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Die blaue Liste

Die blaue Liste

Titel: Die blaue Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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hatte. Neben dem
     Spiegel eine runde, schwarz lackierte chinesische Holzschatulle, in der sie eine unüberschaubare Zahl bunter Ohrringe aufbewahrte.
    Dengler lehnte sich gegen das Geländer, hinter dem der Gerberbach entlangschoss.
    Er hielt die Augen geschlossen und reckte das Gesicht der Frühlingssonne entgegen. Sie wärmte seine Stirn, die Nase nicht,
     zum Ausgleich dafür wiederum Wangen und Mund.Er entsann sich nicht mehr, wie er in jener Nacht in das Zimmer in die Fischerau gekommen war. Seine Erinnerung setzte erst
     ein, als sie nackt in dem Cordbett lagen, Romy auf dem Rücken und er auf der Seite, rechts neben ihr und ihr zugewandt. Jetzt,
     nach so vielen Jahren, konnte er sich noch genau an das sprachlose Erstaunen erinnern, das er damals beim Anblick ihres Körpers
     empfand.
    Es dauerte eine Weile, bis er es wagte, mit beiden Händen sanft ihren Konturen nachzufahren, und er erinnerte sich, dass die
     Tal- und Hügellandschaften, die seine Handflächen erforschten, ihn in eine Art stumme Andacht versetzten. Er staunte. Er staunte
     über die Farben ihrer Brustknospen, die von einem erdigen Braun in der Mitte zu einem himmlischen Rosa an den Rändern changierten.
     Er betrachtete sie lange und bemerkte, dass ihre linke Brust, wie schön, sich mehr zur Seite neigte als ihre rechte, obwohl
     sie nicht größer war oder schwerer als ihre Schwester. Dadurch entstanden an ihrer Unterseite drei feine Falten, denen er
     mit einer leichten Berührung seines Zeigefingers ehrfürchtig nachfuhr. Wenn in diesem Augenblick ein Windhauch durchs Zimmer
     gezogen wäre, er hätte Romys Brüste sanft hin und her wogen lassen, wie der Sommerwind den Schachtelhalm in den Wiesen seines
     Heimatdorfs.
    Er staunte über die Mildheit der Kurve, die sich von ihrem Rippenbogen abwärts sanft in die Taille hinabließ und dann in einem
     warmen Bogen hinaufschwang zu Romys Hüfte und auslief, leicht abfallend zu Po und Oberschenkel. In seiner Erinnerung streifte
     er erneut dieser Linie entlang, wie damals, mal mit einer Hand auf ihrer rechten Seite, dann mit beiden Händen auf beiden
     Seiten, einmal sanft, sodass sie die Berührung mehr ahnte als spürte, dann griff er fester zu und sie belohnte ihn durch ein
     Stöhnen voller Wonne.
    Überhaupt: Bis zu dieser Nacht war er der unausgesprochenen Überzeugung gewesen, dass Sex etwas sei, das Frauen besitzen und
     das Männer haben wollen, und dass er es nurdurch Überredung, Betrug oder Gewalt jemals bekäme. Dass Romy sich unter seinen Berührungen glückselig wand, kam ihm einer
     religiösen Erfahrung gleich und steigerte seinen stummen Rausch.
    Er wollte ihr gefallen; um jeden Preis das Richtige tun. Und so achtete er sorgsam auf jede ihrer Reaktionen, fand heraus,
     dass es sie erregte, wenn er ihr mit der Linken den Mund verschloss und sie gleichzeitig mit der rechten Hand etwas kräftiger
     an den Halswirbeln fasste. Er lernte, ihren Hals mit zwei Fingern zu streicheln und die Gegend um das Schlüsselbein mit der
     ganzen Hand. Er fand heraus, dass ihre Brüste nicht so empfindlich waren, wie er anfangs vermutete, sondern dass Romy die
     richtige Festigkeit seines Griffes mit einem innigen Seufzen beantwortete, das seine Erregung steigerte und alles Denken in
     ihm vertrieb, sodass beide Leiber in ihren gegenseitigen Reaktionen zu einem einzigen, sich selbst unentwegt berührenden Organismus
     verschmolzen. Als sie seinen Kopf zu dem ihren zog und ihn küsste, hielt sie einen Augenblick inne und brach dann in ein perlhelles
     Lachen aus.
    »Du kannst nicht küssen, stimmt's?«
    Er schämte sich sofort und wollte den Kopf wegziehen, doch sie gab ihn nicht frei.
    »Komm«, flüstere sie, »ich zeig's dir.«
    Sie lagen nun Bauch an Bauch, und ihre Lippen suchten und fanden die seinen, doch es dauerte lange, bis er Vertrauen fasste
     und seinen zusammengepressten Mund öffnete und zunächst vorsichtig begann, ihre Unterlippe zu schmecken, und schließlich ihrer
     Zunge gestattete, jeden Winkel zu erkunden, den sie für notwendig hielt.
    Dengler fiel auch wieder ein, wie seine rechte Hand ihren Bauch hinunterfuhr, um zu entdecken, was er sich aufgehoben hatte,
     wie sein Zeigefinger einige ihrer Schamhaare umrollte, wie er die Augen schloss, nicht zu atmen wagte und dann mit der ganzen
     Handfläche den Hügel hinauffuhr, nocheinen Zentimeter weiter – und erschrak. Unvermutet fiel die Landschaft jäh ab, stürzte steil hinunter zu der rosa Spalte,
     die er, leicht über

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