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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Unbeweglichkeit des in seine Haut eingewebten Luxins machten es in ihrem Zusammenspiel schwierig, mehr in seinem Gesicht zu lesen als das offenkundigste Mienenspiel, doch rief sie sich ins Gedächtnis, dass es nicht zugleich auch bedeuten musste, dass er keine tiefen Gefühle empfand. In seinen Augen kreiselten die Farben ungehindert, aber Liv nahm an, dass auch sie nur dann zuverlässige Indikatoren für seine Gefühle waren, wenn er wirklich starke Empfindungen hegte. Es machte ihn zu einer Chiffre, einem Rätsel.
    Ultraviolette liebten Chiffren. Sie zu knacken.
    »Wisst Ihr, wer ich war?«, fragte der Farbprinz.
    »Nein.«
    »Und ich werde es Euch auch nicht verraten. Wisst Ihr, warum?«
    »Weil Ihr nicht wollt, dass ich es weiß?«, riet sie aufs Geratewohl.
    »Nein. Weil Ultraviolette es lieben, Geheimnisse ans Licht zu bringen. Und wenn ich Euch nicht darauf ansetze, etwas ans Licht bringen zu wollen, was für mich keine Rolle spielt, wärt Ihr vielleicht klug genug, um etwas ans Licht zu bringen, wovon ich nicht will, dass es bekannt wird.«
    »Ganz schön diabolisch«, sagte sie anerkennend.
    Luxin schoss aus ihm heraus und krachte in ihre Brust. Sie taumelte, verlor das Ultraviolett und spürte etwas Beengendes um ihren Hals.
    Während sie mit den Beinen strampelte, begriff Liv, dass sie von den Füßen gerissen worden war. Nein, nicht nur von den Füßen. Sie hing über dem Balkongeländer, gehalten von einer Faust aus Luxin, die ihren gesamten Kopf umgab. Sie packte die Faust und versuchte sich hochzuziehen, versuchte zu atmen, versuchte, den Griff dieser Faust zu lösen – in wilder Panik und ohne sich auch nur darüber klar zu werden, dass diesen Griff zu lösen das Letzte war, was sie jetzt wollen sollte. Wenn sie aus dieser Höhe fiel, würde sie sterben. Ihr Kopf fühlte sich heiß an, alle Adern traten hervor, und ihr war, als müssten gleich ihre Augen explodieren.
    Die Augen des Farbprinzen waren grellrot und glühten wie Kohlen. Er blinzelte. Dann flutete das Gelb wieder in den Vordergrund, und Liv wurde zurück auf den Balkon geschwungen und losgelassen.
    Hustend sank sie auf die Knie.
    »Ich … die Chromeria hat das, was wir tun, dämonisiert«, schnarrte der Prinz. »Buchstäblich. Sie haben uns zu Teufeln gemacht, und ich werde es nicht tolerieren, wenn jemand Gutes böse nennt und Böses gut. Ich … ich habe mich schlecht verhalten.«
    Liv zitterte, und es war ihr peinlich. Sie hatte das Gefühl, weinen zu müssen, und war deswegen wütend auf sich selbst. Sie war eine Danavis. Sie war mutig und stark, und sie würde nicht zusammenbrechen wie ein kleines Mädchen. Sie war eine Frau, siebzehn Jahre alt. Alt genug, um eigene Kinder zu haben. Sie würde nicht zusammenbrechen.
    Sie erhob sich und machte einen Knicks, wobei ihre Knie nur ein wenig schlotterten. »Entschuldigt, hoher Herr. Ich wollte Euch nicht kränken.«
    Er schaute über die Bucht und legte die Hände auf das Geländer. Er hatte seinen Zigarro verloren und zündete sich einen neuen an. »Euer Zittern braucht Euch nicht peinlich zu sein. Es ist eine normale Körperreaktion. Ich habe schon die furchtlosesten Kriegsveteranen genauso zittern sehen. Eure Verlegenheit lässt es wie Schwäche erscheinen. Schenkt ihm einfach keine Beachtung. Es geht vorüber.«
    Liv bemühte sich, eine gelassene Miene auf ihr Gesicht zu malen, als trüge sie sie dick mit Kajal auf, und wandelte Ultraviolett. Es half. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, wie zum Schutz vor der Abendkälte, aber in Wirklichkeit, um ihr Zittern zu verbergen. »Also, hoher Herr?«
    Er neigte den Kopf zur Seite. »Also?«
    »Also habt Ihr einen Plan für mich.«
    »Natürlich habe ich den.«
    »Und Ihr werdet ihn mir nicht verraten.«
    »So ein kluges Mädchen. Ich werde Euch einen Tutor zuteilen, der fast alle Eure Fragen beantworten wird.«
    »Bis auf diese eine?«
    Er grinste. »Es werden noch ein paar weitere offenbleiben.«
    »Wer ist dieser Tutor?«
    »Ihr werdet ihn erkennen, wenn Ihr ihn seht. Jetzt geht. Ich habe noch grausigere Aufgaben zu erledigen, bevor das Licht erlischt.«

16
    Eisenfaust stand vor Andross Guiles Gemächern, als Kip herauskam. Wie immer war er einschüchternd riesig, aber Kip lernte den Hauptmann der Schwarzen Garde langsam besser kennen, und mehr als alles andere spiegelte sich auf Eisenfausts Gesicht die Neugier.
    »Ich habe schon Satrapen in einem weitaus schlimmeren Zustand aus diesem Raum kommen sehen«, bemerkte

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