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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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war.
    Trotzdem warf sie zuerst einen Blick in die Bibliothek, nur um sicherzugehen, dass sie nicht doch falschlag. Sie ging an den Praktikumsräumen vorbei, aus denen sie die fluchenden Stimmen von Jungen hörte, denen das Wandeln misslungen war. Sie schaute auch in seinem persönlichen Trainingsraum unter dem Turm nach. Dann begab sie sich auf die Ausgangsebene. Sie überquerte den Lilienstiel gegen den Strom der Menschen, die jeden Morgen mit der Dämmerung zu ihrer Arbeit in den sieben Türmen der Chromeria herüberkamen, und ging auf Großjasper weiter. Sie wusste, dass die anderen Schwarzgardisten bereits über beide Inseln ausgeschwärmt waren und nach ihm suchten. Angesichts der Kriegserklärung fühlte sich keiner von ihnen bei dem Gedanken wohl, dass ihr Prisma ganz allein unterwegs war. Der große Schwachkopf.
    Noch immer fühlte sich Karris auf merkwürdige Weise lebendig. Es kam ihr so vor, als hätte sie zum ersten Mal seit Jahren eine Zukunft. Ein Leben schien ihr nun möglich. Sie war voller Zuversicht.
    Sie erreichte die Ostbucht. Die Fischerboote waren bereits draußen, obwohl es noch kaum hell war. Männer und Frauen pressten Seetang, um ihn dann in der Sonne trocknen zu lassen. Die Flut kam gerade herein, und sie sah einige Matrosen zu ihren Schiffen zurücktaumeln. Seeleute, die zweifellos deutlich über den Durst getrunken hatten, um sich für die Wochen und Monate der bevorstehenden Entbehrungen auf See zu stärken.
    Eine Kolonne von Galeerensklaven, die mit ihren Handgelenken an einen langen Pfahl gekettet waren, marschierte auf die gleichen Schiffe zu. Sie wirkten gesund und sauber, mit langen, sehnigen Muskeln und keinem bisschen Fett am Körper. Manche Schiffseigner behandelten ihre Galeerensklaven mit mehr Sorgfalt als andere. Schließlich ruderten kranke und schwache Sklaven auch langsamer, und die Spannungen mit Ilyta sowie der allgemeine Mangel an Kriegen hatten die Sklavenpreise in den letzten zehn Jahren in die Höhe getrieben, wodurch es viel teurer geworden war, sich neue zu beschaffen.
    Ein Duft in der Luft nahm Karris gefangen, und sie musste unwillkürlich vor einem kleinen Laden anhalten, in dem sie seit Jahren nicht mehr gewesen war. Dort köchelten Töpfe voll Kopi langsam vor sich hin, und zu dieser frühen Morgenstunde war Kopi einfach herrlich erfrischend. Besonders wenn man den größten Teil der Nacht über wach geblieben war.
    »Ah, meine Lieblingsschwarzgardistin!«, begrüßte Jalal sie. Er war eine kleine, runde ilytanische Fettkugel. Karris kam es so vor, als hätte er bei ihrem letzten Besuch noch mehr Zähne gehabt. »Wachhauptfrau …« Er schnippte suchend mit den Fingern.
    »Weißeiche«, sagte sie grinsend.
    »Ah, natürlich! Ich bitte um Verzeihung.« Er schnappte sich ein frisches Stück Zwiebel und eine billige Tontasse und schöpfte heißen Kopi hinein. Er goss ein wenig der dampfend heißen Flüssigkeit in eine saubere Untertasse, die er rasch hin und her schwenkte, schüttete ihren Inhalt wieder in die Tasse und wiederholte die Prozedur mehrmals, bis der Kopi die ideale Trinktemperatur hatte. Dann fischte er das Stück Zwiebel wieder heraus und rührte einen halben Löffel ilytanischen Zucker hinein.
    »Großartig«, sagte Karris. »Ihr habt es nicht vergessen.«
    »Ein Kopi-Kocher vergisst niemals.« Er tippte sich dreimal mit dem Zeigefinger an die Stirn und zog dann genau die Art von kleinem Süßgebäck hervor, die Karris so mochte. »Wie wär’s?«
    Sie lächelte. »Ihr seid ein Phänomen.« Es war wunderbar. Genauso wie vor Jahren, und der Kopi war einfach herrlich.
    Sie zahlte, fühlte sich durch das anregende Getränk und das Gebäck neu belebt, und ging weiter, Richtung Ebenholzhügel. Es gab dort ein Anwesen, von dem aus man eine großartige Sicht über die Bucht und auf den Sonnenaufgang hatte. Dazen hatte ihr den Platz gezeigt, als sie frisch verliebt gewesen waren.
    Er hatte nicht bei ihr zu Hause an die Tür geklopft oder etwas vergleichbar Gesittetes unternommen. Stattdessen hatte er ihr gezeigt, wie man auf den Zaun kletterte und von dort weiter auf das zwiebelförmige Kuppeldach eines Nachbarhauses. Es war dort ruhig und friedlich gewesen, und für ein junges Mädchen hatte es etwas geradezu Verruchtes gehabt.
    Dort hatten sie sich zum ersten Mal geküsst, nachdem sie die ganze Nacht über Händchen gehalten und geredet hatten.
    Wie jedoch sollte sie das Thema zur Sprache bringen? »Gavin, du Riesenschwachkopf, ich weiß schon seit

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