Die Bischöfin von Rom
Rand und Band geratene Menge begriff, erscholl frenetisches Freudengeheul. Im Nu war der Karren entladen; viele Dutzend Hände griffen zu, um direkt vor dem Kirchenportal einen Scheiterhaufen zu errichten. Zuletzt war es neuerlich einer der Akoluthen, der eine Fackel in den Holzstoß stieß; das zundertrockene Reisig flammte auf, wenig später leckte die meterhohe Lohe gierig an der Fassade des Gotteshauses empor und schlug durch das zerbrochene Rundfenster ins Kircheninnere.
Funken regneten auf die Eingesperrten; eine schwangere Frau geriet in Panik, unmittelbar darauf gellte massenhaftes Angstgeschrei durch den hohen Raum. Die wenigen Besonnenen, welche die Verstörten zur Ruhe bringen wollten, fanden in dem Tumult kein Gehör. Eine Gruppe junger Männer versuchte, über rasch hochgestellte Sitzbänke die Wand hinter dem Altar zu erklimmen, wo sich ebenfalls eine Fensteröffnung befand. Doch ehe der erste Bursche sich am Sims dort oben festzukrallen vermochte, krachten die Bänke zusammen; der Achtzehnjährige stürzte aus beträchtlicher Höhe herunter, riß einige seiner Freunde mit und blieb mit gebrochenem Genick auf den Bodenfliesen liegen. Seine Mutter, die ganz in der Nähe gestanden hatte, erlitt einen Weinkrampf – gleich darauf barst direkt über ihr das Deckengewölbe der Basilika; urplötzlich polterten Mörtelbrocken, zertrümmerte Sparren und Dachziegel herab.
Draußen auf dem Platz hatte der ohnehin schon vielhundertköpfige Pöbel Verstärkung bekommen: eine starke Schar verwegen aussehender und schwer bewaffneter Männer, die sich nicht zufällig in der Nähe von Sancta Maria Maiora aufgehalten haben konnten. Unmittelbar nachdem der Akoluth die Fackel in den Scheiterhaufen gestoßen hatte, waren sie aus einem nur wenige hundert Schritte entfernten Gebäude, das sich im Eigentum des Patriarchats befand, herbeigeeilt. Sie hatten lange Leitern mit sich geschleppt und damit das Flachdach der Kirche erklommen; nun bissen sich die Kampfbeile und Schwerter dieser thrakischen Söldner durch die Abdeckung des Gotteshauses. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie eine Reihe von Löchern geschlagen, die ihnen das Durchkommen auf breiter Front ermöglichten, jetzt schlangen die Kriegsknechte Seile um das freigelegte Gebälk, und während Bogenschützen Pfeil um Pfeil ins Kircheninnere sandten, ließ sich der Rest – an die vierzig Mann – entlang der Taue hinabgleiten.
Ein Schwerthieb traf den Schädel der Frau, die soeben ihren Sohn verloren hatte; blutüberströmt brach sie zusammen. Der Söldner, welcher die Wehrlose ermordet hatte, sprang über den Leichnam hinweg und hieb einen Burschen nieder, der sich mit bloßen Händen gegen die scharfe Klinge zu verteidigen versuchte. Ringsum metzelten andere Thraker; je mehr von ihnen in die Basilika eindrangen, desto schrecklicher wurde das Massaker, das sie anrichteten. Dutzendfach hallten die Todesschreie von den Steinmauern wider; an manchen Stellen türmten sich die noch zuckenden oder bereits reglosen Leiber der Arianer zu Haufen – dann, als von draußen das mittlerweile von den Flammen zerstörte Portal aufgesprengt wurde und weitere Bewaffnete hereinstürmten, erreichte das Grauen seinen Höhepunkt. Im Verein mit den päpstlichen Söldnern trieb der entmenschte Pöbel die bislang noch verschonten Gläubigen im Altarraum des Gotteshauses in die Enge; dort wurden die verzweifelt um Erbarmen flehenden Männer, Frauen und Jugendlichen gnadenlos niedergemacht, bis sie zuletzt alle in ihrem Blut lagen.
Erst nachdem sie ihren Exzeß auf diese Weise zum Äußersten getrieben hatten, zogen die Mörder sich aus der arianischen Kirche zurück und verschwanden hohnlachend in Richtung des Lateran. Wie ausgestorben lag der Platz vor der geschändeten Basilika Sancta Maria Maiora nun da; es dauerte längere Zeit, ehe sich die ersten geschockten Anlieger, die sich zuvor in ihren Häusern verbarrikadiert hatten, heranwagten. Zitternd und mit bleichen Gesichtern betraten sie das Gotteshaus; wenig später kam einer dieser Bürger wieder ins Freie und rief anderen Bewohnern des Viertels, die sich jetzt näherten, entsetzt zu: »Lauft! Holt Hilfe, wo immer ihr sie finden könnt!«
***
In Windeseile verbreitete sich die Nachricht von dem Massenmord in der Stadt und gelangte auch nach Trans Tiberim. Branwyn sprach in ihrer Kirche soeben den Schlußsegen der Sonntagsandacht, als der Bote hereinstürzte und die furchtbare Kunde brachte.
Sofort wies die junge Priesterin
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