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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Wenn er das Praktikum mitgemacht hätte, hätte er nun hundert andere Dinge tun können, die besser funktionierten – aber das hatte er eben nicht. Er wusste, wie man große grüne Kugeln machte. Toll. Er war der unverständige Junge aus Tyrea, der es nun mal nicht besser wusste. Aber er würde es ihnen zeigen.
    Die Kugel schwoll an, bis sie größer war als sein Kopf, und mit einem Schrei stieß Kip seine Hände nach vorn.
    Die grüne Luxin-Kugel schoss mit großer Geschwindigkeit auf Brusthöhe davon. In dem engen Durchgang konnten die Männer nirgendwohin ausweichen. Die Kugel prallte von einem Mann in der ersten Reihe ab und sprang dann zwischen den Männern hin und her. Fünf bis zehn der Angreifer gingen zu Boden, während die übrigen auf den offenen Platz strömten.
    Kip streckte die andere Hand aus und sammelte das Blau zu einer Speerspitze, bereit, sie durch die Männer hindurchzuschießen.
    Du kannst sie nicht umbringen! Die blaue Rationalität verdrängte die Wildheit, und Kip zögerte. Fast hätte er seine Konzentration und damit auch das Blau ganz verloren, doch es gelang ihm, sich wieder zu sammeln. Peng, peng, peng! Er schoss den Angreifern kleine blaue Bälle entgegen, zielte tief, auf die Beine. Einer versuchte, dem Geschoss durch einen Sprung auszuweichen, wurde mitten in der Luft ins Straucheln gebracht und landete auf dem Gesicht. Andere Bälle zerbarsten und schossen den Männern kleine Splitter durch die Kleider.
    Es war zu viel für diese Horde einfacher Straßenräuber. Gerade als sie annähernd weit genug gekommen waren, dass Kips Wandeln ihm nicht mehr helfen würde und ihre Überzahl ihnen den Sieg versprochen hätte, geriet ihr Angriff ins Stocken. Die Straßenräuber wandten sich zur Flucht und hielten nicht einmal an, um ihren Verletzten zu helfen.
    Kip setzte hastig seine grüne Brille auf – zu dumm, er hatte vergessen, sie vor dem Kampf aufzusetzen! – und zog mehr Grün in sich hinein. Er wandelte eine weitere grüne Kugel in seine Hände und hielt sie fest, wobei er versuchte, bedrohlich auszusehen.
    Die Verletzten rappelten sich auf, so gut es ging, und folgten den anderen, aber ein Stück den Durchgang hinunter sah Kip im Dämmerlicht zwischen den Gebäuden eine einzelne schmale Gestalt stehen, die irgendetwas hochhob und an den verwundeten Männer, die die Gasse hinabhumpelten, vorbeispähte.
    »Kip«, sagte Lucia und klopfte ihm auf die Schulter. Sie grinste beinahe vergnügt. »Du warst großartig! Das war der beste …«
    Von der Gasse her ein kurzer Blitz, eine Wolke weißen Rauchs, von hinten erleuchtet, als Lucia in Kips Sichtfeld trat.
    Etwas Warmes spritzte über Kips Gesicht, nahm ihm die Sicht. Er verlor das Grün. Lucia fiel schwer gegen ihn, und im selben Sekundenbruchteil, als ihr Körper ihn berührte, wusste er, dass etwas entsetzlich schiefgelaufen war.
    Sie stürzten gemeinsam zu Boden. Kip fing sie auf, und sie lag in seinen Armen, ihr Hals von einer Musketenkugel halb abgetrennt. Dem Körper war noch nicht klar, dass sein Tod bereits eine ausgemachte Sache war. Er pumpte Blut, Blut, Blut.
    Keiner rührte sich. Jemand schrie auf. Ausnahmsweise wusste nicht einmal Kruxer, was zu tun war. Verzweifelt zog er Lucia aus Kips Armen und hielt sie in den eigenen.
    Binnen zwei Minuten trafen die Schwarzgardisten ein. Befehle wurden erteilt, Nachforschungen eingeleitet, Fragen gestellt, die Kip benommen beantwortete. Schwarzgardisten, nur mit spärlichsten Beschreibungen ausgestattet, rannten davon, in der Hoffnung, den Mörder dingfest machen zu können. Kip erhob sich, wie betäubt. Jemand hatte ihm ein Tuch gegeben und ihm das Blut einigermaßen aus dem Gesicht gerieben. Noch immer hielt er das blutige Tuch schlaff in der Hand, stand einfach nur da und wusste nicht, was er mit sich anfangen sollte.
    Kip sah zu Kruxer, der immer noch Lucias Körper hielt und weinte, und er wusste, dass der Junge in sie verliebt gewesen war.
    Orholam, erbarme dich.
    Kip musste immerfort das absolut Dümmste denken: Ich habe nicht einmal den Schuss gehört. Ich habe ihn nicht einmal gehört.

89
    Karris glaubte, genau zu wissen, wo Gavin sich aufhielt. Wenn er sich nicht in seinem Zimmer befand, hieß das, dass er sich einen Fallschirm gewandelt hatte und vom Turm des Prismas gesprungen war. Er liebte das. Eine Schau abziehen. Und da niemand gewusst hatte, dass er fliehen wollte, hatte auch niemand sein Verschwinden gemeldet. Die Leute wussten ja nicht, dass es wichtig

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