Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
Vom Netzwerk:
öffnen kann, ohne dass ich getroffen werde, wenn sie von außen schießen.« Stein
     nickte. Er wandte sich zurück in den Flur. Dengler gab ihm ein Zeichen, dass er sich auf den Bauch legen sollte. So schlichen
     sie bäuchlings in den Flur. Rechts, die Tür zum Wohnzimmer, ließen sie unbeachtet, sondern krochen links in die Küche.
    Die Küche war ein mittelgroßer Raum. Rechts neben dem großen Herd stand ein rustikaler Tisch, darauf fünf Korbflaschen mit
     Olivenöl. Auch auf dem Boden standen etliche der gleichen Behälter. An der Wand links befanden sich Schränke aus dunklem Holz.
    Dengler prüfte die Höhe des Fensters. Sie durften sich nicht aufrichten, und er signalisierte Stein dies mit einer Handbewegung.
     Stein verstand. Sie robbten bis an einen Küchenschrank, Stein hob die Hand und zog eine Schublade heraus. Er wühlte mit der
     rechten Hand darin herum und schien die verschiedenen Bestecke zu prüfen. Er zog eine Spaghettizange mit einem langen Griff
     heraus und zeigte sie Dengler. Der nickte. Stein reichte ihm die Zange.
    Er spürte eine Berührung am Bein, und seine Faust zuckte hinunter. Er sah Christianes blauen Blick und stoppte den Schlag.
    »Bleib hier«, flüsterte er ihr zu, und er deutete auf den Herd und die Flaschen mit dem Öl. Er flüsterte ihr eine Anweisung
     ins Ohr. Als sie nickte, kroch Dengler zurück in den Flur. Stein schob sich bäuchlings hinter ihm her. Vor der Haustür angelangt,
     gab er Stein mit dem Kopf ein Zeichen, dass erdie Treppe hinaufschleichen solle – zu dem Sessel. Stein tat, was er verlangte. Dengler erhob sich und stand nun neben der
     Tür. Langsam schob er die Spaghettizange zum Türöffner. Als er nach dem dritten Versuch sicher war, dass er sie fest genug
     gepackt hatte, drückte er den Knauf nach unten und öffnete die Tür.
    Das Holz splitterte. Zwei Geschosse durchschlugen die Tür und bohrten sich in die Wand gegenüber. Die Tür stand nun einen
     Spalt offen. Schnell zog er die Hand zurück und kroch nun, wieder auf dem Bauch liegend, die Treppe hoch. Er rutschte auf
     der Galerie entlang, bis er hinter dem Sessel lag, wo Stein schon wartete. Hoffentlich bleibt Christiane in der Küche ruhig
     liegen, dachte er.
    Christiane lag vor dem Herd auf dem Boden. Sie hob den Arm und drehte den Herd an. Einen langstieligen Topf füllte sie mit
     Öl. Vorsichtig und den Oberkörper nur leicht erhoben, setzte sie das metallene Gefäß auf die sich schnell erwärmende Platte.
    Georg sah von der Galerie nach unten auf die geöffnete Tür. Ein Lichtstrahl der Mittagssonne fiel durch den Spalt. Draußen
     pfiffen unzählige Spatzen ihre Lieder. Alle warteten. Nur wenige Minuten später hob Dengler den Zeigefinger an den Mund. Vor
     der Tür bewegte sich etwas. Langsam stand er auf und half Stein ebenfalls aufzustehen. Sie standen hinter dem Sessel, über
     den Dengler sich beugte, um die Tür im Auge zu behalten.
    Wieder führte er den Zeigefinger an den Mund. Beide hielten den Atem an. Tatsächlich: Vor der Tür knirschte leise der Kies.
    Sie konzentrierten sich.
    Dann knallte die Tür auf. Ein Mann sprang in den Flur, ging sofort in die Hocke. Er hielt die Pistole vor sich wie ein Suchgerät,
     sicherte rechts und fuhr sofort links herum.
    »Schade, dass dein Ausbilder dich nicht sehen kann«, dachte Dengler und schob den Ledersessel über den Rand. DasMöbelstück traf den Mann mit voller Wucht auf dem Kopf und brach ihm das Genick – ein dumpfer Schlag und ein kurzes, trockenes
     Geräusch.
    Der Maskierte fiel der Länge nach hin, der Sessel blieb verkantet auf seinem Oberkörper stehen. Dengler beobachtete den Flug
     der Pistole, als der Mann sie losließ: Sie fiel auf die Terrakottaplatten des Flurbodens und rutschte gegen die Wand. Dort
     blieb sie liegen. Genau im Sichtwinkel der Tür. Wenn noch ein zweiter Mann vor der Tür stand, konnte der jeden erschießen,
     der die Waffe aufhob.
    Eine bleierne Stille senkte sich über das Anwesen.
    Jetzt hörten sie Stimmen. Vor dem Türeingang sprach ein Mann. Er rief einem anderen etwas zu, das Dengler nicht verstand.
     Der andere Mann antwortete, aber auch dies war im Haus nicht zu verstehen. Aber sie sprachen nicht das musikalische Italienisch
     – sie sprachen Deutsch.
    Wieder senkte sich tödliche Stille über das Gehöft.
    Die Lage hatte sich verschlechtert. Ihnen fehlte ein schwerer Gegenstand, um einen erneuten Angriff auf die Tür abzuwehren.
    »Gibt es noch einen zweiten Sessel?«, fragte er Stein,

Weitere Kostenlose Bücher