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Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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legte er noch einmal nach: »Ich bin deine Scheißart leid«, brüllte
     er. Es tat ihm gut.
    »Hallo«, hörte er eine männliche Stimme, »bin ich mit Georg Dengler, Private Ermittlungen, verbunden?«
    »Ja, Georg Dengler am Apparat. Tut mir Leid; ich habe Sie mit jemand anderem verwechselt.« Er klang immer noch wütend.
    Der Mann am anderen Ende kicherte.
    »Das muss ja ein aufdringlicher Klient gewesen sein.«
    »Nein, das war meine Ex-Frau.«
    Sein Blick fiel auf den Ordner »Kriminalpolizeiliche Praxis –Erfolgreich telefonieren«.
    Ich mache es falsch, dachte er. Ich vermassele meinen ersten Kunden.
    »Was gibt's?«, entfuhr es ihm.
    Das klang auch nicht gerade höflich. Er probiert es noch einmal.
    »Was kann ich für Sie tun?«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte einen Augenblick Pause. Ich hab's versaut, dachte Dengler.
    Die Pause hielt an. Immerhin legte der andere nicht auf. Jetzt müsste ich was sagen, dachte er, aber sein Kopf war leer.
    Endlich sprach der Anrufer: »Es betrifft meine Freundin. Ihr Vater stürzte vor zehn Jahren mit einem Flugzeug ab und wurde
     für tot erklärt. Und sie kann sich nicht damit abfinden.«
    »Ich bin kein Psychologe.« Das klang schroffer, als er sein wollte. Warum kann ich nicht einfach hell und freundlich sein?
    »Sicher, ich weiß«, sagte der Mann, »aber es gibt bei der ganzen Sache ein paar Ungereimtheiten. Angeblich rief ihr Vater
     sie nach dem Abflug der Maschine an und teilte ihr mit,dass er den Flieger verpasst habe und deshalb mit dem nächsten komme.«
    »Er saß nicht in der Maschine?«
    »Nein, das heißt doch; das ist ja das Unklare, und das macht meine Freundin so fertig. Sie hat Alb träume, und irgendwann
     bekommt sie einen Nervenzusammenbruch.«
    »Soll ich herausfinden, ob der Vater Ihrer Freundin in der Maschine saß?«
    »Na ja, mir geht es hauptsächlich darum, dass sie wieder zu sich kommt, verstehen Sie? Und dass ich wieder ruhig schlafen
     kann. Ihr Vater muss ja in der Maschine gesessen haben, sonst hätten ihn die Behörden nicht für tot erklärt.«
    »Wurde er identifiziert?«
    »Schon, was von ihm übrig blieb. Das war wohl nicht mehr viel.«
    Eine kleine Pause entstand. Dengler spürte, dass sein Gesprächspartner Mut sammelte, um zum Kern des Anrufes zu kommen.
    »Herr Dengler, können Sie nicht ein bisschen herumermitteln und dann einen schlüssigen Bericht schreiben, dass ihr Vater tot
     ist, damit meine Freundin von ihren Albträumen erlöst wird? Wissen Sie, was ich meine?«
    Dengler verstand. Sein erster Auftrag sollte eine Luftnummer werden. Enttäuschung kroch seine Magengrube entlang. Aber immerhin
     würde er Hildegard den monatlichen Betrag von 353 Euro bezahlen können, wenn er diese Als-ob-Ermittlung annahm.
    Er schlug sein Notizbuch auf.
    Wo ist der Kugelschreiber? Er sah die Reste auf dem Boden liegen und ihm fiel ein, dass er ihn vor ein paar Minuten im Zorn
     über Hildegards Anruf zerbrochen hatte. Er bat seinen Gesprächspartner, einen Augenblick zu warten, und zog die Miene aus
     den Resten des Schreibgeräts.
    »Wann stürzte die Maschine ab?«
    »Vor zwölf Jahren.«Dengler pfiff durch die Zähne: »Das ist lange her.«
    »Ich weiß, aber so ist es nun mal.«
    »Wo stürzte die Maschine ab?«
    »Über Thailand, im Norden von Thailand.«
    »Welche Route?«
    »Von Bangkok nach Wien.«
    »Lufthansa?«
    »Nein, es war eine Boeing der Lauda-Air. Der Absturz löste damals viel Wirbel aus. Vielleicht erinnern Sie sich. Das linke
     Triebwerk schaltete plötzlich um, Schubumkehr. Das hielt die Maschine nicht aus.«
    Dengler erinnerte sich dunkel. »Kommt mir bekannt vor.«
    »Ja, Christiane, so heißt meine Freundin, hat sich mit diesem Absturz genauestens befasst. Sie erklärte es mir so, dass durch
     einen technischen Fehler mitten im Flug die Schubrichtung des Triebwerks geändert wurde. Als würde jemand mit zweihundert
     auf der Autobahn fahren und plötzlich den Rückwärtsgang einlegen.«
    »Kann nicht gut gehen.«
    »Nein, das ging auch nicht gut. Das Verwirrende ist, Christianes Vater rief an und teilte ihr mit, er habe soeben das Flugzeug
     verpasst. Und dann wurde seine Leiche doch in dem Flugzeug gefunden.«
    Dengler fiel wieder der gefönte Seminarleiter des Telefonseminars ein. »Ein Lächeln muss in Ihrer Stimme liegen«, hatte der
     den BKA-Profis erklärt. Er hatte keine Lust, ein Lächeln in seine Stimme zu legen; außerdem wusste er nicht, wie das geht.
    Stattdessen fragte er: »Wer hat die Leiche

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