Die Blendende Klinge
ausstehen, wenn man ihr das Gesicht mit zerborstenem Schiff beschmutzt, und ich habe das mehr als einmal getan. Mehr als dreimal.
Der Hai hat sich wieder erholt, schießt davon, für eine Sekunde denke ich, ich sei in Sicherheit, denke, dass Ceres vernünftig sein wird. Es gibt dort draußen noch anderes Fleisch. Da macht der Hai kehrt und kommt zurück.
Das sind Missgunst und Wut. Das ist Ceres selbst. Und sie ist es gewohnt, alle, die ihr trotzen, mit schierer, brutaler Gewalt zu zermalmen.
»Ceres! Tu das nicht!«
Ich habe immer noch eine Pistole. Habe meine Muskete verloren, als sie während des Kampfes mit dem Prisma und seinen Schwarzgardisten in meinen Händen explodiert ist – was mich rasend macht; das ist doch unmöglich, ich habe noch nie im Leben zu viel Pulver in eine Muskete geladen. Aber das ist etwas, worüber ich mir später Gedanken machen kann. Die Pistole könnte, meinem Sturz ins Wasser zum Trotz, vielleicht sogar noch funktionieren. Ich habe jahrelang versucht, meine Pistole wasserfest zu machen. Gegen einen richtigen Sturz ins Wasser hat jedoch bisher nichts geholfen, und es wäre ohnehin Narretei, ins Wasser zu schießen. Ceres’ Meereshaut beschirmt ihresgleichen. Also ziehe ich stattdessen lieber mein Messer, dessen Klinge drei Hände lang ist.
»Verdammt sollst du sein, Ceres. Ich habe gesagt, dass es mir leidtut!« Meeresdämonen sind Ceres’ Söhne. Ich habe einen getötet, vor Jahren. Sie hat mir noch nicht verziehen. Wird mir nicht verzeihen, bis ich ihr etwas ganz Besonderes opfere.
Der Tigerhai kommt direkt auf mich zu. Keine raffinierten Manöver mehr.
Er greift an, und meine Fersen treffen erneut hart auf seine weiche Nase. Diesmal fange ich den Schlag teilweise mit meinen Knien ab, so dass ich dem Biest noch immer einen ordentlichen Schock versetze, ohne mich aber wieder so weit zurückwerfen zu lassen. Ich steche nach dem Auge, verfehle es und grabe dem Hai das Messer tief in die Kiemen. Ziehe es heraus, und ein purpurroter Schwall folgt der Klinge wie Feuer, das aus dem Kanonenrohr schlägt.
Ein tödlicher Streich, aber kein schneller Tod. Verdammt. Es sollte eigentlich ganz schnell gehen.
Die Wunde rötet das Wasser im Schein der hoch am Himmel stehenden Sonne, und der Tigerhai dreht ab. Ich schwimme, als sei mir eine tobende Göttin auf den Fersen. Ich erreiche das Dingi, gerade als sich mir einige jüngere Tigerhaie nähern. Sie sind kleiner als Ceres’ Höllenhund von eben, ihre Tigerstreifen-Musterung tritt noch deutlich hervor.
Es ist ein Wunder, dass das Dingi heil geblieben ist – ein Wunder, das allerdings ein wenig geschmälert wird durch die Tatsache, dass ihm die verdammten Riemen fehlen. Ich stehe mit gespreizten Beinen auf und sehe, dass auch andere Männer auf das Dingi zugeschwommen kommen. Der erste ist ein Parianer von fast sechs Fuß Größe. Er heißt Nepper, und das zu Recht.
Dieser verdammte Flachkopf hat irgendwie seine schmutzigen Pfoten auf zwei Ruder bekommen. Er wirkt nicht gerade erfreut zu sehen, dass ich bereits in dem Dingi bin.
»Du siehst nass aus«, sage ich. Ich hab keine Ruder, aber ich schwimme nicht mit Haien im Meer. Und Haie fressen keine Ruder.
»Bootsmann«, erwidert Nepper. »Du bist der Kapitän. Und wir brauchen eine Besatzung. Schlag ein oder lass es. Aber Wind und Wellen werden dich von hier aus kaum ans Ufer blasen.«
Er ist schnell. Das habe ich an Nepper immer gehasst. Ein gefährlicher Bursche. Trotzdem, wie gut kann er als Schwindler schon sein? Wenn er sich selbst Nepper nennen lässt.
»Dann reich mir die Riemen, Bootsmann, damit ich dir hereinhelfen kann«, sage ich.
»Fahr zur Hölle.«
»Das war ein Befehl«, wiederholt Kanonier.
»Fahr zur Hölle«, sagt Nepper, lauter und ohne die Tigerhaie zu beachten.
Ich gebe nach. Ich gebe niemals nach.
Nepper besteht darauf, die Riemen festzuhalten, während ich ihn ins Dingi ziehe – und das ist gut so. Es sorgt dafür, dass seine Hände etwas zu tun haben, während ich ihm mein Messer durch den Rücken ramme und ihn auf das Dollbord nagele.
Noch während die Männer fluchen, die vom Wasser aus zusehen, überrascht über den plötzlichen Verrat, versuche ich Neppers Fingern die Riemen zu entwinden. Er ist bereits tot, die Hände krampfhaft erstarrt. Ich muss den Kolben meiner Pistole nehmen, um seinen Griff zu brechen, und lasse die Riemen in das Dingi fallen.
Ich kann ohne Mühe im Boot stehen, obwohl es wie ein Korken über die Wellen hüpft. Ich
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