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Die Bischöfin von Rom

Die Bischöfin von Rom

Titel: Die Bischöfin von Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckel
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neues Leben einzig aus dem Miteinander von Frau und Mann geboren werden kann, wird auch das Christentum nur dann blühen, wenn Männliches und Weibliches sich liebevoll ergänzen! Gelingt es hingegen solch krankhaft denkenden Männern wie Liberius, uns Frauen an den Rand zu drängen und zu unterdrücken, wird die christliche Religion langsam und qualvoll sterben! Jahrtausendelang wird die Kirche in Agonie liegen, und der von ihr ausgehende Pesthauch wird die Erde bis hin zu ihren fernsten Grenzen vergiften!«
    Erneut herrschte nach Branwyns Worten für eine Weile schier atemlose Stille auf dem Forum; dann aber ertönten zustimmende Rufe: »Theodora hat recht!« – »Jesus umgab sich mit Jüngerinnen und Jüngern gleichermaßen!« – »Christentum ohne Gleichberechtigung der Geschlechter ist undenkbar!« – »Liberius, der den Wert des Weiblichen nicht erkennt und rigide Männerherrschaft will, bringt den Glauben in größte Gefahr!« – »Laßt uns im Geiste Jesu sowie seiner Apostel Petrus und Paulus deshalb hier und jetzt ein unübersehbares Zeichen setzen!«
    Der letzte Satz kam von jenem weißhaarigen Alten, der Branwyn zuvor ein Werkzeug Gottes genannt hatte; nun stand der Greis auf einmal ganz nahe bei der Tribüne und tauschte einen Blick mit Marcellus. Der arianische Priester schien kaum merklich zu nicken, im nächsten Moment trat er neben die junge Presbyterin von Sancta Maria und wiederholte: »Ja, laßt uns ein Zeichen setzen!«
    Er schenkte Branwyn ein warmes Lächeln, wandte sich wieder an die Menschenmenge und fügte hinzu: »Ich bin überzeugt davon, daß soeben eine höhere Macht durch den Mund Theodoras sprach! Und zwar zum einen deswegen, weil unsere Schwester etwas erschaute, was sich gewöhnlichen Menschen niemals entschleiern würde; zum anderen, weil in ihrer Aussage über das Miteinander von Frauen und Männern lauterste Wahrheit, verbunden mit sehr weiser Einsicht liegt! Um so größer ist die Sünde, die das Patriarchat in seinem verderblichen Drang zur despotischen Männerherrschaft innerhalb der Kirche begeht! Die verheerenden Auswirkungen dieser Abkehr vom Göttlichen sind in unserer Stadt – ich nenne bloß das Blutbad in Sancta Maria Maiora – bereits allzu deutlich geworden! Deshalb muß dem Machtwahn des Papstes jetzt unbedingt die friedfertige und ausgleichende Kraft des Weiblichen entgegengestellt werden; allein so können die Schalen der Waage mit Gottes Hilfe wieder ins Gleichgewicht gebracht werden!«
    Marcellus unterbrach sich kurz, um die Hand auf Branwyns Schulter zu legen, sodann schloß er: »Wenn wir nun aber zur Rettung unseres Glaubens auf diesen Weg bauen wollen, ist es nur logisch, das Bischofsamt entsprechend zu besetzen. Aus diesem Grund möchte ich hiermit von meiner Kandidatur zurücktreten und die unter euch, die für mich stimmen wollten, bitten, Theodora zu wählen!«
    Nachdem die Menge ihre Verblüffung überwunden hatte, löste die selbstlose Aufforderung des arianischen Presbyters einen Begeisterungssturm aus. Die Gläubigen spürten, daß in der spontanen Entscheidung des Marcellus etwas von jener schrankenlosen Großherzigkeit lag, wie Jesus sie vorgelebt hatte. Auch Branwyn empfand so; sie erkannte die tiefe Nächstenliebe in den gütigen Augen des um dreißig Jahre älteren Mannes und wußte, sie durfte sein Angebot nicht zurückweisen. Also gab sie ihrer eigenen Regung nach, umarmte Marcellus und zeigte ihm sowie den Menschen auf dem Forum dadurch an, daß sie sein Geschenk annehmen wollte.
    Gleich darauf war Silvia bei ihnen, drückte beiden die Hände und stellte der Versammlung dann die entscheidende Frage: »Ist es euer Wille, Theodora, die Presbyterin von Sancta Maria, als Bischöfin an die Spitze der vom Patriarchat unabhängigen römischen Kirchengemeinden zu stellen?«
    Sofort wurde tausendfache Zustimmung laut; von allen Seiten erschollen die bejahenden Rufe und wollten nicht enden – vielmehr verstärkte sich der Jubel noch, als Branwyn jetzt nach dem Hirtenstab griff, den Silvia und Marcellus ihr gemeinsam reichten.
    Erst als die junge Bischöfin den geschnitzten Stab mit dem gebogenen Ende hob, kehrte wieder Stille ein: Stille, in die hinein Branwyns Worte erklangen: »Seht diesen Hirtenstab und nehmt ihn als Zeichen dafür, daß ich von nun an in Liebe für euch alle da sein will!«

Das Mosaik
    Rasch stellte sich heraus, daß Branwyn am Tag ihrer Erhöhung zur Bischöfin aller nichtkatholischen Gemeinden Roms kein leeres

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