Die blonde Geisha
Lebensdauer damit nähren.
Der Baron schaukelte auf seinem schwarzen Kissen vor und zurück. Am liebsten hätte er jeden einzelnen Wandschirm zerschmettert und jede Tür aufgerissen, bis er die schöne Maiko gefunden hatte. Er wollte diese Frau, und er würde nicht eher gehen, bis er mit der Teehausbesitzerin ein Geschäft abgeschlossen hatte.
“Ich erwarte Ihre Antwort, die mich – da bin ich sicher – nicht enttäuschen wird.”
“Ja, Baron Tonda-sama”, entgegnete Simouyé mit angespanntem Lächeln. “Ich werde sehen, was ich tun kann.”
“Wie?” brummte er. “Was soll das bedeuten?”
“Das bedeutet, was es bedeutet, Baron.”
Nun war er kurz davor, die Beherrschung zu verlieren. “Sie plappern wie die Priesterinnen, die noch mehr Almosen wollen, obwohl ihre Truhen schon überquellen vor Gold.”
Womöglich lag es an seiner unbändigen Gier nach einer Frau, dass er sich von seiner Wut übermannen ließ. Vielleicht lag es daran, dass er nach vielen Monaten in Amerika wieder zu Hause war und es nicht mehr erwarten konnte, dass eine Frau sich an ihn schmiegte. Der Baron wollte sehen, wie ihre Augen ihn zärtlich ansahen, während sie ihn mit bunten nach Minze schmeckenden Bonbons fütterte, wobei ihre zarten Finger auf seiner Zunge verharrten und ihm erlaubten, an ihren feinen rosa Spitzen zu saugen. Er konnte an nichts anderes mehr denken als an den süßen Duft einer jungen Frau.
Vor und zurück schaukelte er auf seinen Knien, mal schneller, mal langsamer, nicht sicher, was er als Nächstes tun sollte. “Verärgern Sie mich nicht, Simouyé-san. Auch wenn ich viel über Demokratie und die Ideale der westlichen Welt gelernt habe, so bin ich doch Japaner und nehme mir, was ich will.”
Die ältere Frau verneigte sich jetzt so tief, dass ihre Stirn fast den Boden berührte. “Das verstehe ich, Baron Tonda-sama. Ich werde das Mädchen herbringen lassen und fragen …”
Der Baron sprang auf. “Sie werden sie überhaupt nichts fragen. Sie werden ihr befehlen …”
“Ich bitte um Verzeihung, Baron Tonda-sama”, antwortete Simouyé schnell. Er spürte, dass die Teehausbesitzerin dieselbe Stärke besaß wie er.
“Ja?”
“Ich muss mich nach dem Brauch der Geishas richten.”
Verunsichert durch ihre Unerschrockenheit fragte er: “Brauch? Welcher Brauch?”
Simouyé lächelte. “Es ist Brauch, dass wir die junge Frau fragen, ob sie mit Ihnen das Bett teilen will.”
Der Baron verlor die Fassung. “Das ist empörend!” brüllte er. Es konnte doch nicht wahr sein, dass sein Angebot hinterfragt wurde, dass eine Maiko, ein lebendiges Spielzeug, das nur dazu diente, die Träume der Männer zu erfüllen, ihn womöglich ablehnen könnte. “Dieses Mädchen ist eine Maiko, und ihr erster Liebhaber wird für sie ausgesucht.”
“Es tut mir leid, Baron Tonda-sama, aber ich muss der Tradition unseres Teehauses folgen. Und demnach kann ein Mädchen auch Nein sagen, wenn es das wirklich wünscht.”
“Sie erschüttern mich, Simouyé-san, etwa so, als wenn sie es wagten, den Kaiser anzusehen, wenn er in einer Prozession durch die Straßen fährt. Ich werde nicht zulassen, dass eine einfache Teehausbesitzerin
mir
, einem Samurai, sagt, was ich zu tun habe.”
“Ich richte mich nur nach den Verhaltensweisen, die unsere Vorfahren uns hinterlassen haben.”
Entdeckte er die Spur eines Lächelns auf ihrem Gesicht? Sie sprach von der komplizierten und über lange Jahre hinweg kultivierte Etikette der Teehaus-Geishas. Und mit diesem Lächeln lud sie ihn ein, ihre Welt zu betreten und zu verstehen. Sie hatte gewonnen, weil er keine passende Antwort mehr wusste. Er wollte keinen Verdacht über sein wahres Ansinnen erregen, und so sagte er: “Ich werde dafür beten, dass Sie mich nicht länger warten lassen.”
Jetzt lächelte sie ihn richtig an. “Nur so lange wie es dauert, das Mädchen kommen zu lassen.”
“Also war es nicht Hisa-don, der mich auf der Veranda beobachtet hat”, sagte Kathlene nachdenklich. Sie zog den Kimono fester zusammen.
“Nein, Kathlene-san”, sagte Simouyé leise und fragte sich, warum das Mädchen schwitzte, warum sein Gesicht gerötet war und seine Augen funkelten. Ihre Hausdienerin Ai hatte ihr zugeflüstert, dass die junge Maiko sich nervös umgeschaut hatte, als sie ins Teehaus zurückkehrte.
“Sagen Sie mir, Okâsan, wer ist der Mann, dem es Vergnügen bereitet, mich beim Tanzen zu beobachten, ohne sein Gesicht zu zeigen?”
Simouyé holte tief Luft. “Er
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