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Die blonde Geisha

Die blonde Geisha

Titel: Die blonde Geisha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jina Bacarr
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die Arme weit geöffnet, die langen Kimonoärmel wirkten wie Engelsflügel. Sein Herz blieb stehen.
    O mein Gott, das ist sie. Kathlene Mallory.
    Sie war im Begriff zu springen.

11. KAPITEL
    I n dem unerträglich roten Glühen des Ahornbaumes, die Schritte hinter mir ignorierend, balancierte ich mit ausgebreiteten Armen auf dem schmalen Geländer und hielt die Luft an. Ich genoss dieses leichte, dieses freie Gefühl.
    Nach dem Treffen mit dem Baron hatte ich das dringende Bedürfnis, mich in meine Kindheitsfantasie zu flüchten. Ich war wie meine Lieblingsheldin Lady Jiôyoshi auf das Geländer geklettert. Diese berühmte Geisha hatte, so ging die Legende, in ihrem dünnen Kimono damit gedroht, zu springen, falls der Shôgun ihren Liebhaber nicht laufen ließ. Der Shôgun gelobte, ihn freizulassen, wenn sie nackt für ihn tanzen und dann die Nacht auf seinem Futon verbringen würde. Er bestand darauf, dass sie alle von den alten Meistern gelehrten Positionen ausführte, damit seine Seele Ruhe fände.
    Ich stellte mir Lady Jiôyoshi vor, wie sie dem Shôgun zu Diensten war und gleichzeitig ihren Liebhaber rettete, indem sie die wichtigsten fünfzehn Grundstellungen einnahm, dann mit den achtundvierzig weiteren Stellungen fortfuhr und dem Shôgun einen Orgasmus nach dem anderen bescherte.
    Noch weiter breitete ich die Arme aus, ich wünschte mir, fliegen zu können, hinauf in den Himmel, endlich frei zu sein … Und dann war alles anders, mir blieb die Luft weg.
    Jemand packte mich von hinten, beinahe hätte ich das Gleichgewicht verloren. Ich wollte nicht sterben! Bevor ich mich der Realität stellen und Okâsan und dem Baron gegenübertreten musste, wollte ich doch nur meine Fantasie ausleben. Wie nur konnte ich sie davon überzeugen, dass meine Jungfräulichkeit nicht zu verkaufen war?
    Den ganzen Weg zum Tempel hatte ich Benten-sama angefleht, die Göttin der Anmut und Schönheit und des Glücks. Ich bat sie, mir bei der Suche nach dem Gaijin zu helfen und Neues über meinen Vater herauszufinden. Wenn er nämlich zu mir zurückkehren würde, blieb Okâsan gar nichts anderes übrig, als den Baron Tonda-sama wegschicken.
    Aber jetzt hatte mich jemand gepackt. Wer? Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, aber etwas an seiner Berührung war magisch. Ich schwankte. Der Mann schwankte ebenfalls, presste seinen Körper gegen meinen, meine Beine wurden schwach, als ich seinen männlichen Geruch einsog.
    War er es? War es der Gaijin?
    Mit geschlossenen Augen überließ ich mich meinen Gefühlen. Ich konnte ihn vor mir sehen, sein schönes Gesicht, seinen starken Körper. Er war sich seiner so sicher. Niemals würde ich vergessen, wie er sich gegen die Männer des Barons zur Wehr gesetzt und dabei für mich sein Leben riskierte hatte.
    Ich werde Sie finden, hatte er gesagt.
    Würde er sein Versprechen halten? Bevor es zu spät war? Bevor ich mich einem anderen Mann hingab?
    “Was für ein verrücktes Vorhaben, Kathlene”, flüsterte er heiser in mein Ohr. Mein Herz raste. Er sprach Englisch.
    Als ich die Augen öffnete, wusste ich es: Es war der Gaijin. Ich atmete schwer. Mein Puls raste noch schneller, ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus, wie gerne wäre ich einfach losgeflogen. Ich wollte ihn mit mir nehmen, über die scharlachroten Ahornbäume hinweg, wir würden uns aneinander reiben und kleine herrliche Wellen würden durch unsere Körper jagen, sobald sie sich berührten.
    Um das angenehme Gefühl noch zu vergrößern, spannte ich meine Pobacken an. Nein, nein. Das durfte ich nicht tun. Nicht jetzt. Ich musste mich auf meine Mission konzentrieren. Musste ihm erklären, dass ich nicht vorhatte, mich umzubringen.
    Zwar war ich traurig und verwirrt und wusste nicht, wo das Schicksal mich hinführte, aber ich wollte nicht sterben.
    Ich wollte leben, wollte lieben.
    “Woher kennen Sie meinen Namen?” fragte ich, dann rutschte mein rechter Fuß aus. Doch dank der Götter und seiner Kraft stürzte ich nicht von dem Geländer in die Tiefe. Er zog mich in die andere Richtung, wir landeten auf der hölzernen Veranda und rollten und rollten. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte, als Holzsplitter sich durch den dünnen Stoff meines Kimonos in meine Haut bohrten. Dann bewegten wir uns plötzlich nicht mehr. Stille. Warmer Nieselregen fiel aus dem dunklen Himmel. Ich war mit dem Gaijin allein.
    Tief atmete ich durch, zog ihn fester an mich, so fest, dass ich seine nasse Lederhose an meinen Beinen

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