Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
Vom Netzwerk:
Kampfmarke. Die Prüfung begann von unten, so dass zunächst die Schüler auf den untersten Plätzen ihre Chance erhielten. Nummer neunundvierzig machte den Anfang. Der Betreffende konnte nur einen der drei Ränge unmittelbar über ihm herausfordern, und wenn er gewann, erhielt er zur Belohnung die Kampfmarke des Herausgeforderten, die er sofort dazu einsetzen konnte, weiter aufzusteigen.
    Bevor sie anfingen, fragte ein Junge den Kursleiter: »Ausbilder Fisk? Warum müssen wir mit den Lichtstrahlern kämpfen, anstatt Brillen zu bekommen?«
    Der Ausbilder antwortete: »Das fragst du jetzt? Warum hast du nicht schon ganz am Anfang gefragt?«
    »Ich, äh – es war alles so neu«, sagte der Junge. Kip begriff, wie es sich in Wahrheit verhielt. Der Junge war damals zu schüchtern gewesen, um zu fragen.
    »Hat irgendwer eine Idee?«, fragte der Ausbilder.
    »Brillen könnten beim Training zerbrechen, und sie sind ein Vermögen wert«, erklärte Teia.
    »Und das Glas kann uns blind machen, wenn es zerbricht«, meldete sich jemand anders zu Wort.
    »Stimmt, aber das sind nicht die wichtigsten Gründe«, erklärte Ausbilder Fisk. »Ich möchte euch eine kleine Geschichte erzählen. Soweit ich weiß, ist sie wahr. Damals, in den Tagen des Prismas Karris Schattenblender, kurz nachdem Lucidonius persönlich die farbigen Brillengläser eingeführt hatte, gab es einen jungen Mann, der sich dem ilytanischen Ketzerglauben verschrieben hatte, wiewohl das Gleiche auch jedem anderen hätte widerfahren können. Es war ein Blauwandler namens Gilliam. Er hatte blaue Gläser, und er nahm sie niemals ab. Es war eine Zeit der Kriege, neben der sich die unsere geradezu armselig ausnimmt, also machte ihm niemand einen Vorwurf. Die Brillengläser waren ein Symbol der Macht und natürlich auch des Wandlerstatus. Die Technik zur Herstellung von farbigen Brillengläsern war nur wenigen bekannt, also demonstrierte der Besitz solcher Brillen auch, dass man wohlhabend war. Gilliam kämpfte im Laufe der Jahre in zahlreichen Schlachten, meistens auf der falschen Seite, aber das gehört hier nicht zur Sache. Einige Jahre später versuchte er, Karris Schattenblender zu ermorden. Er bahnte sich geschickt einen Weg durch ihre Wachen, bis er ihr selbst gegenüberstand. Sie beschimpfte ihn, machte ihm Vorwürfe, weil er die Brille, die ihr eigener Ehemann ihm gegeben hatte, dazu einsetzte, um gegen sie zu kämpfen. Und sie rügte ihn dafür, dass er zu viel Gebrauch von ihr machte. Aber natürlich glaubte er, dass sie ihn nur hinhalten wollte, und er versuchte abermals, sie zu töten. Sie riss ihm die Brille vom Gesicht. Es war ein bewölkter Tag; da war kein Blau für ihn, mit dem er wandeln konnte, und binnen weniger Momente war er außer Gefecht gesetzt. Sie fragte ihn, ob er denn jetzt verstehe. Doch er verstand nicht. Sie ergriff einen einfachen Eisenspeer und sagte ihm, er solle sie aufhalten. Natürlich war das unmöglich. Er suchte überall nach Blau. Da war keins. Und dann, als sie näher kam, spürte er, wie ihm das Rot, das Grün, das Gelb in die Augen schoss. Er war ein Vollspektrum-Polychromat, und er hatte nichts davon gewusst. Aber da er die Farben nie benutzt hatte, konnte er sie auch nicht kontrollieren, konnte sie in der kurzen Zeit nicht seinem Willen unterwerfen. Und während er schrie, tötete sie ihn. Wer Ohren hat, der höre.«
    Kip sah sich um. Einige der Frischlinge nickten, als hätten sie vollauf begriffen, was Ausbilder Fisk ihnen damit sagen wollte. Andere blickten so verwirrt drein, wie er sich fühlte.
    »Er, der nur durch ein einziges Glas blickt, lebt in Finsternis«, murmelte Teia. Kip wusste, dass sie das nicht gerade erst erfunden hatte. Den Worten war ihre Altertümlichkeit deutlich anzumerken.
    »Genug gefragt, wir müssen arbeiten. Auf die Plätze!«, befahl Ausbilder Fisk. Und dabei blieb es. Keine Erklärung. Na toll.
    Nummer neunundvierzig, ein schmächtiger, unbeholfener Junge mit schiefen Zähnen, forderte, wie auch von allen erwartet, die Sechsundvierzig heraus. Sechsundvierzig war ein dralles Mädchen, fast doppelt so breit wie der Junge, aber langsam. Wenn sie verlor, würde sie ihre Kampfmarke und damit auch ihre Chance verlieren, eine der höheren Positionen herauszufordern, daher ging es für sie beide ums Ganze.
    »Welche Strategie verfolgst du eigentlich?«, wandte sich Teia an Kip.
    Neunundvierzig und Sechsundvierzig traten an die großen Räder, und jeder drehte an einem davon. Je nachdem, wo die

Weitere Kostenlose Bücher