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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Mitternacht. Jeden Tag.
    Der Schwarzgardist führte Kip vorbei an den anderen, die ihn misstrauisch ansahen, aber keinen Einspruch erhoben, zu einem kleinen Raum. Er öffnete die Tür, sie war nicht abgeschlossen.
    »Solange wir leben, wird kein anderer als der Hauptmann diesen Raum betreten.« Er zögerte, dann fügte er hinzu: »Doch sei gewarnt: Wenn du etwas aus diesem Raum stiehlst, wird das schlimme Folgen für dich haben.«
    »Ja, ja, danke. Natürlich«, stammelte Kip.
    Eine Riesenwelle der Erleichterung flutete über ihn hinweg. Ihr folgte rasch die Erschöpfung und dann, als er sich in Eisenfausts Zimmer umsah, Unbehagen.
    Irgendwie kam es ihm seltsam vertraulich vor, hier zu sein. Kip hatte sich den riesenhaften Hauptmann der Schwarzen Garde nie als jemanden vorgestellt, der überhaupt ein eigenes Zimmer hatte . Lächerlich, natürlich. Wo dachtest du denn, würde er schlafen, Kip?
    Das Zimmer passte zu seinem Bewohner: sauber, ungeachtet Eisenfausts hohem Rang recht klein, mit kunstvollen Schnitzereien verzierte kissenlose Stühle aus schwarzer Eiche, über das schmale Bett eine grün-schwarz karierte Decke gebreitet, an der einen Wand ein Gestell mit vielen edlen Waffen und gegenüber vom Bett ein umwerfend schönes Gemälde. Es zeigte eine junge Frau. Sie hatte das Haar zu einem hohen Knoten aufgesteckt, in ihren schwarzen Augen schimmerten orangefarbene Halos, das wunderschöne Kinn war leicht angehoben, ein winziges spöttisches Lächeln umspielte ihre Lippen. Kip verstand nicht das Geringste von Malerei, aber selbst seinem ungeschulten Auge war klar, dass dieses Bild eine erstklassige Arbeit war.
    Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinem versunkenen Schwelgen. Er öffnete. Der ernst blickende Schwarzgardist reichte ihm ein Handtuch. »Er lässt seine Gäste in diesem Stuhl sitzen«, erklärte der Mann mit einer deutenden Handbewegung. »Du kannst ihn näher ans Feuer schieben. Ist es ein so dringlicher Notfall, dass wir Meldegänger nach ihm schicken müssen, oder kannst du auf ihn warten?«
    »Ich warte. Warten ist in Ordnung«, versicherte Kip. »Vielen Dank.«
    Die Tür fiel ins Schloss, und Kip wurde von seinen Gefühlen übermannt. Sein Wunsch, ein Schwarzgardist zu werden, war so stark, dass er glaubte, sterben zu müssen, wenn es ihm nicht gelang. In Notlagen ruhig und gefasst; sicher und entschieden in Situationen der Unsicherheit; gefährlich, souverän, gebieterisch.
    Kip trocknete sich ab, so gut er konnte, dann breitete er die beiden Umhänge zum Trocknen aus und setzte sich mit dem Stuhl ans Feuer.
    Während er in der Wärme saß, kam Kip eine Idee. Er wandelte das Infrarot direkt aus dem Feuer und zog es durch seine Haut. Ihm war auf der Stelle warm. So konnte er sogar seine Kleider trocknen – allerdings nicht zu schnell, damit er sich nicht selbst verbrannte. Verdammt, wenn er kein solcher Trottel gewesen wäre, hätte er in das brennende Gebäude zurückgehen können. Er hätte die Hitze von sich selbst wegwandeln können – und was dann? Noch ein paar Schätze retten? Dann wäre er wohl noch im Haus gewesen, als es in die Luft flog. Vielleicht hätte er Schutzschilder um die Pulverfässer wandeln können. Wenn er ein bisschen nachgedacht hätte.
    Er war nicht einmal auf den Gedanken gekommen, sich einen Regenschirm zu wandeln, um trocken zu bleiben, als er durch den Regen zurück zur Chromeria ging. Es war ihm einfach nicht in den Sinn gekommen. Für all das war er geistig einfach nicht schnell genug. Ein Versager, ein Dummkopf. Das würde seine Mutter sagen.
    Andererseits war er eben nicht sein ganzes Leben lang ein Wandler gewesen, sondern er war es erst seit ein paar Monaten. Noch war alles Kopfsache, nichts instinktiv. Er schob den Gedanken beiseite, seine Sorgen, die Lügen seiner Mutter.
    Das Kartenschächtelchen roch nach Tabak. Janus Borig hatte ihre wertvollsten Karten in ihrem Tabak versteckt. Und ihre Rechnung war aufgegangen. Hatte was drauf, die schrullige Alte.
    Kip hatte sie gemocht.
    Sein Lächeln verblasste rasch wieder. Gütiger Orholam, sie war tot . Ermordet.
    Von Andross Guile. Ein abgrundtiefer Hass machte sich in ihm breit. Er stand auf. Folge deinem Bauchgefühl, Kip. Mal sehen, ob der Mann nur den Mut dazu hat, Meuchelmörder anzuheuern. Kip legte die Kartenschachtel auf den Tisch. Bleib in Bewegung, Kip. Überall lauern Schwäche und Furcht. Er warf sein Messer auf das Bett. Es war hier sicherer als irgendwo sonst.
    Er ging zur Tür hinaus. »Ich bin

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