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Die Bismarcks

Die Bismarcks

Titel: Die Bismarcks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Thies
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Verfassungsfrage aber bislang den Vorrang gegeben hatten.
    Bei seiner Ankunft in Berlin am 5.   Februar 1866 empfand der neue englische Botschafter Lord Loftus die politische Atmosphäre als höchst brisant. »Es roch nach Pulver.« Nun überschlugen sich die Ereignisse. Im April 1866 schloss Preußen mit Italien ein geheimes Bündnis mit Spitze gegen Österreich ab. Wenige Wochen später, am 15.   Juni 1866, begann zwischen Preußen und Österreich der Krieg um die Vormachtstellung in Deutschland. In einem österreichisch-italienischen Parallelkrieg kämpfte Italien um Venetien.
    Innenpolitisch war es bis dahin zu keiner Einigung zwischen Bismarck und der Opposition gekommen. Die Mehrheit des Parlaments misstraute weiterhin dem Ministerpräsidenten, der am 15.   Juni 1866 sagte: »Der Kampf wird hart sein. Preußen kann verlieren, aber es hat dann wenigstens tapfer und ehrenvoll gefochten. Wenn wir geschlagen werden, kehre ich nicht hierher zurück. Ich falle dann in der letzten Charge. Man kann nur einmal sterben, und ehe man unterliegt, ist es besser, dass man stirbt.« 48 Ein bemerkenswertes »Alles oder Nichts«, in jedem Fall ein Hinweis darauf, dass Bismarck in dem Konflikt ein großes Risiko einging, persönlich wie als Staatsmann. Denn Österreich galt zu dieser Zeit als durchaus gleichwertige Militärmacht. Aber es kam anders.
    Dank der überlegenen Strategie des preußischen Generalstabschefs von Moltke, die sich erstmals im deutsch-dänischen Krieg gezeigt hatte, gelang am 3.   Juli 1866 ein Überraschungserfolg in der Schlacht von Königgrätz. Mithilfe einer ausgefeilten Logistik, der raschen Verlegung und Konzentration von Truppen per Bahn und dem neuen Führungsmittel der Telegrafie war der Sieg zustande gekommen. Nach der Völkerschlacht von Leipzig war Königgrätz die zweite Massenschlacht des 19.   Jahrhunderts. Das Verhalten der Truppen zeigte, dass sie trotz hoher Verluste bereit waren, für einen deutschen Nationalstaat zu kämpfen. 49 Bismarck war hinsichtlich des Kriegsausgangs skeptisch gewesen. Er hatte alternativ erwogen, die nichtdeutschen Minderheiten der Donaumonarchie, wie z.   B. die Tschechen und Serben, Ungarn und Rumänen, zu Aufständen gegen die Zentralmacht Österreich zu ermuntern.
    Infolge der Niederlagen der Italiener gegen die Österreicher und der raschen Entscheidung in Königgrätz verliefen die Entwicklungen nun aber anders als geplant. Es war jetzt wichtig, rasch mit Österreich Frieden zu schließen, um eine Intervention oder Einflussnahme anderer Mächte, vor allem Frankreichs, auszuschließen. Allerdings waren große französische Truppenkontingente zu diesem Zeitpunkt in Mexiko und in Algerien gebunden. Noch auf dem Schlachtfeld sagte Bismarck: »Jetzt kommt es darauf an, Österreichs Freundschaft zurückzugewinnen.« Im entscheidenden Augenblick erwies sich Bismarck damit in der Außenpolitik als Mann der Mitte.
    Am 26.   Juli 1866 kam es auf Schloss Nikolsburg, dem preußischen Hauptquartier, zum Präliminarfrieden und bereits einen Monat später zum Friedensvertrag von Prag. Preußen annektierte Hannover, Kurhessen, Schleswig-Holstein und Frankfurt und schloss damit die Lücke in seinem Staatsgebiet. Persönliche Rache nahm Bismarck an der alten Bundeshauptstadt Frankfurt, in der er einige Jahre lang gelebt hatte. Ihr wurde eine Kontribution von 25   Millionen Gulden auferlegt, andernfalls drohten eine Belagerung und anschließende Plünderung. Österreich wurde hingegen geschont, Bismarck hatte sich in diesem Punkt unter teilweise dramatischen Umständen gegenüber seinem Monarchen durchgesetzt. Der Vertrag besiegelte jedoch die Dominanz Preußens nördlich der Mainlinie und führte zur Gründung des Norddeutschen Bundes. Dieses Gebilde erhielt bald darauf ein Nationalparlament, das aus freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorging. Es war der Kern eines deutschen Nationalstaats. Die Mainlinie, hat Bismarck gelegentlich gesagt, sei keine Mauer, sondern nur ein Zaun, der den nationalen Strom nicht werde aufhalten können.
    Bereits am 12.   Februar 1867 wurde ein verfassunggebender Reichstag gewählt. Sein erster Präsident wurde Eduard Simson, der letzte Vorsitzende der Frankfurter Nationalversammlung. Die Grundzüge der Verfassung bestimmte jedoch Bismarck. Eine Rede zum Entwurf beschloss er am 11.   März 1867 mit dem Satz: »Setzen wir Deutschland, sozusagen, in den Sattel! Reiten wird es schon können!« Im Zusammenspiel mit dem bald darauf

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