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Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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nicht, dass wir die Täter fassen. Es heißt noch nicht einmal
     in jedem Fall, dass wir die Täter auch fassen wollen.«
    »Die Ermittlungsunterlagen der Kommission Düsseldorf wurden gefälscht«, sagt Dengler, »können Sie sich vorstellen, wer das
     tun konnte?«
    Er sah den fragenden Blick seines früheren Chefs.
    »Ein Mitarbeiter der Treuhand, ein Professor aus Innsbruck, erstellte eine Liste. Sie muss für ihn wichtig gewesen sein; denn
     er ließ sie auf blaues Papier drucken, der besseren Unterscheidung wegen. Der ermordete Präsident nahm diese Liste mit in
     sein Haus, sie liegt nicht bei den Asservaten, sie kommt in der Tatortbeschreibung nicht vor. Es gibt nur ein undeutliches
     Foto. Die Spur dieser Liste wurde getilgt. Nur dieses Foto wurde übersehen.«
    Dr. Schweikert sah Dengler über seine Brille hinweg an. »Sie sollten sehr vorsichtig sein«, sagte er.
    »Warum?«
    »Eine Zwischenfrage: Wie haben Sie die Kollegen in den Landeskriminalämtern eingeschätzt?«
    »Na ja«, sagte Dengler, »das waren die zweitbesten Kriminalbeamten.«
    »Genau, die Besten waren wir in Wiesbaden. Die Beamten in den Landesbehörden nahmen wir nicht immer ernst, verachteten sie
     stets ein wenig, nicht zu viel; aber wir waren besser.«
    Dr. Schweikert trank noch einen Schluck.
    »Und genau so gibt es andere, die uns verachtet haben. Die Leute in den Verfassungsschutzbehörden, bei der GSG9 und so weiter,
     die fühlten sich uns überlegen, weil sie sich nicht an Gesetze halten müssen, jedenfalls nicht so strikt wie wir.«
    »Ich ahne, was Sie mir sagen wollen.«»Ja, dass es vielleicht noch andere Einrichtungen gibt, die die offiziellen Geheimdienste mit der gleichen Verachtung behandeln,
     wie wir die Landeskriminalämter.«
    Dr. Schweikert schaute in sein Glas.
    »Dengler, als Bad Kleinen passierte, waren Sie noch nicht in meiner Abteilung. Ich gehörte zu den Einsatzleitern vor Ort.
     Während der Schießerei, bei der Uwe Krems ... starb, stand ich auf der Aussichtsplattform des Stellwärterhäuschens. Ich konnte
     alles genau sehen. Zwei Männer in der gleichen Uniform wie die Einsatzkräfte liefen über die Gleise und schlichen sich von
     hinten an Krems, der wurde angeschossen und fiel auf die Gleise. Die beiden stürmten auf ihn zu, einer setzte sich auf seine
     Brust und exekutierte ihn. Nahschuss. Keine fünf Zentimeter. Eine Frau im Bahnhofskiosk sah die Sache genau wie ich. Aber
     es wurde alles umgedeutet. Irgendeine Staatsanwaltschaft in Norddeutschland führte die Untersuchung und regelte das. Im BKA
     waren wir fassungslos. Der Vorgänger von Dr. Scheuerle sprach intern – der Spiegel druckte es – von einer Verschwörung.«
    »Sie meinen ... es gibt eine geheime Truppe, die ...«
    »Ich kann es mir nicht anders erklären.«
    »Ich muss wohl sehr vorsichtig sein.«
    »Genau das sage ich Ihnen.«
    Dr. Schweikert winkte dem Kellner und bat um die Rechnung.

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    42
    Paul Stein verließ die Telefonzelle am Rande der Abfertigungshalle des Bangkoker Flughafens, als sich die Nachricht vom Absturz
     der Boeing wie ein schnell wirkendes Gift im Flughafen verbreitete. Hinter dem Schalter der Lauda Air saßen zwei asiatisch
     wirkende Frauen, eine telefonierte, dabei schrie sie grelle hohe Töne in den Hörer, die Stein nicht verstand, ihre Kollegin
     saß wie in Trance neben ihr. Er sprach die versteinert wirkende Frau an – sie reagierte nicht.
    Plötzlich verließen alle Beschäftigten nach und nach ihre Plätze hinter den Abfertigungsschaltern und kamen langsam zu dem
     Lauda-Terminal und umringten ihn und die beiden Frauen. Niemand sprach ein Wort, nur die telefonierende Frau schrie weiterhin
     gellende Laute in den Hörer.
    Nun schienen auch einige der umstehenden Gäste zu begreifen. Plötzlich schrie eine japanische Frau in gelbrotem Kimono laut
     auf, die eben ihren Mann zum Abflug nach Wien gebracht hatte.
    Stein sprach einen Steward der Lufthansa an. Der Mann rang um Fassung, aber er sagte ihm, die Maschine der Lauda Air sei abgestürzt.
     Ich habe die Crew noch gesehen, sagte er, es ist noch keine Stunde her.
    »Vor zehn Minuten sind sie abgestürzt.«
    Paul Stein setzte sich auf einen der unbequemen braunen Wartesessel.
    Er wusste nicht, wie lange er dort saß. Erst als die Abflughalle von zwei Kamerateams in gleißendes Licht getaucht wurde,
     erhob er sich mühsam und schleppte sich zum Ausgang. Er ließ sich in das erste Taxi fallen. Der Fahrer fuhr sofort los, ohne
     ihn nach dem Ziel zu

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