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Die Bismarcks

Die Bismarcks

Titel: Die Bismarcks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Thies
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drei der fünf Bismarck-Enkel dorthin und waren mitunter wochenlang auf der Insel in Sichtweite des Vesuv zusammen. Hannah besaß darüber hinaus zahlreiche Möglichkeiten, nach Wien, Zürich oder Paris zu reisen. In Berlin pflegte sie eine enge Verbindung zu Botschafter François-Poncet.
    Im Sommer 1943 gelang es Hannah noch einmal, die erforderlichen Visa für den alljährlichen Aufenthalt der Familie in der Schweiz zu erhalten. Dem normalen deutschen Zeitgenossen boten sich diese Möglichkeiten nicht. Dass sie den Bismarcks offenstanden, hatte mehrere Ursachen. Im Ausland zählte der Name Bismarck noch immer. Sie waren nach wie vor wohlhabend und durch Heiraten mittlerweile eine Familie von Weltbürgern geworden. Dadurch konnten sie die Devisenbeschränkungen umgehen, die das Dritte Reich den Deutschen auferlegte.
    Zusätzliche Chancen eröffneten sich dadurch, dass Otto von Bismarck Diplomat war. Er wurde zu Kriegsbeginn aus der Zentrale nach Rom versetzt. Derartige Auslandsposten waren eine Rarität. Italien wuchs nun in die Rolle des wichtigsten Bündnispartners des Dritten Reichs hinein, während sich der Rest der freien Welt Zug um Zug von Hitler-Deutschland abwandte.
    Die Schlüsselrolle bei der Italiensehnsucht der Bismarcks spielte Bruder Albrecht, genannt »Eddy«, der ja bereits seit den 1920er-Jahren in Rom lebte. Hannah besuchte ihn im Mai 1933 im Palazzo Primoli in der Via Zanardelli 1 und sah bei dieser Gelegenheit auch zweimal den Papst. Eddy hatte in diesen Jahren eine der interessantesten Frauen seiner Zeit kennengelernt, die US -Amerikanerin Mona Williams. 1897 als Margaret Edmona »Mona« Travis Strader zur Welt gekommen, hatte die Tochter eines in Kentucky lebenden Jockeys und Pferdezüchters eine chaotische Kindheit erlebt. Sie wuchs buchstäblich im Stall auf. Ihre Eltern zogen von Ort zu Ort und ließen sich schließlich scheiden. Als junges, bildhübsches Mädchen lernte sie den 18   Jahre älteren Millionär Henry Schlesinger kennen, den sie 1917 heiratete. Aus der Verbindung ging ein Sohn hervor. Die Scheidung und nächste Eheschließung ließen nicht lange auf sich warten und brachten der ambitionierten Gesellschaftslöwin noch mehr Reichtum. Der Bankier James Irving Bush, 14   Jahre älter als sie, war der Auserwählte im Jahre 1921. Vier Jahre später wurden die beiden in Paris geschieden. In New York, wo sie mit einer Freundin ein Modegeschäft eröffnet hatte, begegnete Mona 1926 auf dem Weg nach ganz oben Harrison Williams. Dieser war Witwer und 24   Jahre älter als sie. Williams galt zu diesem Zeitpunkt als reichster Bürger der USA mit einem geschätzten Vermögen von 600   Millionen Dollar. Bei der Hochzeit am 2.   Juli 1926 in der New Yorker Madison Avenue war er 53   Jahre alt, Mona mittlerweile 29. Auf der »Warrior«, einer der größten und schönsten Jachten, die es zu dieser Zeit auf der Welt gab, unternahm das Paar seine Hochzeitreise und mehrere weitere Weltreisen. Wenn sich Mona in ihrem Georgian Mansion an der Ecke von 94th Street und Fifth Avenue in New York aufhielt, berichteten die führenden US -Modezeitschriften darüber und veröffentlichten ausführliche Homestorys mit Fotos. Mona galt als eine der am besten gekleideten Frauen ihrer Zeit und war mit Coco Chanel und Balenciaga befreundet.
    In der Weltwirtschaftskrise 1929 verlor Williams einen großen Teil seines Vermögens. Aber das märchenhafte Leben des Paares zwischen Apartments in New York, Landsitzen in Long Island und Palm Beach sowie einer Stadtwohnung in Paris hielt an. Etwa fünfzig Bedienstete standen für die beiden an den diversen Plätzen bereit. Mona war der Liebling von Fotografen wie Cecil Beaton und von Stardesignern wie Delano und Syrie Maugham. 1933 wurde sie zur bestangezogenen Frau weltweit gewählt. Cole Porter widmete ihr in seinem Musical Red, Hot and Blue den Song: »What do I care if Mrs.   Harrison Williams is the best dressed woman in town?« Im New Yorker erschien ein Gedicht über die Schöne. Salvador Dalí malte sie später, was Anlass zu vielfältigen Spekulationen gab, und Sorine schuf ein Porträt von ihr.
    Bei einer Reise nach Venedig wurde Albrecht Graf von Bismarck dem glamourösen Paar vorgestellt, nachdem er Mona nach einem Sturz von Bord ihrer Jacht aus dem Meer gerettet hatte. Albrecht, ganz Gentleman, hatte der Amerikanerin geholfen, ihren Badeanzug am Hals wieder zu befestigen. Albrecht, »Eddy«, chronisch in Geldnöten, nutzte seine Chance und wurde der

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