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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Warten, bis er ein Schwarzgardist war? Die Vorladungen seines Großvaters einfach ignorieren? Das würde nicht funktionieren. Der alte Mann würde nicht zulassen, dass Kip ihn auf diese Weise missachtete. Kip wusste nicht, was Andross Guile dann tun würde, aber es würde etwas Schlimmes sein. Etwas sehr, sehr Schlimmes.
    Wenn nur Gavin zurückkäme. Gavin würde ihn beschützen können. Auch wenn Kip munkeln gehört hatte, dass sich Gavin vor Andross Guile fürchtete – dass alle sich vor Andross Guile fürchteten –, kam es ihm so vor, als brauche Gavin nur zurückkommen und all seine Probleme wären im Handumdrehen gelöst. Kip könnte wieder ein Kind sein.
    Ein Kind, das die Aufgabe hatte, den Blauen zu vernichten.
    Orholam sei gnädig. Kip konnte sich auf niemanden verlassen. Er musste das Beste daraus machen. Er musste die Sache durchziehen.
    Es war spät am Nachmittag. Das Licht der Sterne dieses Viertels war auf andere Ziele gerichtet. Hier standen die Gebäude eng aneinander, und die Schatten waren lang. Er spähte über seine Schulter.
    Und tatsächlich. Ein großer, ungepflegter Mann ragte am Eingang der Gasse auf. Der Mann zog ein Messer aus dem Gürtel. Es hatte so ungefähr die Größe eines Meeresdämons.
    Kip rannte los.
    Es waren nur zwanzig Schritt bis zum nächsten Lichtbrunnen. Kip kam schlitternd zum Stehen. Er kramte in seiner Tasche und zog seine Brille heraus, während der massige Mann hinter ihm herkam. Setzte die Brille auf.
    Der große Mann blieb abrupt stehen. Hob die Hände. »Ich habe Euch … nicht gesehen, Wandler, Herr. Lief nur, äh, nach Hause. Nichts für ungut.«
    Kip hatte noch nicht einmal begonnen zu wandeln. Tatsächlich hätte er wahrscheinlich nicht einmal die Zeit gehabt zu wandeln, bevor der große Mann ihn tötete.
    Aber das wusste der Mann nicht. Er wich zurück wie vor einem wilden Tier, dann rannte er los.
    Nur ein Straßenstrolch. Nur ein Dieb. Nichts Persönliches. Keine Verschwörung. Kein Mordversuch.
    Und Kip hatte nicht einmal an die Kampfkünste gedacht, die Eisenfaust und Ausbilder Fisk ihm eingehämmert hatten. Er schaute auf seine Hände hinab. Seine Knöchel waren aufgeschürft, die ganzen Fäuste vom ständigen Gebrauch zerschunden, und Kip hatte einfach … alles vergessen. Es war ihm nicht einmal in den Sinn gekommen, dass er kämpfen könnte.
    Er steckte seine Brille wieder in eine Tasche und las das Schild an der Tür vor ihm: Janus Borig, Demiurgos.
    Er klopfte an und hätte schwören können, mehrere Stockwerke hoch zu beiden Seiten des Gässchens dunkel gekleidete Gestalten plötzlich aus dem Nichts auftauchen und wieder verschwinden zu sehen. Er spürte, wie das Gewicht verborgener Blicke auf ihm lastete.
    Du bist nervös, Kip. Ganz schön nervös.
    Eine alte Frau öffnete die Tür. Sie war fast kahl, und sie rauchte eine lange Pfeife. Lange Nase, kaum Zähne, etliche Leberflecken inmitten verblasster Sommersprossen, das Kleid mit Farbe bekleckert. Sie hätte ausgesehen wie ein vagabundierender Landstreicher, wenn da nicht ihre dicke Goldkette gewesen wäre, die gut und gern ein Sept wiegen musste. Sie war runzlig und hässlich wie eine Nachgeburt, aber offensichtlich voller Energie, und es lag eine solche Wärme in ihren Zügen, dass Kip beinahe auf der Stelle zu lächeln anfing.
    »Aha. Du bist also der Bastard«, sagte sie. »Rea hat mir gesagt, dass du kommen würdest. Tritt ein.«

44
    Das Erste, was Kip in Janus Borigs Haus auffiel, war die größte Unordnung, der er in seinem ganzen Leben begegnet war. Die Unordnung hatte ihre Pfoten in jede Ecke gesetzt, hatte in jedem Winkel ihr Fell abgeworfen. Der Boden war unter Stapeln von Kleidern verborgen, die ihn bedeckten wie herausgewürgte Haarbälle, und Bücherstapel standen wie Bäume im Raum herum, als wolle das Chaos damit sein Territorium markieren. Die Unordnung schien wenig Sinn für menschliche Wertmaßstäbe zu haben, denn alte, abgenagte Hühnerknochen lagen auf dem Boden Seite an Seite mit Perlenketten und anderen Dingen, die entweder Juwelen oder buntes Glas waren, das echten Juwelen ähnlich genug war, um Kips Augen zu täuschen.
    Das Zweite, was ihm auffiel, waren die Waffen. Janus Borig mochte Waffen. Eine spezielle Schusswaffe war an der Tür befestigt und ließ sich auf den Türspion richten – für den Fall, dass Janus beschloss, einen Besucher zu töten, statt ihn willkommen zu heißen. Andere Waffen waren überall im Raum verteilt, als habe sich die Unordnung zwischen

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