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Die Blechtrommel

Die Blechtrommel

Titel: Die Blechtrommel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Grass
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Zufriedenheit die fotografierten Parteiabzeichen weggekratzt haben.
    Dieser Partisan soll — wie mich Herr Matzerath gerade belehren will — im Gegensatz zu vielen unechten Partisanen ein echter Partisan gewesen sein. Denn hier wird behauptet: Partisane sind nie zeitweilig Partisane, sondern sind immer und andauernd Partisane, die gestürzte Regierungen in den Sattel heben, und gerade mit Hilfe der Partisane in den Sattel gehobene Regierungen stürzen.
    Unverbesserlich, sich selbst unterwandernde Partisane sind, nach Herrn Matzeraths These — was mir eigentlich einleuchten sollte — unter allen der Politik verschriebenen Menschen die künstlerisch begabtesten, weil sie sofort verwerfen, was sie gerade geschaffen haben.
    Ähnliches kann ich von mir behaupten. Kommt es nicht oft genug vor, daß meine Knotengeburten, kaum daß sie im Gips einen Halt bekommen haben, mit der Faust zertrümmert werden? Ich denke da besonders an jenen Auftrag, den mir mein Patient vor Monaten gab, der da hieß, ich möchte aus schlichtem Bindfaden den russischen Gesundbeter Rasputin und den deutschen Dichterfürsten Goethe zu einer einzigen Person knüpfen, die dann auf Verlangen meines Patienten eine übersteigerte Ähnlichkeit mit ihm, dem Auftraggeber haben sollte. Ich weiß nicht, wieviel Kilometer Bindfaden ich schon geknüpft habe, damit diese beiden Extreme endlich zu einer gültigen Verknotung kommen.
    Doch ähnlich jenem Partisanen, den mir Herr Matzerath als Muster preist, bleibe ich rastlos und unzufrieden; was ich rechts knüpfe, löse ich links auf, was meine Linke bildet, zertrümmert meine geballte Rechte.
    Doch auch Herr Matzerath kann seine Erzählung nicht gradlinig in Bewegung halten. Abgesehen von den vier Nonnen, die er einmal Franziskanerinnen, dann Vinzentinerinnen nennt, ist es besonders jenes junge Ding, das mit seinen zwei Namen und einem einzigen, angeblich dreieckigen Fuchsgesicht seinen Bericht immer wieder auflöst und mich, den Nacherzähler, eigentlich nötigen sollte, zwei oder noch mehr Versionen jener Reise aus dem Osten nach dem Westen zu notieren. Das jedoch ist nicht mein Beruf, und so halte ich mich an den Sozialdemokraten, der während der ganzen Fahrt nicht das Gesicht wechselte, ja, nach Aussage meines Patienten, bis kurz vor Stolp allen Mitreisenden immer wieder erklärt haben soll, daß auch er bis zum Jahre siebenunddreißig als eine Art Partisan Plakate klebend seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt, seine Freizeit geopfert habe, denn er sei einer der wenigen Sozialdemokraten gewesen, die auch bei Regenwetter Plakate klebten.
    So soll er auch gesprochen haben, als kurz vor Stolp der Transport zum soundsovielten Male aufgehalten wurde, weil eine größere Jugendbande ihren Besuch anmeldete. Da kaum noch Gepäck vorhanden war, gingen die Burschen dazu über, den Reisenden ihre Kleidung auszuziehen.
    Vernünftigerweise beschränkten sich die jungen Leute auf Herren-Oberbekleidung. Das konnte hingegen der Sozialdemokrat nicht verstehen, weil er meinte, ein geschickter Schneider könne aus den weitläufigen Kutten der Nonnen mehrere und vorzügliche Anzüge schneidern. Der Sozialdemokrat war, wie er gläubig verkündete, ein Atheist. Die jungen Räuber jedoch hingen, ohne das gläubig zu verkünden, der alleinseligmachenden Kirche an und wollten nicht die ergiebigen Wollstoffe der Nonnen, sondern den einreihigen, leicht holzhaltigen Anzug des Atheisten. Der aber wollte Jacke, Weste und Hose nicht ausziehen, erzählte vielmehr von seiner kurzen, aber erfolgreichen Laufbahn als sozialdemokratischer Plakatkleber und wurde, als er vom Erzählen nicht lassen, sich beim Anzugausziehen widerspenstig zeigen wollte, von einem ehemaligen Wehrmachtsknobelbecher in den Magen getreten.
    Der Sozialdemokrat übergab sich heftig, anhaltend und schließlich Blut auswerfend. Dabei trug er seinem Anzug keine Sorge, und die Burschen verloren jedes Interesse an dem zwar beschmutzten, doch durch eine gründliche chemische Reinigung wieder zu rettenden Stoff. Auf Herren-Oberbekleidung verzichteten sie, zogen aber Frau Maria Matzerath eine hellblaue Kunstseidenbluse und dem jungen Mädchen, das nicht Luzie Rennwand, sondern Regina Raeck hieß, das Berchtesgadener Strickjäckchen aus. Dann schoben sie die Tür des Waggons zu, aber nicht ganz zu, und der Zug fuhr ab, während das Sterben des Sozialdemokraten begann.
    Zwei, drei Kilometer vor Stolp wurde der Transport auf ein Abstellgleis geschoben und blieb dort während der

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