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Die Blockadebrecher

Die Blockadebrecher

Titel: Die Blockadebrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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argem Dilemma; Jenny griff sie oft mit schonungslosem Nachdruck an und wollte auf keinen Compromiß eingehen. Anfangs discutirte James sehr eifrig und versuchte die Conföderirten gegen die Nordstaatlichen zu vertheidigen und zu beweisen, daß das Recht auf Seite der Secessionisten sei; auch versicherte er, daß Leute, die freiwillig eine Vereinigung eingegangen seien, sich auch ebenso wieder trennen könnten. Das Fräulein aber wollte in diesem Punkte nicht nachgeben; sie bewies, daß die Sklavenfrage in diesem Kampf der Amerikaner des Nordens gegen die des Südens als die Hauptsache zu betrachten sei, daß es sich weit mehr um die Principien der Sittlichkeit und Humanität, als um die der Politik handle, und James mußte ihre Behauptungen zugeben, ohne die seinigen aufrecht halten zu können.
    Übrigens begnügte er sich bei diesen Erörterungen meistens damit, zuzuhören; ob er hiebei mehr von den Beweisgründen Miß Jenny's hingerissen wurde oder von dem Zauber ihrer Rede und ihres Wesens, mag dahingestellt bleiben; schließlich aber mußte er anerkennen, daß die Sklavenfrage im Kriege der Vereinigten Staaten ein hauptsächliches Moment sei, und daß sie als ein letzter Überrest barbarischer Zeiten gelöst werden müsse.
    Indessen, wie schon erwähnt, die politische Meinung des Kapitäns war ihm nicht von großem Belang, und vielleicht hätte er noch weit ernstere Ideen Argumenten geopfert, die in so fesselnder Form vorgetragen wurden; er gab also seine Ansichten auf diesem Gebiet leicht auf. Aber hiermit war es noch nicht genug; Miß Jenny griff direct seine nächsten Interessen an und opponirte gegen die Handelsbestimmung der
Delphin
, in Bezug auf die Kriegsmunition, die er den Conföderirten zuführte.
    »Ja, Herr James,« erklärte Miß Halliburtt eines Tages, »die Dankbarkeit gegen Sie kann mich nicht daran hindern, offen und freimüthig meine Meinung auszusprechen, im Gegentheil: gerade weil Sie ein tüchtiger Seemann und gewandter Kaufmann sind, und weil das Haus Playfair seiner Ehrenhaftigkeit wegen weit und breit berühmt ist, bedaure ich um so mehr, daß es mit dieser Operation gegen seine Principien verstößt.«
    »Wie!« rief James, »Sie behaupten, daß das Haus Playfair kein Recht hätte, bei dieser Gelegenheit seine Handelsinteressen wahrzunehmen?«
    »Gewiß behaupte ich das; die
Delphin
führt den Unglücklichen, die in offener Empörung gegen die geordnete Regierung des Landes begriffen sind, Kriegsmunition zu, und das heißt so viel, als einer schlechten Sache Waffen leihen.«
    »Nun, Miß Jenny, ich will nicht weiter mit Ihnen über das Recht der Conföderirten disputiren, aber meine Entgegnung ist, daß ich Geschäftsmann bin und mich als solcher von den Interessen meines Hauses leiten lasse, ich suche überall Gewinn, wo er sich bietet.«
    »Das gerade ist sehr tadelnswerth, Herr James,« fiel das junge Mädchen ein; »der Gewinn entschuldigt nicht. In diesem Augenblick, wo Sie den Leuten des Südens die Mittel liefern, einen verbrecherischen Krieg fortzusetzen, sind Sie ebenso strafbar, als wenn Sie den Chinesen Opium lieferten, der sie zu Thieren erniedrigt.«
    »Nein, Miß Jenny, dies Mal sind Sie aber wirklich zu schroff, und ich kann nicht zugeben …«
    »Was ich sage, ist vollkommen richtig, Herr Kapitän, und wenn Sie die Sache objectiv ansehen, und über die Folgen Ihrer Handlungsweise nachdenken wollten, für die Sie in den Augen jedes Urtheilsfähigen verantwortlich sind, so werden Sie mir auch in diesem Punkte Recht geben müssen.«
    James Playfair stand bei diesen Worten des jungen Mädchens ärgerlich und ein wenig consternirt da. Er verabschiedete sich ohne ein weiteres Wort, denn er wußte auf solche Beweisgründe Nichts zu erwidern, und schmollte eine halbe Stunde, wenn es hoch kam, ein Stündchen, um dann wieder zu Fräulein Jenny zurückzukehren und sich ihren Beweisgründen und ihrem liebenswürdigen Lächeln von Neuem auf Gnade und Ungnade zu ergeben.
    Kurz, obgleich Kapitän James Playfair es sich selber nicht eingestand, war seine Unabhängigkeit dahin, und man konnte ihn nicht mehr »den Herrn nächst Gott« an Bord seines Schiffes nennen.
    Auch die Angelegenheiten Mr. Halliburtt's schienen sich zu Crockston's großem Jubel äußerst günstig zu gestalten, der Kapitän war augenscheinlich entschlossen, Alles in's Werk zu setzen, was zur Befreiung von Miß Jenny's Vaters dienen konnte, und sollte auch die
Delphin
darüber Ladung und Mannschaft auf's Spiel setzen

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