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Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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Augenblick lang nicht, an was er zuerst denken sollte. An Olga oder an die Informationen
     von Christiane Stein. Er entschied sich, die beruflichen Dinge ernster zu nehmen als die Herzenssachen, aber es gelang ihm
     nicht. Zu nahe war ihm noch die intime Situation des gestrigen Abends, als Olga still auf seinem Bett gesessen und Junior
     und ihm zugehört hatte.
    Was bedeutete es, wenn Olga ihn ganz nett findet? Das hörte sich irgendwie nicht besonders gut an. Andererseits, was würde er zu Klein sagen, wenn der ihn fragen würde,
     wie er Olga fände? Ganz nett, würde er sagen. Was bedeutet das nun alles, fragte er sich und entschied, dass es nichts bedeutete.
    Viel interessanter fand er die Frage, warum Olga solche Angst vor der Polizei hatte, dass sie seine Wohnung durchsuchte. Was
     glaubte sie denn zu finden? Abhörgeräte für ihre Wohnung?
    Er beschloss sie zu fragen.
    Er trat absichtlich fest auf, als er die Treppe zu Olgas Wohnung hinaufging, als sollte man ihn hören. Zu seinem großen Ärger
     fing das Herz wieder an zu pochen, mit jeder Stufe wurde es lauter. Vielleicht sollte er lieber umkehren?
    Endlich stand er vor ihrer Tür, nahm seinen Mut zusammen und klopfte, aber Olga öffnete nicht.

[ Menü ]
    23
    »Schöne Frauen ficken schlecht.«
    Mario zog vorsichtig den Korken aus einer Flasche Weißwein. »Such dir lieber eine Mittlere, eine Mittelschöne, und fürs Bett
     ist eine Hässliche allemal besser als eine schöne.«
    Er nahm zwei Weinkelche aus dem Regal und goss ein wenig von dem Weißwein in eines der Gläser. Dann schwenkte er das Glas
     dreimal, steckte seine Nase hinein und trank es schließlich aus.
    »Sehr gut«, sagte er, »ein wunderbarer Aligoté aus dem Bur-gund, furztrocken. Mit einem Tropfen Cassis würde er auch zu einem
     fabelhaften Kir.«
    Dann schenkte er beide Gläser voll, und die Freunde tranken. In der Küche kämpfte sich der Duft von Ossobuco alla milanese
     aus dem Backofen und durch den Flur.
    Mario hatte schon einige Stunden harter Arbeit hinter sich. Nachdem ihn Georgs Anruf geweckt hatte, war er aufgestanden, um
     in der Markthalle die Zutaten für das geplante Essen zu kaufen. Am Nachmittag schnitt er Möhren, Staudensellerie, drei Zwiebeln
     und drei Knoblauchzehen in kleine Würfel, zerließ im Bräter bei mäßiger Hitze vier Esslöffel Butter, und mischte, sobald das
     Fett klar war, drei Gemüsewürfel unter ständigem Rühren hinzu. Dann legte er vier Scheiben Kalbshaxen hinein, rührte den Saft
     so lange um, bis das Fleisch leicht anbräunte. Nun konnte er den Bräter vom Herd nehmen und die Kalbshaxen mit Küchengarn
     rund binden, sie salzen und pfeffern, in Mehl wenden und das überschüssige Mehl wieder abklopfen, das Fleisch in einer Pfanne
     mit sechs Esslöffeln Olivenöl von beiden Seiten hellbraun braten und es dann wieder in den Bräter auf das angebratene Gemüse
     setzen.
    Das Öl aus der Pfanne goss er ab und füllte sie stattdessen mit einem Esslöffel Bratenfond und einem Viertelliter Weißwein.Beides ließ er zusammen aufkochen; dabei rührte er ununterbrochen, bis sich der Satz des Fonds auflöste, der Wein einkochte
     und nur noch wenige Esslöffel davon übrig blieben.
    Nun bearbeitete er die Tomaten, überbrühte sie mit kochendem Wasser, häutete sie, halbierte sie, griff mit den Fingern in
     ihr Inneres, zog die Kerne heraus und schnitt das Fruchtfleisch klein.
    Petersilie samt Stängel grob hacken.
    Er ergänzte den Pfannenfond mit einem Liter Fleischbrühe, gab die gehackte Petersilie und je einen halben Teelöffel Thymian
     und Oregano, zwei Lorbeerblätter und die Tomatenstücke dazu.
    Aufkochen, mit Salz und Pfeffer würzen.
    Die Soße über die Fleischstücke gießen. Auf dem Herd aufkochen. Deckel auflegen und in den Ofen schieben.
    Dies alles geschah in zwei Stunden, bevor Dengler bei ihm in der Wohnung auftauchte und ihm von Olga erzählte, von ihrer Figur,
     der Schönheit ihrer Augen, dem nackten Bauch, der sonderbaren Abwesenheit ihres Bauchnabels, dem Höherrutschen einer Augenbraue,
     wenn sie spöttisch guckte.
    Hin und wieder ging Mario in die Küche, um die Haxen mit etwas Brühe zu begießen, und es beunruhigte ihn, dass sein Freund
     in dieser Zeit einfach weitersprach, ohne sich darum zu kümmern, ob er zuhören konnte. Aber er schien nichts verpasst zu haben,
     denn als er wieder ins Wohnzimmer zurückkam, sprach Dengler gerade von Olgas Haaren, wie sie glänzten, von ihrem Mund: »Und,
     Mario: Lippen wie eine

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