Die Bischöfin von Rom
Insbesondere Angela und Camilla spürten, daß ein Mann im Spiel sein mußte, und mehrmals unternahm Angela im Verlauf der Augustwochen einen Vorstoß, um Näheres zu erfahren. Doch stets wich die Freundin, die sich nun regelmäßig, aber nach wie vor heimlich mit Acacius traf, ihr aus. Branwyn wollte nicht über ihr Geheimnis sprechen; dies um so mehr, als sie mit sich selbst trotz ihrer manchmal fast unwiderstehlichen Sehnsucht nach dem Notarius noch längst nicht im reinen war.
Ihr Hinundhergerissensein gebar Träume aus, in denen Acacius' Antlitz sich unvermittelt in das Dafydds, ihres ermordeten Verlobten, verwandelte. Jäh konnte sich vor das eine, lächelnde Gesicht das andere, totenstarre schieben, und die junge Frau schreckte dann verstört im Bett auf. Mit der Zeit freilich – und je mehr Branwyns Vertrauen in die aufrichtige Zuneigung des Notarius wuchs – kamen derartige Nachtmahre seltener. Statt dessen mußte die junge Presbyterin von Sancta Maria jetzt häufig an Eolo denken: den Barden, dessen Liebe sie nicht zu erwidern vermocht und mit dem sie dennoch zum Abschied geschlafen hatte. Nun konnte es geschehen, daß sie Schuldgefühle, die sie sich nicht wirklich erklären konnte, deswegen empfand. Ähnlich erging es ihr, wenn bei irgendeiner Gelegenheit die Rede auf Calpurnia kam, deren Tod gerade erst ein halbes Jahr zurücklag; es erschien ihr dann beinahe wie ein Frevel, sich nach dem Glück in den Armen eines Mannes zu sehnen, während der Grabhügel der verstorbenen Priesterin noch frisch war.
Den ganzen August hindurch hielt Branwyns seelische Verwirrung an; erst Anfang September, als die Sommerhitze sich legte, fand sie allmählich zu innerer Ruhe. Sie wurde sich darüber klar, daß sie ein Anrecht auf Liebe und Erfüllung ihres Verlangens besaß. Sie war eine blühende Frau von achtundzwanzig Jahren; vor allem aber – das wußte sie nun mit absoluter Sicherheit – liebte sie Acacius.
Im Verlauf der ersten Septemberhälfte fühlte der attraktive Römer mit dem markanten Antlitz und dem schwarzen Haar, wie ihr Verhalten sich veränderte. Zwar zögerte sie den letzten Schritt hinaus, doch in ihrer spielerischen Verweigerung lag jetzt zunehmend Lockung. Instinktiv hielt sie ihn und sich noch zurück, damit die Erfüllung später um so größer sein sollte; bis zur Mitte des Monats ging dies so – dann wurde der Traum, den sie in der Nacht nach ihrer ersten Begegnung gehabt hatte, wahr.
Auch diesmal hatten sie sich an einem Sonntagnachmittag getroffen; weiches Spätsommerlicht verzauberte das Hügelland westlich der Stadt. Branwyn und Acacius folgten dem Verlauf der Aqua Traiana, doch nicht der Bracianussee, dessen Wasser über das Aquädukt nach Rom geleitet wurde, war ihr Ziel. Vielmehr wollte die junge Frau ihrem Gefährten das uralte Heiligtum der Dreifachen Göttin hier draußen zeigen, das sie vor Jahren entdeckt und seitdem immer wieder einmal aufgesucht hatte.
Wie verwunschen wirkte die von den drei hüfthohen Menhiren umrahmte Quelle; kein Mensch war zu sehen, aber bei einer der Steinsetzungen lag ein frisches Blumengebinde. Als sie Acacius' fragenden Blick bemerkte, erklärte Branwyn ihm leise: »Der Menhir, zu dem die Opfergabe gebracht wurde, symbolisiert jenen Aspekt der Göttin Ceres, der Liebesglück und weibliche Erfüllung schenkt. Du erkennst es an seiner rötlichen Farbe, während die beiden anderen Steine dunkel, beziehungsweise hell sind. Und die Frau, welche den Strauß dort niederlegte, dankte der Göttin auf diese Weise für etwas sehr Schönes …«
»Ich wollte, ich hätte ebenfalls Blumen mitgebracht«, flüsterte Acacius und zog Branwyn dabei sanft an sich.
»Warum?« raunte sie.
»Weil ich so unendlich dankbar dafür bin, daß es dich gibt und du bei mir bist …« Seine Lippen berührten zart die ihren; einen Lidschlag später stöhnte sie auf und erwiderte seinen Kuß mit einer Leidenschaft, die ihn augenblicklich mitriß.
Ihr gegenseitiges Begehren wurde zum Rausch; irgendwann hob er sie hoch und trug sie zu einer Stelle seitlich des Borns, wo die Erde von einem dichten, federnden Moosteppich bedeckt war. Sie sanken zu Boden, verloren sich neuerlich aneinander; dann kam der Moment, da Branwyn ihn tief in sich spürte. Seine Lust steigerte die ihre fast ins Unermeßliche; zuletzt, als er sich in sie verströmte und sie ihm unmittelbar darauf in die reine Ekstase folgte, löste sich das, was sie jahrelang zurückgedrängt hatte, in einem wilden,
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