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Die Blockadebrecher

Die Blockadebrecher

Titel: Die Blockadebrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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scheinst mir ein Spaßvogel erster Sorte zu sein! aber wenn ich Dir rathen soll, so merke Dir ein für alle Mal: ich habe keine Lust, mit Dir meine Scherze zu machen.«
    »Sollen Sie auch nicht, Herr Kapitän, ich spreche im vollsten Ernst. Mein Vorschlag mag Ihnen zuerst wohl abgeschmackt scheinen, aber wenn Sie sich Alles überlegt haben, werden Sie zu der Ansicht kommen, daß Sie nicht anders handeln können.«
    »Du behauptest also, ich müßte Mr. Halliburtt befreien?«
    »Gewiß, Herr Kapitän; Sie werden von General Beauregard seine Freilassung fordern, und er wird sie Ihnen nicht verweigern.«
    »Und wenn er sie mir nun verweigert?«
    Diese Querfrage des Kapitäns setzte Crockston keinen Augenblick in Verlegenheit:
    »Dann wenden wir eben ein Kraftmittel an,« meinte er, ohne sich zu besinnen, »und entführen den Conföderirten ihren Gefangenen vor der Nase.«
    »So?« rief James Playfair, empört über diese Zumuthung; »nicht genug, daß ich durch die nordstaatliche Flotte dringe und die Blokade von Charleston breche, soll ich auch noch unter den Kanonenschüssen der Forts wieder meine Rückreise antreten, und das Alles weshalb? Um einen mir wildfremden Herrn, einen Abolitionisten, den ich verabscheue, zu befreien, einen Federfuchser, der sich damit begnügt, Tinte zu verspritzen, statt sein Blut für's Vaterland zu vergießen!«
    »Ein Kanonenschuß mehr oder weniger wird der
Delphin
nichts schaden, Herr Kapitän,« bemerkte Crockston.
    »Verstehe mich recht, Meister Crockston,« sagte jetzt Playfair: »Unterstehe Du Dich noch einmal, mir von dieser Geschichte zu sprechen, so schicke ich Dich für die ganze Dauer der Fahrt in den untersten Schiffsraum; dort kannst Du lernen, Deine Zunge besser im Zaum zu halten.«
    Der Amerikaner machte sich eiligst aus dem Staube, murmelte aber, als er eine Strecke entfernt war, vergnügt vor sich hin:
    »Ich bin durchaus nicht unzufrieden mit dieser Unterhaltung! Die Sache ist jetzt eingefädelt und wird sich machen!«
    Als James Playfair von einem Abolitionisten, den er verabscheue, gesprochen hatte, war seine Zunge, wie man wohl zu sagen pflegt, mit ihm durchgegangen. Er war nichts weniger als ein Anhänger der Sklaverei, aber er mochte nicht zugestehen, daß die Sklavenfrage die vorwiegende in dem Bürgerkriege der Vereinigten Staaten sei, trotzdem Präsident Lincoln dies in den formellsten Ausdrücken erklärt hatte. Behauptete er vielleicht, daß die Südstaaten – acht gegen sechsunddreißig – principiell Recht hatten, sich abzusondern, da sie sich doch freiwillig dem Bundesstaat angeschlossen hatten?
    Auch das nicht; er war gegen die Männer des Nordens eingenommen, und zwar weil sie, ehemalige Brüder, sich von der gemeinsamen Familie losgerissen hatten, eigentlich Engländer, die eben nur für gut befunden hatten zu thun, was er, James Playfair, jetzt bei den conföderirten Staaten billigte. So weit die politischen Ansichten des Kapitäns, vor allen Dingen aber war ihm der amerikanische Krieg persönlich lästig, und er hegte ein Gefühl der Erbitterung gegen Diejenigen, von denen er ausging. Nach alledem begreift man wohl, weshalb James Playfair den Vorschlag, einen Vertheidiger der Sklaven zu befreien und gegen die Conföderirten, seine Handelsfreunde, zu agiren, mit solcher Indignation aufnahm.
    Gleichwohl konnte er sich die Insinuationen Crockston's nicht ganz aus dem Sinn schlagen, und als Miß Jenny am folgenden Morgen ein wenig auf das Verdeck kam, konnte er ihr nicht gerade in das Gesicht schauen.
    Und abgesehen von allem Andern, war das schade, denn das junge Mädchen sah mit ihrem hübschen blonden Haar und dem sanften, verständigen Blick so lieblich aus, daß sie immerhin einen wohlgefälligen Blick von dem dreißigjährigen jungen Mann verdient hätte. Aber James konnte sich in ihrer Gegenwart einer gewissen Verlegenheit nicht erwehren; er fühlte, daß sie eine große, edelmüthige Seele besaß, die in der Schule des Unglücks gereist war, und begriff, daß sein Schweigen dem jungen Mädchen gegenüber die Verweigerung ihrer liebsten Wünsche bedeutete. Was Miß Jenny anbetraf, so suchte sie den Kapitän weder auf, noch vermied sie ihn; doch kam sie während der ersten Tage überhaupt sehr wenig aus ihrer Cajüte heraus und wäre wohl nie auf den Gedanken gekommen, James Playfair anzureden, hätte nicht Crockston eine Kriegslist ersonnen, um die beiden Parteien einander zu nähern.
    Der würdige Amerikaner war, wie schon erwähnt, ein treuer

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