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Die Bleiche Hand Des Schicksals

Die Bleiche Hand Des Schicksals

Titel: Die Bleiche Hand Des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, taumelten sie über die unebenen, vom Moos glitschigen Steine der Böschung. Wegen ihrer vollgesogenen Kleider und ihrer tauben Beine merkte sie erst, dass sie das Überflutungsgebiet des Flusses verließen, als das Platschen ihrer Schritte im Wasser dem Klatschen ihrer Stiefel auf Stein wich. Sie trat von der Mauer weg. »Komm, ich helfe dir«, sagte sie und stützte seine Schulter als Ersatz für seine Krücke. Sie stolperten über Abfälle und die ausgewaschene Steigung zur Straße hoch, und sie sah Margy Van Alstynes Wagen, und es war der schönste Anblick der Welt.
    Sie überquerten die Straße wie Zombies. Russ riss die Fahrertür auf und Clare stolperte zur anderen Seite. Sie ließen sich gleichzeitig hineinfallen und knallten die Türen hinter sich zu. Russ benötigte drei Versuche, um die Schlüssel aus seiner Hosentasche zu zerren, und als er endlich den Motor anließ, und sie der erste warme Strom aus der Lüftung traf, sackte Clare in sich zusammen. Schweigend saßen sie da.
    Nach einer Minute registrierte sie das Handy, das am Armaturenbrett hing. Sie zog an der Kordel, angelte das Handy vom Boden. »Schau«, sagte sie. »Du bist immer noch mit meinem Handy verbunden.« Das irgendwo auf dem Boden des abgesoffenen Kellers lag.
    Russ’ Augen blieben geschlossen. »Hörst du was?«
    Sie drückte das Handy ans Ohr. »Gluck, gluck«, sagte sie. Er wandte den Kopf, um sie anzusehen. Sie begann zu lachen. Er blinzelte, dann lachte er auch. Sie lachten und lachten, bis sie am ganzen Leib zitterten und der Camry schaukelte und Tränen ihre Wangen hinabliefen.
    Endlich verebbte das Gelächter zu Keuchen und Seufzern.
    Sie schaltete ab, beendete das Gespräch mit dem Fluss und reichte ihm das Handy. Er starrte es an, als hätte er Probleme, sich zu erinnern, wozu es diente. Er sah sie an. »Wenn du Allan Rouse wärst, wo würdest du dann hingehen?«
    »Nach Hause zu meiner Frau.«
    »Das denke ich auch.« Er wählte eine Nummer.
    »Was hast du vor?«, fragte sie.
    »Ich schicke zwei Wagen rüber. Einer soll am Revier vorbeifahren und trockene Sachen mitbringen. Und ich fahre zu Rouse und nagele den Scheißkerl an die Wand.«

38
    S ie stellten sich hinter einen Streifenwagen, der bereits vor dem Haus der Rouses parkte. An Russ geschmiegt, als seine Stütze, hinkten sie zur Haustür, und Clare fühlte sich wie eine halb ersäufte Katze, die zu dem Mann heimkehrt, der sie in einen Sack gesteckt und in den Fluss geworfen hat. Der kalte Regen auf ihrer gerade erst auftauenden Haut war eine Qual. Sie dachte, der Abend hätte sie gegen weitere Schocks abgehärtet, aber sie zwinkerte überrascht, als Mrs. Marshall die Tür öffnete.
    »Gütiger Gott.« Mrs. Marshall trat mit wegen des Gestanks gerümpfter Nase einen Schritt zurück. Sie hinkten in den Eingangsbereich. »Was um alles in der Welt ist denn mit Ihnen passiert?«
    Aus dem Wohnzimmer hörte Clare den Klang von Stimmen. »Das ist eine lange Geschichte«, erwiderte sie. »Was machen Sie hier?«
    Durch den Türbogen sah sie Renee Rouse, die um Officer Mark Durkee herumwuselte, der von einer laminierten Karte einer verknitterten Gestalt im Ohrensessel die Rechte vorlas.
    »Haben Sie Ihre Rechte verstanden, so wie ich sie Ihnen vorgetragen habe?«, fragte Durkee.
    »Ich …« Allan Rouse sah an ihm vorbei zu Russ und Clare. Sein Mund klaffte auf. »Ich …«
    »Haben Sie ihm schon gesagt, was man ihm vorwirft?«, fragte Russ.
    »Für den Anfang erst einmal Einbruch, Widerstand gegen die Festnahme, Freiheitsberaubung und versuchter Mord«, zählte Durkee auf.
    »Nein!«, sagte Mrs. Rouse.
    Russ sah sie an. »Der gute Doktor hat mich und Reverend Fergusson in einen überfluteten Keller gesperrt. Wenn es uns nicht gelungen wäre zu entkommen, müsste Officer Durkee morgen nach unseren Leichen fischen.«
    »Aber … ich habe nicht …« Rouses Gesicht fiel in sich zusammen. »Ich wollte nie jemanden verletzen!« Er brach in feuchte Schluchzer aus und begrub sein Gesicht in den Händen.
    Russ plumpste in den Holzstuhl, auf dem Clare vor einer Million Jahren so zaghaft gesessen hatte. Er sah sich in dem geschmackvoll eingerichteten Zimmer um und hielt inne, als sein Blick auf Mrs. Marshall fiel. »Ma’am, was machen Sie hier? Wussten Sie von Dr. Rouses Rückkehr?«
    Mrs. Marshall stand so weit von ihnen entfernt wie möglich, ohne tatsächlich den Raum zu verlassen. »Nein. Ich bin erst vor ein paar Minuten eingetroffen und war

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