jedoch gegen Liberius arbeitete. Wie nicht anders zu erwarten, war Angela in verschwörerische Begeisterung ausgebrochen; Camilla und Gaius hingegen hatten Branwyn dringend geraten, mit niemandem sonst über ihre keineswegs unproblematische Beziehung zu sprechen.
    Dieser Zwang zur Heimlichkeit war der einzige Mißton, der Branwyns Glück trübte; es schmerzte sich manchmal, Acacius stets nur an abgelegenen Orten oder außerhalb Roms sehen zu können. Ende September freilich fand der Notarius einen Ausweg, indem er ein Hinterzimmer in einem Haus zwischen Capitol- und Palatinhügel anmietete. Das Gebäude, das am Ende einer ruhigen Gasse lag, gehörte einem halbtauben Witwer, den sie so gut wie nie zu Gesicht bekamen; die beiden Fenster ihres Refugiums gingen auf einen verwilderten Garten hinaus. Sie durften sich dort sicher fühlen und verbrachten gelegentlich sogar eine ganze Nacht zusammen in dem behaglich eingerichteten Raum, den Branwyn von Trans Tiberim aus rasch erreichen konnte.
    Auch an einem regnerischen Abend in der zweiten Oktoberhälfte hatten sie sich wieder in ihrem heimlichen Liebesnest getroffen. Draußen wühlte der Herbstwind in den Ästen der Bäume und rüttelte manchmal an den Fensterläden; um so gemütlicher war es in dem Zimmer mit den etwas antiquierten Möbeln und dem Kohlenbecken neben dem Ruhelager, das angenehme Wärme verbreitete. Einmal mehr verloren sie sich aneinander; nachdem ihre Leidenschaft gestillt war, tranken sie von dem Wein, den Acacius mitgebracht hatte, und unterhielten sich leise.
    Zunächst drehte sich das Gespräch um eher alltägliche Dinge, bis der Notarius plötzlich einen Namen erwähnte, der Branwyn aufhorchen ließ. »Heute«, sagte er, »gelangte die Nachricht ins Patriarchat, daß der Oberbefehlshaber der römischen Legionen in Gallien, Flavius Claudius Julianus, den seine Truppen kürzlich zum Augustus ausriefen, von Kaiser Konstantius in diesem Rang, der

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