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Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
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junge Bischöfin ihre Freundin Silvia, anschließend äußerte sie mit schelmischem Gesichtsausdruck: »Ich danke euch von Herzen für die wunderschöne Überraschung, die ihr mir bereitet habt – auch wenn ich eine derartige Ehrung ganz bestimmt nicht verdiene, wie diejenigen unter euch, die mich etwas näher kennen, nur zu gut wissen. Aber vielleicht bessere ich mich ja angesichts meines eigenen Idealbildes, das ihr mir so handgreiflich vor Augen geführt habt, noch – und einen ersten Schritt in diese Richtung will ich auf der Stelle tun …«
    Damit ging Branwyn zu Terentius, der nach wie vor bescheiden neben dem Mosaik wartete, schloß auch ihn in die Arme und sagte danach, wieder an die Gemeinde gewandt: »Dieser Mann hat es ungleich mehr als ich verdient, heute im Mittelpunkt zu stehen! Denn er schuf das Kunstwerk, das ihr vorhin wegen seiner Qualität zu Recht mit begeistertem Beifall bedacht habt, und ich«, sie blickte neuerlich den Künstler an, »kann mich vor solch großem Können nur verneigen!«
    »Falls ich tatsächlich über mich selbst hinausgewachsen sein sollte, dann einzig deswegen, weil es mir vergönnt war, eine der bezauberndsten Frauen Roms porträtieren zu dürfen«, erwiderte Terentius lächelnd.
    Branwyn drohte ihm schmunzelnd mit dem Finger und löste dadurch bei den Gläubigen lautstarke Heiterkeit aus.
    Gleich darauf drängten die Menschen nach vorne in den Chorraum, und die eben noch feierliche Stimmung schlug in zwanglose Ausgelassenheit um. Alle Anwesenden wollten das Bildnis jetzt aus der Nähe bewundern, sich mit ihren Nachbarn darüber austauschen und natürlich ein paar Sätze mit ihrer Bischöfin und dem Künstler wechseln. Wenig später wurden die Bänke im Kirchenschiff umgestellt und dazwischen Tische aufgebaut; die Gemeindemitglieder von Sancta Praxedis trugen Kuchenplatten und Weinkrüge aus der Sakristei herein, und eine kleine Musikantengruppe begann volkstümliche Weisen zu spielen.
    So endete der Festakt in einem familiären Beisammensein: einem zwanglosen Liebesmahl nach urchristlicher Tradition, das bis in die Nachtstunden andauerte. Branwyn genoß das Gefühl, inmitten so vieler Freunde geborgen zu sein; die tiefe Zuneigung, die sie spürte, bewies ihr – mehr noch als das Mosaik, das ihr zu Ehren enthüllt worden war –, daß sie sich mit ihrer Art, die Gemeinden zu leiten, auf dem richtigen Weg befand.
    ***
    Im Verlauf der folgenden Wochen war die junge Bischöfin nach Kräften bestrebt, ihre karitativen Vorhaben weiter voranzutreiben; so manches, was noch vor einem Jahr unmöglich durchzusetzen gewesen wäre, schien ihr jetzt förmlich in den Schoß zu fallen. Ende Dezember dann gelangte eine Nachricht nach Rom, die sie zusätzlich anspornte: In Konstantinopel war Flavius Claudius Julianus, der Neffe des kurz zuvor verstorbenen Imperators Konstantius, zum neuen Kaiser gekrönt worden.
    Gleich nachdem Branwyn davon erfahren hatte, suchte sie Silvia auf und erklärte der Freundin gegenüber: »Nun werden wir in unseren Bemühungen vermutlich Unterstützung von höchster Stelle bekommen! Schließlich hat sich Julian bereits in einem seiner ersten Edikte als Augustus gegen das Machtstreben des Patriarchats gestellt, religiöse Toleranz angemahnt und sich damit sehr deutlich in unserem Sinne ausgesprochen!«
    Die Presbyterin von Sancta Praxedis pflichtete ihr bei; tatsächlich traf das, was die beiden Frauen sich erhofft hatten, bereits im Februar des neuen Jahres 362 ein. In der Tiberstadt erschienen Sendboten des Imperators, der zu diesem Zeitpunkt ebenso wie Branwyn in seinem dreißigsten Lebensjahr stand, und verkündeten auf allen öffentlichen Plätzen eine Reihe von Gesetzen, die Julian erlassen hatte. Die kaiserlichen Edikte sorgten für großes Aufsehen, was beileibe kein Wunder war, denn sie wiesen Liberius und den von ihm propagierten katholischen Alleinherrschaftsanspruch in scharfer Form in die Schranken.
    So hieß es unter anderem, daß die christliche Religion nicht mit Gewalt verbreitet werden dürfe, sondern jeder Mensch das uneingeschränkte Recht auf geistige Freiheit besitze. Das gelte sowohl für Christen der verschiedenen Glaubensrichtungen als auch für Juden und Heiden; der Staat werde daher entschieden gegen jedermann vorgehen, der dieses Prinzip mißachte und Andersdenkende diskriminiere oder verfolge. Um die Toleranz, wie sie vor der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion bestanden habe, wiederherzustellen, werde angeordnet,

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