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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Paksi die Täuschung nicht merkten. Bei Menschen würde ein Radius von wenigen Kilometern genügen, aber wie war das bei Robotern?
    Fast zwei Stunden lang glückte es ihnen, die Paksi irrezuführen. Dann begann sich die Wolkendecke zu lichten. Auch die Dunstschichten wurden schwächer.
    „Reicht es schon?“ fragte Ming.
    Juri berechnete den Weg, den das Heer noch vor sich hatte, wenn es jetzt die Richtung korrigierte. „Knapp, sehr knapp!“ sagte er.
    Ming seufzte. „Es nützt nichts, wir müssen unsere falsche Sonne jetzt abschalten!“
    Aber diesmal halfen ihnen die Paksi selbst. Als die wahre Sonne am Himmel erschien, bemerkten sie natürlich, daß sie in die falsche Richtung marschierten. Und diese Tatsache beeindruckte sie doch so, daß sie nicht einfach kehrtmachten, sondern anhielten und etwa eine Stunde lang beratschlagten. Und danach war endlich klar, daß sie die Landenge vor Sonnenuntergang nicht mehr erreichen würden.
    Alle Anlagen waren abgebaut, im Raumschiff gab es nichts mehr zu tun. Tondo konnte sich wieder seinen Grübeleien widmen.
    Nicht der Arbeit, sondern Grübelein – so bezeichnete er es selber. Denn was blieb ihm noch zu tun? Der Logik seiner eigenen Auffassungen, die er durchgesetzt hatte, entsprach es, den Planeten in dem Augenblick zu verlassen, wenn die verschiedenen Einwirkungen auf die Gesellschaft der Paksi sich ungefähr gegenseitig aufhoben und höchstens eine Tendenz zum Positiven übrigblieb. Dieser Zeitpunkt war zweifellos erreicht, wenn das Heer des Iskatoksi umkehrte oder sich an den Rändern des Nordgebirges in aussichtslose Kämpfe verwickelte. Jedes weitere Zögern würde die Raumfahrer erneut in Auseinandersetzungen einbeziehen, aus denen sie sich dann noch schwerer lösen konnten. Was zählte es dagegen, wenn ein paar Fragen ungeklärt blieben, die ihm, Tondo, besonders am Herzen lagen – zum Beispiel die Frage nach dem verlorenen Wort oder die Frage, was die Leute der „Cotopaxi“ zu dem schwerwiegenden Schritt veranlaßt haben mochte, eine solche Gesellschaft wie die der Paksi in Gang zu setzen?
    Bei alldem war Tondo dankbar, daß Hellen den genauen Termin für die Abreise noch nicht festgelegt hatte, um handlungsfähig zu bleiben, falls die Lage wechseln sollte. Trotzdem gab es für ihn keinen Zweifel an dem Rückstart am nächsten Tag.
    Er saß unter dem Raumschiff und sah Ito zu, der sich zum letztenmal auf seinem Heimatplaneten zur Nachtruhe niederlegte. Da kam Raja heraus und sagte, daß es Ming und Juri gelungen sei, das Heer zu retten.
    „Also ist alles entschieden“, stellte Tondo fest.
    „Ich denke auch“, antwortete Raja. „Nur schade um unsere schöne Hypothese. Da sieht man, was herauskommt, wenn man ins Blaue spekuliert.“
    „Ja, ins Blaue“, sagte Tondo ein bißchen traurig, „in die blaue Sonne der Paksi mit ihren fünfzehn oder sechs Komma neun Strahlen. Eins von den vier Dingen, die fünf sind…“
    „Frag doch mal die Kristallothek ab, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen Sonne, blau und sechs Komma neun“, rief Raja.
    „Hab ich doch schon“, sagte Tondo.
    „Im Zusammenhang?“
    „Nein, das nicht“, gab Tondo zu und wurde plötzlich aktiv. So dicht beim Raumschiff erreichte er Ypsilon von hier unten auch über den Helm und gab den Auftrag.
    Raja schaltete sich ein und hörte zu, was der Computer nach kurzer Zeit antwortete: „Sechs Komma neun mal zehn hoch vierzehn ist die Frequenz der blauen Linien der Balmer-Serie des Wasserstoffspektrums.“
    Beide schwiegen verblüfft.
    „Ypsilon Ende“, sagte Raja, um Tondo die Deutung zu überlassen, die auf der Hand lag.
    „Das wäre denn also das verlorene Wort?“ sagte Tondo, halb als Frage, nicht weil er nicht davon überzeugt gewesen wäre, sondern weil er aufs äußerste verwundert war, daß sich plötzlich alles als so einfach herausstellte und diese Entdeckung so harmlos und unsensationell daherkam. Er verstand in diesem Augenblick nicht, daß sie die reife Frucht war, die wie von selbst herabfiel, nachdem er die ganze Zeit für ihr Wachstum gesorgt hatte.
    Sie debattierten lang und breit, wie man sich der Kuppel zu nähern habe, ob man mit dem Strahler auf jenen Teil der Apparatur zielen müsse, den sie auf den Aufnahmen gleich für einen Strahlensensor gehalten hatten, oder ob es genügen würde, einfach einen gefächerten Strahl mit der Frequenz der blauen Linie auf den Eingang zu richten – aber sie empfanden das Unwirkliche ihres Gesprächs, weil sie ja beide

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