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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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die zum Dienst in Dazens Armee zwangsrekrutiert worden waren – zumindest jene, die die Schlacht von den Getrennten Felsen überlebt hatten –, waren binnen weniger Monate wieder nach Hause zurückgekehrt, und die Stadt hatte sich schneller als jede andere an der Südküste des Meeres vom Krieg erholt.
    Der Corregidor der Stadt war Kata Ham-haldita, der Sohn des atashischen Satrapen. Die Bezeichnung war tyreanischer Herkunft, eines der wenigen Überbleibsel aus der Zeit, da der heutige Ostteil von Atash zu Tyrea gehört hatte. Als der Corregidor zur Verhandlung ins Feldlager kam, hatte der Farbprinz entlang der breiten Straße, die zum Lager und in dessen Mitte führte, alle Farbwichte seiner Armee verteilt. Sie hatten Anweisung, sich im Freien und gut sichtbar zu bewegen, dem Corregidor keinerlei Beachtung zu schenken und ihren Routinetätigkeiten nachzugehen. So würde er glauben, dass es noch viel mehr von ihnen in der Armee gab.
    Es wurde zweifellos ein beängstigender Spaziergang, und als der Junge eintraf, war er völlig eingeschüchtert. Er war tatsächlich noch ein Junge, denn obwohl er nun nominell über eine der reichsten Städte in den Sieben Satrapien herrschte, war er doch erst zwanzig Jahre alt und für sein Alter noch recht kindlich.
    Liv erwartete Corregidor Ham-haldita und seine beiden Leibwächter vor dem Zelt des Farbprinzen. Ihre Anwesenheit schien den jungen Mann wieder etwas aufzurichten. Er lächelte sie an, als sei er es gewohnt, Frauen allein mit diesem Lächeln für sich zu gewinnen. Er war ein hübscher Junge, wenn auch sehr hager und schmalschultrig. Liv bevorzugte Männer, die auch wie Männer aussahen; sie schenkte ihm ein freundlich-neutrales Nicken. In Wirklichkeit pochte ihr Herz heftig – nicht wegen des Jungen, sondern weil sie hier mit dabei sein durfte. Sie hatte ihr schönstes Kleid angezogen, und sie sah, dass der Jüngling das zu schätzen wusste.
    »Corregidor, wir sind sehr erfreut, dass Ihr gekommen seid, um Euch zu uns zu gesellen. Der Prinz ruht sich drinnen aus. Kommt Ihr mit hinein?«, fragte sie.
    Er sah seine Leibwächter fragend an, doch Liv trat einfach ins Zelt, ohne auf eine Antwort zu warten. Nach kurzem Zögern folgte der Corregidor mit seinen Männern.
    Im Zelt war es dunkel, dunkler als gewöhnlich und dunkler als nötig. Drinnen befand sich ein einziger Sessel, der Thron, und nichts weiter, nicht einmal ein Teppich. In den Sessel gelümmelt saß der Farbprinz. Er rührte sich nicht, als Liv hereinkam. Als dann Corregidor Ham-haldita folgte, hob der Farbprinz den Kopf, und seine Augen begannen in einem trüben Rot zu leuchten, der Farbe frisch geschmiedeten Eisens. Er stand auf, und die übereinanderschabenden Luxin-Schichten erzeugten ein Geräusch, als kratze Stahl über Stahl.
    Ein Schimmer fahlgelben Lichts überlief seine Umrisse und beleuchtete jede Schrunde, jedes Gelenk und jede Naht. Er reckte sich, als schüttele er den Schlaf ab, und jede blaue Panzerplatte auf seinem Körper glühte auf und verblasste wieder, dann jede rote Naht, dann jedes grüne Gelenk, bis hinauf zu dem kaum sichtbaren Blassviolett, das in einer Krone um seinen Kopf pulsierte.
    Dem Corregidor klappte die Kinnlade herunter, und sein verblüffter Gesichtsausdruck ließ Liv beinahe laut auflachen, aber sie biss die Zähne zusammen. Seine Begleiter schienen kurz davor zu stehen, ihre Waffen zu ziehen, aber auch sie wirkten verängstigt.
    »Corregidor«, erhob der Prinz die Stimme. »Willkommen. Wollt Ihr ein paar Schritte mit mir gehen?«
    Der Corregidor musste sich erst einmal räuspern, um sprechen zu können. »Gewiss.«
    Liv gesellte sich zu den beiden Anführern und ihren Wachen und bezog, wie sie angewiesen worden war, die rechte Seite des Corregidors, während der Prinz zu seiner Linken ging. Gefangen zwischen Hoffnung und Furcht, hatte der Prinz das genannt.
    Hoffnung worauf? Liv hatte sich nicht wirklich zu fragen getraut.
    Sie glaubte nicht, dass sie hübsch genug war, um die Aufmerksamkeit eines zukünftigen Satrapen zu erregen, doch wenn der Farbprinz Erfolg hatte, würde dieser Knabe ohnehin niemals Satrap werden. Aber er wusste das jetzt noch nicht. Was dann? Sollte Liv seine Mätresse werden? Gespielin für eine Nacht? Liv wurde wieder einmal schlagartig bewusst, dass sie als Frau ganz allein war. Wenn der Farbprinz wollte, dass Corregidor Ham-haldita ihr eine der Huren-Wertmarken zusteckte, gab es für sie keine Möglichkeit, das abzulehnen. Nicht gerade jene

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