Die Blendende Klinge
in zehn Minuten wieder da«, erklärte er dem dürren Ilytaner, der vor seiner Tür Wache hielt. Er hätte den Mann gern angewiesen, den Raum unter Einsatz seines Lebens zu verteidigen, aber alles, was Kip in diese Richtung sagen könnte, würde hysterisch und pathetisch klingen. Außerdem, wer sollte in das Zimmer des Hauptmanns der Schwarzen Garde einbrechen?
Kip hatte nicht das Geringste gesehen oder gehört, aber noch bevor er den Aufzug erreichte, hatte Samite ihn abgepasst. Sie war noch damit beschäftigt, den Gürtel mit ihrem Ataghan zuzuschnallen.
»Ihr versucht doch nicht etwa, mich aufzuhalten?«, fragte Kip, als sie den Aufzug betraten.
»Es ist nicht die Aufgabe der Schwarzgardisten, einen Schutzbefohlenen davon abzuhalten, Fehler zu machen.« Auch wenn ihr Tonfall unbeschwert war, lächelte sie nicht.
Kip biss die Zähne zusammen und senkte den Kopf. Er dachte an Janus Borig. Ich werde keine Angst haben. Sie hat Besseres verdient. Als sie an Ort und Stelle waren, klopfte er laut an Andross Guiles Tür. Die Tür öffnete sich nach einer Weile, und Grinwoody erschien im Rahmen. Aus der geöffneten Tür drang Harfenmusik.
»Ich muss mit ihm sprechen«, sagte Kip.
»Der Hohe Luxlord ist beschäftigt.«
»Sofort, Grinwoody.«
Als Kip ihn mit seinem Namen ansprach, sah er Ärger im unfreundlichen Gesicht des Ilytaners aufsteigen.
»Sofort, Holzwurm!«, insistierte Kip.
Grinwoody drehte ihm den Rücken zu und schloss die Tür. Kip schob seinen Fuß in den Türspalt.
Sein Gegenüber funkelte ihn wütend an. »Versuch ruhig, mich rauszuwerfen, du alberner Wurm«, blaffte Kip. »Versuch es ruhig.«
Grinwoody ließ seinen Blick von Kip zu Samite wandern. »Der junge Herr muss die Vorhänge geschlossen halten«, sagte er dann. Und verschwand in die Dunkelheit des Spinnenlochs.
»Seht Ihr Ultraviolett?«, wollte Kip von Samite wissen.
»Nein«, antwortete sie in einem leicht anklagenden Tonfall, der so viel besagte wie: Wenn du jemanden brauchst, der Ultraviolett sieht, dann hättest du es ja sagen können, du Armleuchter.
»Meine Schuld. Wartet hier draußen. Wenn sie mich umbringen, wisst Ihr, wer es war.« Kip wandelte sich seine ultraviolette Fackel und trat ein, ohne eine Erlaubnis abzuwarten.
Er wäre fast mit Andross Guile zusammengestoßen.
»Du darfst nicht unerlaubt hier eintreten!«, dröhnte Andross. Er holte aus, um Kip zu schlagen. Kip wich zur Seite.
»Ihr seid ein verdammter Mörder!«, schrie ihm Kip ins Gesicht.
Die Harfenistin, eine junge Frau, die auf dem Stuhl saß, den Kip normalerweise einnahm, hörte auf zu spielen und blickte verängstigt in die Finsternis.
»Was?«, herrschte Andross ihn an.
»Ihr habt Janus Borig ermordet, verdammter Feigling!«
Eine schnelle Bewegung hinter Kip. Er hatte gar nicht bemerkt, dass Grinwoody um ihn herumgeschlichen war, und eine Sekunde später hatte er Kips Arme heruntergerissen, nach hinten gebogen und sie ihm auf den Rücken gedreht. Kip verlor sein Ultraviolett, und um ihn herum wurde es schwarz. Er wurde in die Knie gezwungen.
»Janus Borig? Woher kennst du sie?«, wollte Andross wissen.
»Ihr habt sie umgebracht! Ich komme gerade von ihrem Haus!« Kip fühlte sich plötzlich völlig erledigt, machtlos, wie ein Kind. Verdammt, ein wütendes Kind.
»Warum sollte ich Janus Borig umbringen?«, fragte Andross Guile.
»Sie hat mir die schwarzen Karten gegeben, mit denen ich Euch geschlagen habe!«
»Du glaubst, ich bringe einen Demiurgen wegen eines verlorenen Kartenspiels um? Wo hast du sie getroffen? Etwa hier? Auf den Jasperinseln?«
»Lügt mich nicht an! Ihr wisst, dass sie hier war. Ihr habt mich überallhin verfolgen lassen.«
»Habe ich das? Und ich stecke also hinter jeder Übeltat, die auf der Welt passiert? Du lebst in einer recht einfachen Welt«, schnaubte Andross Guile. »Sie wurde also umgebracht? Bist du dir dessen auch sicher?«
Kip merkte plötzlich, dass er kurz davorstand, einen Riesenfehler zu begehen. Alles, was er sagte, konnte Andross Guile mit Informationen versorgen, über die er noch nicht verfügte. »Warum sollte ich glauben, dass Ihr sie nicht getötet habt?«, fragte Kip.
»Weil sie mir vor langer Zeit zwei große Gefallen getan hat«, antwortete Andross. »Wir waren eine Zeitlang Freunde. Das war so ihre Art, weißt du. Sich mit Leuten anzufreunden, sie für ihre Künste zu benutzen und dann wieder zu verschwinden. Wahrscheinlich hat sie auch dich benutzt.«
Nein, das hatte sie nicht getan. Nicht
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