Die Blendende Klinge
dazwischengehst, wenn zwei Männer sich streiten, kriegst du nur von beiden eins drauf.«
Dann begriff sie, dass Kip es für sie tat. Er war nicht wirklich störrisch, er tat nur so, um mögliche Fragen abzuwehren. Er stieß Hauptmann Eisenfaust vor den Kopf – um Teias willen. Es reichte fast aus, um den spröden, ängstlichen Teil von ihr zu erweichen. Sie wusste, welch große Stücke Kip auf den Hauptmann hielt.
Der Große Brunnen fasste den artesischen Brunnen ein, der einen Teil von Großjasper mit Süßwasser versorgte. Durch große unterirdische Leitungen floss das Wasser in vier weitere öffentliche Areale der Stadt sowie in sämtliche Botschaften, und die Chromeria hatte ihren eigenen Brunnen. Aber für die ärmeren Bürger war der Große Brunnen die einzige Möglichkeit, um an Wasser zu kommen. Die meisten legten den strapaziösen Weg hierher mindestens einmal, wenn nicht sogar mehrere Male pro Tag zurück.
Der Brunnen selbst wurde gekrönt durch eine gläserne Statue von Karris Schattenblender, dem zweiten Prisma und Witwe des Lucidonius. Ihr Gesicht hatte sie nach oben, gen Himmel, zu Orholams Auge gewandt, und statt zu stehen, wurde sie durch einen Doppelstrahl Luxin gehalten, der sich aus ihren Händen Richtung Boden ergoss. Sie trug nur ein Hemdkleid und hatte den schlanken Körper und die breiten muskulösen Schultern einer Kämpferin. Dieser Aspekt der Statue hatte Teia immer besonders gefallen. Das hier war keine verweichlichte Lebedame.
Zu jeder Tageszeit warf mindestens einer der Tausend Sterne sein Licht auf die gläserne Statue und beleuchtete sie heller, als dies die Sonne allein vermocht hätte. Und mehrere der Sterne beleuchteten sie zusammen mit den ersten und letzten Sonnenstrahlen jeden Tages, ließen sie zu einem Leuchtfeuer in der Dunkelheit werden.
Um das fröhliche Geplätscher der zahlreichen Düsen des Brunnens floss aus einem siebenzackigen Stern Wasser in sieben Rinnen, an denen die Wartenden leicht Reihen bilden und ohne größeres Gedränge zum Brunnen gelangen und wieder weggehen konnten.
Jetzt standen dort nur wenige Bürger Großjaspers in kurzen Reihen an, füllten ihre Eimer, hängten sie in ihre Tragejoche, die sie sich auf die Schultern legten – oder, im Fall der Atashi, auf dem Kopf balancierten –, und machten sich auf den Heimweg. Eine Reihe von Läden säumte den kreisförmigen Platz um den Großen Brunnen, und ihre Geschäfte florierten. Hier waren keine Verkaufsstände erlaubt, auch keine Bettler, so dass alle Straßen, die zu diesem Platz führten, von beidem umso mehr verstopft waren.
Teia saß auf einer der Bänke am Brunnenrand. Sie hätte gern ihre Hand ins Wasser gehängt, aber sie hielt sich zurück. Die Jasperiten waren äußerst eigen, was ihr Wasser anbelangte. Irgendein übereifriger Quacksalber hatte ihnen die Vorstellung eingeimpft, dass man krank würde, wenn man auch nur einen Becher Wasser aus demselben Trog trank, in dem man seine Hände wusch.
Sie hatte keine fünf Minuten in den Tag hineingeträumt, als sie Gejohle hörte. Triumphierendes Geprahle. Die übrigen Frischlinge. Beinahe der gesamte Kurs außer ihr und Kip. Sie trugen Kruxer auf ihren Schultern.
Die Jungen ließen Kruxer vor Hauptmann Eisenfaust auf den Boden herab.
Kruxer strahlte, aber er bemühte sich, ein ernstes Gesicht aufzusetzen.
Teia musterte die anderen sorgfältig. Mindestens ein Dutzend von ihnen war offensichtlich in Kämpfe verwickelt gewesen. Kleider in Unordnung, ein abgebrochener Zahn in einem grinsenden Mund hier, eine blutige Nase dort, eines der hübschesten Mädchen im Kurs, Lucia, hatte ein zugeschwollenes Auge; einige andere konnten mit wunden Händen und blutenden Knöcheln aufwarten.
Kruxer winkte. Der gesamte Kurs reihte sich vor Hauptmann Eisenfaust auf, und nun kam Ausbilder Fisk auf einem Pferd herangeritten und stieg ab, um sich neben seinen Vorgesetzten zu stellen. Jedes Paar trat vor und überreichte Hauptmann Eisenfaust seine Münzen.
Nicht alle waren erfolgreich gewesen. Acht Paare drückten sich niedergeschlagen zur Seite. Sie waren mit leeren Händen gekommen.
Teia ließ den Blick suchend über die Menge wandern und fand schließlich Kip. Er wirkte nervös. Na großartig.
»Kruxer, dein Bericht«, sagte Ausbilder Fisk.
»Nachdem meine Partnerin Lucia und ich unsere Münzen hierhergebracht hatten, gingen wir zurück und riefen die anderen zusammen. Gemeinsam durchbrachen wir die Blockade der Bande und brachten unsere Münzen ans
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