Die Bleiche Hand Des Schicksals
streckte er die Hand über den Tresen. »Angenehm. Ich hoffe, es gibt keine Schwierigkeiten.« Seine Stimme, zuvor glatt und akzentfrei wie die eines Seifenvertreters, hatte den starken ländlichen Akzent von Cossayuharie angenommen.
»Ich bin wegen Ihres Bruders hier, Mr. Ketchem. Sieht aus, als hätte Jonathon Ketchem sich am vergangenen Samstag mit seiner Frau gestritten. Er stürmte zu seinem Wagen und ist seitdem nicht mehr zu Hause gewesen. Mrs. Ketchem ist mächtig beunruhigt, und ich habe ihr versprochen, ein paar Nachforschungen anzustellen. Ich hoffe, Sie können mir helfen, ihn zu finden.«
»Ja. Janie hat mich gestern angerufen. Sagte, er wäre abgehauen und sie wüsste nicht, wo er steckt.« Ketchems Körper entspannte sich, und die Sturmwolken, die in seinen Augen gebrodelt hatten, wichen amüsierter Überraschung. »Ich kann verstehen, warum Janie sich an Sie gewandt hat. Soweit ich weiß, hat er das noch nie getan.«
»Bei Ihnen ist er nicht gewesen? Um sich abzuregen oder um sich ein paar Tage zu verkriechen? Um ihr einen Schrecken einzujagen?«
»Nein. Er ist jederzeit herzlich willkommen, aber ich habe ihn schon mindestens drei Wochen nicht mehr gesehen.«
»Sind Sie sicher? Vielleicht ist er auf dem Weg nach Norden hier vorbeigekommen und Ihr Junge hat ihn gesehen?« Harry hielt es für eine gute Idee, dem Mann, falls er seinen Bruder schützte, eine Brücke zu bauen. Er beugte sich über den Tresen, vertraulich, von Mann zu Mann. »Eigentlich mischen wir uns nicht in einen Streit zwischen Eheleuten, aber da wir jetzt nach ihm suchen«, die Tatsache, dass Harry die Zeit von keinem seiner Männer an den Fall verschwendete, überging er, »würde ich nicht gerne Geld des Departments für die weitere Suche ausgeben, wenn jemand weiß, wo er steckt.«
David Ketchem schüttelte den Kopf. »Ehrlich, ich weiß es nicht. Und Lewis, mein Sohn, hätte es mir erzählt. Janie ist ein braves Mädchen, und sie ist ihm eine gute Frau. Ich würde nicht dabei helfen, ihr einen Schrecken einzujagen.«
»Wissen Sie, ob Ihr Bruder trinkt?«
»Als wir jünger waren, haben wir hin und wieder einen hinter die Binde gegossen, aber nein, schon lange nicht mehr. Unser Vater ist einer der Kirchenältesten bei den Presbyterianern in Cossayuharie, Sie können sich also vorstellen, was unsere Leute von Alkohol halten. Ich nehme mal an, dass Jon ihrem Beispiel gefolgt ist.«
»Was ist mit Frauen? Besteht die Möglichkeit, dass es irgendwo eine heimliche Geliebte gibt, die ihn aufgenommen hat?«
Ketchem lachte. »Jon? Auf keinen Fall. Die Farm und die Familie, was anderes interessiert ihn nicht.«
Harry wischte einen imaginären Fleck von dem glänzend weißen Tresen. »Das ist nicht der Eindruck, den ich bei meinen Gesprächen mit einigen Leuten gewonnen habe. Seine Frau sagt, er wäre launisch und unausgeglichen, seit sie ihre Farm an das Conklingville-Dammbauprojekt verloren haben. Weiß einfach nicht, was er mit sich anfangen soll. Ein Freund von ihm behauptet dasselbe.« Er sah zu Ketchem hoch. »Was meinen Sie?«
David Ketchem legte die Unterarme auf den Tresen, brachte sich so auf Augenhöhe mit Harry. Er runzelte die Stirn und schaute durch das Schaufenster auf die Stoppelfelder jenseits der Tenant Mountain Road. »Ich schätze, das stimmt. Die Farm verkaufen zu müssen hat Jon schwer zugesetzt. Es war das Einzige, was er jemals tun wollte, ehrlich. Ein Farmer sein, genau wie Dad.« Er sah Harry an. »Ich habe ihm geraten, ein Geschäft aufzumachen. Farmer.« Er schüttelte den Kopf. »Man buckelt dreihundertfünfundsechzig Tage im Jahr, die gleiche Arbeit, die schon der eigene Urgroßvater gemacht hat. Und kommt im Leben nie weiter als er.« Er sah sich in seiner Filmstarwerkstatt um. »Man muss an die Zukunft denken, das habe ich ihm gesagt. Er hat bei dem Verkauf des Landes einen Haufen Geld von diesen Bodenspekulanten bekommen. Unter Wasser ist es mehr wert als damals, als er darauf Mais angebaut und Kühe geweidet hat. Das ist ein Zeichen, meinen Sie nicht? Unsere Welt verändert sich, und ein kluger Mann ändert sich mit ihr.« Die Befriedigung in seinem Blick, der über sein weißrotes Reich schweifte, ließ keinen Zweifel daran, welchen Weg David Ketchem gewählt hatte.
»Mrs. Ketchem sagte, Ihr Bruder hätte in Ihr Geschäft hier investiert.«
»Hat er, und das war auch klug von ihm. Er wird für sein Geld einiges bekommen. Jetzt, im Frühling, ist es ruhig, aber Sie sollten mal im Sommer
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