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Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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sich an den Tisch und schlug ihn auf.
    Merksatz 1: Bereiten Sie sich auf das Telefonat vor. Notieren Sie vor dem Anruf alle Fragen, die Sie stellen möchten. Auf
     diese Art vergessen Sie vor Aufregung nichts.
    Dieser Merksatz hatte bei einigen Polizisten im Seminarraum bittere Heiterkeit hervorgerufen, die der Föntyp nicht verstand.
     Schließlich erbarmte sich jemand und wies ihn darauf hin, dass jeder Beamte im Raum wesentlich aufregendere Situationen kenne,
     als ein Telefonat zu führen.
    Merksatz 2: Legen Sie sich Papier und Schreibgerät bereit. Hektisches Suchen nach Schreibmaterial wirkt unprofessionell und
     fördert Ihre Nervosität.
    Es stimmte, er war nervös. Er suchte in den Innentaschen seines Jacketts und fand den blauen Kugelschreiber, den er dort vermutet
     hatte. Einen Notizblock trug er immer bei sich. Er legte ihn neben den Kugelschreiber auf den Tisch und wartete.
    Das Telefon rührte sich nicht. Georg Dengler bemühte sich, nicht mehr an den Kurs zu denken.»Melden Sie sich immer mit Ihrem Dienstgrad«, hatte der gefönte Trainer gesagt, »und mit dem Vor- und Zunamen, und sagen Sie:
     ›Was kann ich für Sie tun?‹ Das schafft schon zu Beginn gute Laune, und Sie bringen auch sich in gute Laune.«
    »So ein Quatsch«, knurrte er.
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Er riss den Hörer an sich.
    »Georg Dengler, private Ermittlungen. Was kann ich für Sie tun?«
    »Georg, bist du das?«
    Es war Hildegard.
    »Ja, ich bin's.«
    »Mein Gott, ich glaub's nicht. Ich habe die Anzeige in der Zeitung gelesen. Hast du deinen Job bei den Bullen geschmissen?«
    »Ja.«
    »Und warum, wenn ich fragen darf?«
    Der altbekannte spitze, aggressive Tonfall.
    »Ich wollte nicht für den Rest meines Lebens Junkies und kleine Dealer verhaften; das ist für mich nicht gerade der Sinn des
     Lebens.«
    Sie war sofort auf hundertachtzig.
    »Und ich? Meinst du, jemand fragt mich, ob ich den Sinn meines Lebens irgendwann einmal finden werde? Ich war schon seit Monaten
     nicht mehr aus. Ich konnte nicht hin, in den Film, der letzte Woche über BAP lief. Meinst du, mich fragt jemand nach dem Sinn
     meines Lebens? Und alles nur, weil ich ausgerechnet von dir ein Kind habe.«
    Sie fing an zu schluchzen.
    »Hildegard«, Dengler bemühte sich, den Ekel, der in ihm hochstieg, nicht in seiner Stimme hörbar zu machen, »ich nehme den
     Kleinen sofort. Für eine Nacht, wenn du ausgehen willst, genauso wie für immer.«
    Ihre Stimme zog sofort wieder an: »Das würde dir so passen – damit du das Kind in deine Weibergeschichtenhineinziehst. Damit er einmal genauso ein Macho wird, wie du heute einer bist...«
    »Hildegard, was willst du?«
    »Wie willst du deinen Unterhalt bezahlen, wenn du kein Beamter mehr bist – das will ich von dir wissen.«
    »Hildegard, du hast mich verlassen, weil ich Bulle bin. Und du hast diesen schlauen Busverkäufer von Daimler vorgezogen.« Dass der Kerl schon zehn lange Jahre verheiratet
     war, erwähnte er lieber nicht. Hildegard hatte es erst ein Jahr, nachdem sie mit ihm zusammen war, erfahren.
    »Das war früher«, sagte sie nun in ruhigerem Ton. »Mich interessiert nur, dass du deine Alimente rechtzeitig bezahlst. Wie
     willst du das machen, wenn du dich selbstständig machst? In so einer schwierigen Zeit.«
    »Nun, ich hoffe, dass noch ein paar Leute anrufen und mir Aufträge geben. Deshalb habe ich die Anzeige geschaltet.«
    »Wie kann man sich in der heutigen Zeit nur selbstständig machen?«
    Ihre Stimme klang plötzlich kalt. »Wenn die Kohle nur ein paar Tage zu spät auf meinem Konto ist, schicke ich dir den Gerichtsvollzieher
     auf den Hals.«
    »Hildegard«, Dengler zerbrach den Kugelschreiber, den er in der Hand hielt, »ich versuche mir eine neue Existenz aufzubauen.
     Du bekommst dein Geld, wie du es immer bekommen hast.«
    Er wartete einen Moment.
    »Ist der Kleine da?«, fragte er dann.
    »Nein, er ist mit einem Schulfreund unterwegs.«
    Dengler spürte, dass sie log, legte auf und atmete tief ein, um die Beklemmung abzuschütteln, die ihm das Gespräch mit seiner
     Ex-Frau auferlegt hatte. Sie hatte Recht. In einem, spätestens in zwei Monaten würde sein Geld aufgebraucht sein, was dann?
     Was wird mit dem Kind werden? Panikgefühl setzte ein. Das hat sie wieder gut hingekriegt, dachte er. Das Telefon klingelte
     erneut.Mit einer heftigen Bewegung riss er den Hörer vom Apparat. »Was willst du denn noch?«
    Stille am anderen Ende. Hatte er sie verblüfft? Am besten

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