Die blonde Geisha
sein Kind niemals im Stich lassen, es sei denn, er ist von uns gegangen.”
“Das sagen Sie, weil Sie mich … weil Sie wollen, das irgendein fetter alter Händler seinen Jadestab in mich stößt.”
“ Baron Tonda-sama ist weder fett noch alt”, sagte Simouyé und dachte an das gut aussehende Gesicht des Barons und seinen teuren Kimono. Wie viele junge Männer in Kioto trug er sein Haar nicht mehr nach alter Manier: einen Teil des Kopfes geschoren, während der Rest der Haare lang genug war, um daraus einen Haarknoten zu binden. Stattdessen hatte er sich in einem der neuen Herrensalons das Haar kurz schneiden lassen.
“ Baron Tonda-sama?” fragte Kathlene. Sie wolle noch etwas hinzufügen, hielt aber inne und saß wie betäubt da. Sie weiß etwas, dachte Simouyé. Aber sie verbirgt es vor mir. Wieso?
“Ich habe nicht vor, meinen Namen auf die lange Liste der Eroberungen von Baron Tonda-sama zu setzen”, sagte Kathlene schließlich.
“Es ist eine Ehre, von so einem wichtigen Mann ausgewählt zu werden, Kathlene-san. Baron Tonda-sama kommt aus einer angesehenen Familie, wenn auch seine Mutter sich in die Samurai-Klasse hat einkaufen müssen, so geht die Linie des Vaters bis auf Shôgun Tokugawa zurück.”
“Sein Vater ist mir vollkommen egal. Ich möchte keinen schwitzenden und grunzenden Samurai auf mir liegen haben.”
“Er ist das, was Mallory-san einen Gentleman nennen würde. Er hat viel Zeit in Amerika verbracht. Baron Tonda-sama ist ein besonders angemessener Wohltäter für dein erstes Mal.”
“Hat er Ihnen viel Geld dafür geboten, seinen pochenden Pfeil in mich stecken zu dürfen?”
“Ja”, entgegnete Simouyé wahrheitsgemäß.
Kathlene setzte sich wieder zurück auf ihre Fersen, Stolz schwellte ihre Brust. “Und das ist der Grund, warum Sie dies tun, nicht wahr?”
Simoué überlegte kurz. Den wahren Grund wagte sie dem Mädchen nicht zu sagen. Sie hatte Mallory-san versprechen müssen, dass sie Kathlene nie von den Gefahren erzählen würde, denen sie ausgesetzt wäre, wenn Prinz Kira sie fand. Falls Baron Tonda die Männer des Prinzen in ihr bescheidenes Teehaus brachte und sie die wahre Identität des Mädchens aufdeckten, würde es sein Leben verlieren. Wenn sie hingegen ihre Jungfräulichkeit bei dem Baron verlor, in einem kleinen, dunklen Raum und ohne – wie es die Tradition wollte – hinterher noch einmal in Kontakt mit ihm zu treten, wäre seine Lust befriedigt und das Mädchen gerettet.
Die ausgefransten Ärmel ihres Kimonos brachten sie auf eine Idee. Die Geishas im Teehaus brauchten immer wieder neue Kimonos und Schärpen. Hatte nicht gestern erst Youki-san eine Sommerschärpe, eine aus Brokat und zwei aus Satin bestellt? Ihr Gönner hatte ihr das Geld dafür umgehend in einem Paket geschickt, das Simouyé den Kimonowebern in Nishijin geschickt hatte. Kathlene wusste das sicher nicht, deshalb bat sie die Götter um Vergebung für ihre Lüge und sagte: “Kathlene-san, bist du dir darüber bewusst, dass das Teehaus mehrere neue Schärpen und Kimonos von den Webern in Nishijin bestellt hat?”
“Und was hat das damit zu tun, dass Sie mich an diesen Baron Tonda-sama verkaufen wollen?”
“Wir müssen sie rechtzeitig für die Geisha-Tänze von Ponto-chô bekommen. Ansonsten werden unsere Geishas nicht mittanzen dürfen. Die Kimonos sind sehr teuer. Man braucht viel Zeit und Können, um die Muster zu weben …”
“Ich verstehe, was Sie sagen wollen, Okâsan. Sie wollen mich für diese Kimonos verkaufen.” Ihre Stimme war schrill geworden.
“Du möchtest doch keine Schande über mein Teehaus bringen?”
“
Schande?
Wie können Sie so etwas sagen? Ich habe versucht, alles über Geishas zu lernen, aber ständig stoße ich auf veraltete Ideen und dumme Sitten. Ich darf nicht einmal anders atmen als den Regeln des Teehauses entsprechend, und bevor ich nachts träume, muss ich erst um Erlaubnis bitten. Alles was hier zählt ist die Tradition. Aber Sie vergessen, dass ich eine Frau bin, ich habe sexuelle Wünsche und Gefühle, die ich nicht nur mit meinen Fingern befriedigen kann. Und doch sind Sie bereit, mich zu verkaufen!” Sie holte tief Luft, bevor sie weitersprach. “
Ich
bin Ihnen egal. Es interessiert Sie nicht, was
ich
fühle.”
“Es ist nicht meine Aufgabe, mich um eine einzelne Blume in meinem Garten zu kümmern, sondern alle vor den Widrigkeiten des Lebens zu beschützen.”
“Ich werde Sie nie begreifen, Okâsan.”
“Ich tue nur, was dein
Weitere Kostenlose Bücher