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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Zeit, um ihr Make-up aufzulegen, funktionierte sie einfach nicht. »Die Farmers and Merchants Bank hat soeben angerufen«, fuhr Kevin fort. »Lyle spricht gerade mit ihnen.«
    »Lyle legt gerade auf«, sagte der Mann selbst und legte den Hörer auf die Gabel.
    Russ drehte eine Pirouette, um seinen Deputy anzusehen. »Was gibt es Neues?«
    Lyle grinste. »Rouses Bankkarte wurde gestern Abend benutzt. Am Geldautomaten vor dem Supermarkt in Fort Henry.«
    Ja. Russ ballte die Faust, als wollte er den Moment einfangen. »Lief das Videoband?«
    Lyles Grinsen wurde noch breiter. »Und ob. Während wir hier sprechen, schicken sie einen Techniker hin, um es zu holen.«
    Kevin begann wieder zu tanzen, ein dünner rothaariger weißer Junge, der James Brown imitierte. »Ju-hu«, sang er. »Ju-hu.«
    »Danke, Kevin.« Russ stampfte näher zu Lyles Tisch. »Wo können wir es ansehen?«
    »In der Innenstadtfiliale. Von dort betreiben sie ihren Sicherheitsdienst. Sie haben einen Computer angeschlossen, der das Video vergrößern und Einzelbilder machen kann. Genau was wir brauchen.«
    »Worauf wartest du noch? Fahren wir.«
    Kevin erstarrte mitten in einer dramatischen Armbewegung. »He. Was ist mit mir? Ich soll Sie doch fahren?«
    »Wissen Sie was, Kevin.« Russ schwang sich durch den Mannschaftsraum zu Noble Entwhistles Schreibtisch. »Ich gebe Ihnen die Chance, selbst zu ermitteln.« Er balancierte auf seinen Krücken und zog einen Stapel handgeschriebener Blätter unter einem Telefonbuch hervor. »Noble hat gestern mit den Apotheken angefangen. Er hat alle Apotheken angerufen, die innerhalb einer Dreiviertelstunde mit dem Wagen zu erreichen sind, und eine Liste derjenigen angelegt, die Rezepte von Dr. Rouse eingelöst haben.« Er überreichte Kevin die Blätter. »Ich möchte, dass Sie sich ein Foto vom Doc aus der Akte besorgen und sich auf den Weg machen. Zeigen Sie es allen Angestellten hinter dem Tresen: Apothekern, Verkäufern, Kassierern. Finden Sie heraus, ob Rouse einmal dort gewesen ist und sich Drogen besorgt hat.«
    Bei der Vorstellung, echte Ermittlungen anzustellen, bekam Kevin kugelrunde Augen. »Soll ich die komplette Liste abarbeiten?«
    »Teilen Sie sie auf, damit Noble etwas zu tun hat, wenn er zurückkommt. Wenn Sie mit der ersten Hälfte fertig sind und er noch nicht wieder da ist, kommen Sie zurück und nehmen die zweite in Angriff.«
    Als er und Lyle zum Aufzug gingen, glaubte Russ, wieder das Geräusch aus dem Mannschaftsraum zu vernehmen. Ju-hu. Ju-hu.

    Die First Allegheny Farmers and Merchants Bank hatte sich vor ein paar Jahren in »AllBanc« umgetauft, aber nur Leute aus der Stadt nannten sie so. Das große alte Gebäude an der Main Street hatte zur gleichen Zeit eine Modernisierung durchlitten, mit einem verglasten Geldautomaten anstelle eines der anmutig geschwungenen Fenster zu beiden Seiten der Eingangstreppe und einem Namensschild aus gebürstetem Stahl, das den früheren Namen nicht ganz überdeckte, der 140 Jahre zuvor in den Granit aus New Hampshire gemeißelt worden war. Auch die alte Eingangstür war ersetzt worden, durch kugelsichere, vollautomatische Schiebeglastüren, mit denen der Eingang wirkte wie der Zugang zur Gepäckhalle des Flughafens von Albany. Der Gesamteffekt war der einer mit Gewalt in Hip-Hop-Klamotten und Sonnenbrille gezwungenen Witwe, die sich vor heimlicher Verlegenheit krümmt.
    Russ ignorierte die Rollstuhlrampe neben der Treppe und arbeitete sich mühsam Stufe für Stufe hoch.
    »Mich beeindruckst du damit nicht, weißt du«, sagte Lyle. »Ich definiere einen Idioten als Mann, der sich mehr quält, als er muss.«
    Russ lockerte den Griff um eine der Krücken gerade so weit, um Lyle den Finger zu zeigen. Lyle lachte immer noch, als sie durch die Rauchglastüren in die Bank traten.
    Eine junge Frau in engem Rock erhob sich von einem in der Nähe stehenden Schreibtisch. Sie trabte über den Teppich. »Deputy Chief MacAuley?«, fragte sie.
    »Das bin ich.« Lyle lächelte und zeigte dabei eine Menge weißer Zähne.
    »Mr. Smith erwartet Sie.« Sie warf einen kurzen Blick auf Russ und zog eine Schnute, von der Russ vermutete, dass sie sie oft geübt hatte, damit sie absolut natürlich erschien. »Ich denke, wir nehmen lieber den Aufzug. Die Security sitzt im zweiten Stock.«
    »Wir können meinen Freund ja hochschicken, und Sie und ich nehmen die Treppe«, schlug Lyle vor. Die junge Frau zwinkerte ihm zu.
    »Wir wollen Mr. Smith doch nicht warten lassen, Deputy Chief.«

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