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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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würde sich der Welt so stellen, wie sie war.
    Sie hatte irgendwo in einem ihrer Fächer einmal das folgende Zitat gehört: »Die Wahrheit ist mir so teuer, dass ich, wenn Orholam auf einer Seite stünde und die Wahrheit auf der anderen, selbst meinem Schöpfer den Rücken zukehren würde.«
    Dann war es eben so. ›Treue einem‹ war das Motto der Danavis. Livs Treue würde der Wahrheit gelten.
    Der bloße Gedanke jagte ihr Angst ein, als sie an all die Entscheidungen dachte, die sie ständig auf der Grundlage dessen traf, was richtig war – und was richtig war, basierte auf dem, was heilig war – und was heilig war, basierte auf dem, was die Chromeria als heilig lehrte – was wiederum auf dem basierte, was die Chromeria von Orholam zu wissen glaubte. Was passierte, wenn man diese zentrale Achse, um die sich alles drehte, einfach herauszog?
    Aber zugleich war es auch ungeheuer befreiend. Sie würde stark sein. Es war schwer, aber sie würde es schaffen. Sie würde nicht vor bitteren Wahrheiten zurückschrecken oder sich tröstenden Illusionen hingeben. Sie würde eine Kriegerin für die Wahrheit sein.
    Liv beendete ihr Bad, Stahl in ihrem Rückgrat, und dachte nicht mehr daran zu weinen. Und dann aß sie, was die alte Frau ihr brachte, obwohl es nur eine dünne Brühe mit ein paar Kartoffelstückchen war.
    »Es entspricht nicht ganz dem, was ich sonst so gewohnt bin, aber na ja, es ist Krieg, wie Ihr wisst«, sagte die alte Frau und zwinkerte ihr zu.
    Liv lachte.
    »Wenn ich mit Euren Kleidern fertig bin, werde ich Euch etwas viel Besseres vorsetzen können, das verspreche ich.«
    Als sie aufgegessen hatte, fühlte sich Liv schon viel, viel besser. Sie bedankte sich bei der alten Frau und trat nach draußen.
    Zymun saß auf einer roh behauenen Bank und warf aus seiner einen Hand kleine blaue Scheiben in die Luft, die er dann mit Grün aus der anderen Hand beschoss.
    »Hast du etwa die ganze Zeit auf mich gewartet?«, fragte Liv.
    Er warf eine blaue Scheibe hoch und zersprengte sie in tausend Splitter, mit größerer Wucht, als eigentlich notwendig war.
    »Ah, ich hatte dich ganz vergessen.« Hoppla, das war nicht so herausgekommen, wie sie es eigentlich gemeint hatte.
    »Du glaubst wohl, du kommst mit diesem Scheiß durch, weil du so schön bist?«, fragte Zymun. »Wenn ja, dann lass es lieber.«
    »Warum sagst du das immer wieder? Ich weiß nicht, ob das ein zweifelhaftes Kompliment sein soll oder einfach eine dumme vorsorgliche Beleidigung.« Sie war nicht schön. Das wusste sie. An ihren besten Tagen konnte sie vielleicht ein bisschen niedlich sein. Jeder, der etwas anderes behauptete, versuchte, etwas bei ihr zu erreichen.
    Zymun sah sie an, als wolle er sich auf sie stürzen, aber dann zuckten seine Mundwinkel. »Vorsorgliche Beleidigung?«, fragte er. »Hast du das selbst erfunden?« Aber er grinste.
    »Ich hatte gehofft, dass es dir nicht auffällt.« Sie sah ihn verdrießlich an und kam sich reichlich dumm vor. »Ich hatte gedacht, du wärst kein Blauer«, fügte sie hastig hinzu. Er hatte fünf Farben auf Umhang und Armschienen, aber darunter weder Blau noch Ultraviolett.
    »Noch nicht«, erwiderte er. Er wandelte eine weitere blaue Scheibe. Liv konnte erkennen, dass die Farbe nicht ganz stimmte, und in kaum mehr als einer Sekunde zerfaserte die Scheibe und löste sich auf. »Ich hoffe, dass ich es mit der Zeit hinkriege. Ich bin schon so nahe dran, dass es mich zur Weißglut treibt. Mit Blau lässt sich so viel anstellen. Außerdem, so schön es auch ist, ein Fünfer zu sein, ich träume einfach davon, ein Vollspektrum-Polychromat zu sein.«
    Er strebte danach, ein Sieben-Farben-Wandler zu werden, und seine Begründungen waren genau die gleichen, die Liv vor einigen Monaten vorgebracht hatte, als sie unbedingt die Anerkennung ihrer zweiten Farbe gewünscht hatte. Es ist niemals genug, ist es nicht so? Es gibt immer einen, der besser ist als man selbst.
    Trotzdem, wenn für Zymun sieben Farben im Bereich des Möglichen lagen, bedeutete das, dass sich der Junge auf einer ganz anderen Ebene bewegte als sie.
    »Tut mir leid, dass ich dich vergessen habe«, sagte Liv und starrte auf ihre Füße. »Ich hatte nicht geglaubt, für dich so wichtig zu sein, dass du auf mich wartest.«
    Er lächelte, und trotz seiner gebrochenen Nase und der zugeschwollenen blauen Augen sah er einfach unglaublich gut aus. »Komm«, sagte er. »Ich möchte dir etwas zeigen.«

35
    Es war für Kip auf eine merkwürdige Art

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