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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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leuchtete ihm ohne weiteres ein. Ja, man konnte sogar sagen, daß die Roboter damals kompliziertere Konstruktionen waren, denn diese dritte Stufe – die Synthese neuer Verhaltensweisen –, das war doch im Grunde genommen ein Element des Schöpferischen. Und wenn solch ein Typ nun nicht in eine begrenzte Umwelt gestellt war, sondern in eine offene… Es müßte sich doch berechnen lassen, ob sich über diesen rein technischen Schaltstufen das Gebäude einer gesellschaftlichen Widerspiegelung errichten ließ, wenigstens ob die quantitative Möglichkeit dazu bestand… Fälle des Ausbrechens von Robotern hatte es ja gegeben, aber um sie genau zu untersuchen, dazu würde er wohl warten müssen, bis sie wieder auf der Erde waren. In der Soziometrie war dieses Thema noch nicht behandelt worden, soviel wußte er… Aber ein Thema wäre das, Donnerwetter, wie geschaffen für den nächsten wissenschaftlichen Grad!
    „Komm doch schon, komm, schnell!“ rief Utta im Helmfunk. Tondo warf sich neben sie und setzte das Fernglas an. Der Talkessel lag schon im Schatten. Und jetzt sah er auch, was Utta so erregte: Alle Roboter hatten sich hingesetzt und bewegten die Arme kreisend – so wie der Roboter beim Raumschiff, als Raja ihm zu nahe kam.
    „Sie verrichten ihr Abendgebet“, sagte Tondo spöttisch.
    „Was ist das?“ fragte Utta erstaunt.
    „Nichts, nichts“, antwortete Tondo. Ihm war plötzlich bewußt geworden, daß der Spott ganz unangebracht war.
    „Irgend so etwas Historisches, ja?“
    „Ja, entschuldige“, sagte Tondo. „Schau mal, jetzt laufen sie auseinander!“
    Die Roboter zerstreuten sich und verschwanden nach und nach in den Höhlen am Hang. Aber gleichzeitig erschien am Ausgang des Talkessels die Spitze der Karawane.
    „Richte die Kamera auf die Karawane“, bat Tondo. „Ich versuche, ob ich mit dem Infrarotfilter in so eine Höhle hineingucken kann.“ Er suchte sich eine Höhle aus, die in einem günstigen Winkel einzusehen war. Tatsächlich vermochte er zu erkennen, was da vor sich ging, wenn auch etwas undeutlich. Da war ein Roboter, der lag still – einer ohne Folie. Ein zweiter stand, und ein dritter bewegte sich um ihn herum und hantierte…
    „Utta, du hast doch am Kamelrücken gesehen, wie sich die Roboter nach dem Kampf gegenseitig repariert haben. Nimm doch mal mein Glas und sieh in die dritte Höhle von rechts – sind das die gleichen Bewegungen?“
    „Und du guck mal, was die Karawane da auspackt, du wirst staunen!“
    Rümpfe und Extremitäten von Robotern! Zwölf Rümpfe, aber viel mehr Arme und Beine und auch noch andere Packen, die nicht unmittelbar zu erkennen waren.
    „Ja, ich glaube, das sieht genau so aus wie bei den Räubern vom Kamelrücken“, bestätigte Utta. „Und jetzt legen sie sich hin.“ Aber Tondo fesselte schon wieder ein anderer Vorgang. Am Ausgang des Tales, auf dem letzten Flecken, der noch von der Sonne beschienen war, hielten sich einer von den eben angekommenen Weißkitteln und ein Bergwerksroboter auf, wahrscheinlich der Aufseher, wie sie ihn genannt hatten. Und jetzt stand der Aufseher still, und der Weißkittel wanderte auf und ab. Dann übergab er dem Aufseher ein Schriftstück, jedenfalls sah es genauso aus wie einer der Foliebogen, die Tondo schon untersucht hatte. Und wieder wanderte der Weißkittel gestikulierend, also sprechend, vor dem Aufseher hin und her, drei Schritte hin, drei Schritte her…
    Wie von selbst ordneten sich alle die Erlebnisse der letzten Tage zu einem klaren und überzeugenden Bild. Was er Raja gegenüber als zaghaften Gedanken geäußert hatte, als halbe Vermutung, schien ihm plötzlich sicher.
    Was hatte Raja herausgefunden? Vergnügen an Bewegung, das war die Grundschaltung. Hier bewegte sich immer der Übergeordnete, der Untergeordnete mußte stillstehen. Bewegung als ein Privileg. Und dieses Armkreisen – eine ziellose Bewegung – war ein Ritus!
    Privileg und Ritus, so etwas gab es nicht in der Maschinenwelt. Das gab es nur in einer Gesellschaft.
     

4
    Durch die offene Kuppel des Wagens sah Tondo die fremden Sternbilder, die noch keinen Namen hatten. Wie lange würde es wohl dauern, bis sie einen bekommen? Bis also Menschen sich hier angesiedelt hatten, Aufgaben lösend von galaktischer Tragweite, Romantiker trotzdem oder gerade deshalb, denen es Freude machen würde, phantasievolle Namen zu erfinden? Und was würden das für Namen sein?
    Aber selbst diese nächtliche Träumerei führte ihn wieder zu seiner Entdeckung

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