Die blaue Liste
reißfestem
Stoff mit breiten Koppeln und enge Jacken aus dem gleichen Material. Ihre Springerstiefel glänzten, denn beide hatten sie
heute Morgen, unmittelbar nach dem Aufstehen, frisch geputzt.
Auf der Rückbank lagen zwei schusssichere Westen und zwei Wollmasken, die vom Gesicht nur einen Sichtschlitz freiließen.»Wo sind wir?«, fragte der Mann, der nun erwachte.
»Wir haben Wismar verlassen. Bald sind wird da.«
Der Mann auf dem Beifahrersitz nickte und reckte die Arme.
»Was meinst du, wird es gut gehen?«, fragte er.
»Alles vorbereitet. Alles abgesprochen. Wir gehen da rein, machen den Job und verschwinden sofort wieder.«
»Na dann«, sagte der Mann auf dem Beifahrersitz, schob die Sonnenbrille zurecht und schloss noch einmal die Augen, »du bist
der Chef.«
Bevor sie eine halbe Stunde später in den Hof des kleinen Gutes in der Nähe des Bahnhofs, aber uneinsehbar von dort, fuhren,
setzten sie die schwarzen Wollmasken auf. Sie öffneten den Kofferraum. Der Beifahrer wählte eine Heckler & Koch P7, während
Heinz eine österreichische Glock 17, seine Lieblingspistole, aus einer wattierten Holzkiste nahm und in den Gürtel steckte.
Dann gingen sie ins Haus. Hinter der Tür standen zwei Wachen, in der gleichen Uniform, aber noch ohne Maske.
Heinz zeigte seinen Ausweis, einer der Männer salutierte und führte sie in einen Raum im ersten Stock, in dem zwei Männer
saßen und rauchten. Heinz steckte sich eine Reval an.
»Wie viele Leute seid ihr?«, fragte er und ließ sich in einen Sessel fallen.
»36 von uns und 19 vom MEK und drei beschissene Besserwisser vom BKA«, sagte der Mann, der einen dunkelgrünen Anzug trug,
»24 sind für den Zugriff vorgesehen, nur unsere Leute; die Weicheier vom MEK dürfen die Absicherung übernehmen. Gestern hatten
wir einen Riesenstreit mit ihnen, weil nicht genügend kugelsichere Westen da sind. Jetzt müssen ein paar von ihnen ohne die
Dinger rumlaufen.«
»Machen die BKA-Fritzen uns Ärger?«
Der Mann im grünen Anzug machte eine abwehrende Handbewegung.
»Die lesen noch ihre Handbücher«, sagte er.»Wichtig ist, dass ihr richtig viel Lärm macht. Ihr müsst schreien und ihr müsst schießen – ballert in der Gegend rum, dass
sich jeder aufregt und keiner auf uns achtet.«
»Ich weiß«, sagte der Mann.
»Keine Funkprotokolle. Hast du verstanden?«
Der Mann nickte.
»Lass anschließend sofort alle Waffen einsammeln, reinigen und neu beschießen. Niemand darf rekonstruieren, aus welcher Waffe
geschossen wurde und aus welcher nicht.«
»Es lebe die Dienstvorschrift«, sagte der grüne Anzug.
»Für den Rest wird schon gesorgt werden«, sagte Heinz.
»Euch wird hinterher keiner etwas tun.«
»Wir wissen von nichts.«
»Genau, das BKA hat die Verantwortung.«
Beide lachten.
»Jetzt zeigt uns mal die Gegend, und dann besprechen wir noch einmal die Aktion.«
Die vier Männer gingen zu Fuß hinüber zum Bahnhof und kletterten auf die Aussichtsplattform des Stellwerkes. Hier hatten sie
einen guten Überblick über den Bahnhof.
»Scheiß Kaff«, sagte der Mann in dem grünen Anzug.
»Scheiß Kaff«, bestätigte Heinz.
Dann gingen sie zurück und warteten.
* * *
Kerstin erreichte den Ort mit dem Zug um 14:00 Uhr. Sie kam aus Wismar, wo sie in einer kleinen Pension unter der Aufsicht
von zwei Polizeimikrophonen die Nacht mit Klaus Steinmetz verbracht hatte. Als die beiden am nächsten Tag zum Wismarer Bahnhof
gingen, folgte ihnen ein Mercedes-Kastenwagen, vollgestopft mit Tonbändern und elektronischem Gerät, das jedes Wort ihrer
knappen Unterhaltung festhielt.Im Zug benutzten sie verschiedene Waggons. Kerstin sah Klaus daher nicht, als sie ausstieg, aber sie beachtete auch nicht
die vier jungen Männer, die mit Jeans und Turnschuhen oder Mokassins bekleidet auf den beiden Bahnsteigen standen. Sie ging
hinüber in das ehemalige Mitropa-Restaurant zwischen den Gleisen Zwei und Drei, das jetzt Billard-Café hieß, und setzte sich
an einen Tisch nahe am Ausgang. Außer einer jungen Frau war sie der einzige Gast, aber auch das fiel ihr nicht weiter auf.
Es dauerte nicht lange, bis eine alte Frau in geblümter Kittelschürze erschien und sie nach ihren Wünschen fragte.
»Ich warte noch auf jemanden«, sagte Kerstin, »aber bringen Sie mir bitte schon eine Tasse Kaffee.«
»Ja«, sagte die alte Frau und sah sie nicht an. Sie drehte sich um und schlurfte zur Theke zurück.
Nach ein paar Minuten kehrte sie zurück
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