Die blonde Geisha
gewartet.
“Ich habe auf meinen Reisen viele Frauen geliebt, Kathlene, aber nie zuvor habe ich eine Frau mit solchen vollen und sinnlichen Lippen gesehen, ich kann sie beinahe schmecken.”
“Dann zeig mir … wie man küsst.”
“Das werde ich dir zeigen”, flüsterte er. “Und wenn ich dafür auch in die Hölle komme, ich will mit dir schlafen.”
Ich lächelte, senkte den Blick und sagte unschuldig: “Ich bin eine … Maiko. Ich habe meine Frühlingsgabe noch nicht verkauft.”
“Deine Frühlingsgabe?”
“Ich bin noch Jungfrau.”
Reed fluchte. “Verdammt, Mädchen. Wie soll ich dich in einem Stück nach Hause bringen, wenn du so mit mir sprichst?”
“Du kannst mich doch nicht hier liegen lassen, ohne mich zu küssen.”
“So darfst du nicht mit mir sprechen.”
“Darf ich nicht?”
Regentropfen fielen auf unsere Körper, Holzbretter knarrten unter uns, seine Lippen näherten sich meinen, streiften leicht meinen Mund. Sein Duft erregte mich, ich konnte es kaum noch erwarten, dass er Besitz von meinen Lippen ergriff, doch er fuhr fort, mich sanft zu quälen, küsste mein Gesicht und meinen Hals. Als ich dachte, ich könnte es nicht eine Sekunde länger ertragen, erforschte er mein Ohr mit seiner spitzen Zunge. Ich stöhnte.
“Küss mich, schöner Gaijin, küss mich!” flehte ich, berührte meine Brüste und spürte, wie hart und aufgerichtet die Spitzen bereits waren.
“Du bist die schönste Geisha in Kioto”, murmelte er, hauchte sanfte Küsse auf meine Schultern, knabberte an meinem Ohr und dann endlich, endlich, senkten sich seine Lippen auf meine in einem langen, langen Kuss.
In meinem Kopf drehte sich alles. Dann erwiderte ich den Kuss, zunächst noch zögerlich, dann mit einem Hunger, den ich nie zuvor verspürt hatte. Ich wünschte, es würde nie enden, wünschte, ich wäre eine Göttin und könnte diesen starken, irdischen Mann als meinen Liebhaber fordern.
“Ich darf das nicht tun, Kathlene”, sagte Reed schwer atmend.
“Was?”
“Ich darf mein Versprechen gegenüber deinem Vater nicht brechen. Ich kann nicht mit dir schlafen.”
“Habe ich denn gar nichts zu sagen?”
“Nein. Ich bin hier, um dich nach Hause zu bringen, und genau das werde ich tun.”
“Ah, ich verstehe, du findest mich nicht so hübsch und verführerisch wie die anderen Geishas, die du … die du geküsst hast.”
“Verdammt Kathlene, das ist nicht wahr.” Bevor ich noch einen weiteren Ton sagen konnte, hob er mich hoch und trug mich in die Haupthalle des Tempels.
“Was machst du da?” fragte ich.
“Ich bringe dich jetzt nach Hause – nach Amerika.
Sofort.”
“Entschuldigung, bitte”, hörte ich eine sanfte, junge Stimme sagen.
Reed blieb stehen. Ich umklammerte seinen Hals.
Mariko.
Wo kam sie denn auf einmal her?
“Mariko-san, wie hast du mich gefunden?”
Mariko blickte hinter mich und flüsterte: “Das ist unwichtig. Du musst verschwinden, bevor die Männer des Barons uns finden.”
Ich bekam es mit der Angst zu tun. “Die Männer des Barons? Wovon sprichst du?”
“Sie sind mir gefolgt und hätten uns schon längst erwischt, aber dieser Gaijin …” Sie deutete auf Reed Cantrell, der mich auf den Armen trug und angestrengt versuchte, unser schnelles Japanisch zu verstehen. “Dieser Gaijin hat sie aufgehalten. Allerdings nicht für lange. Sie werden bald hier sein.”
Für ihn wiederholte ich ihre Worte in Englisch. Reed nickte, weigerte sich aber, mich abzusetzen. “Du kommst mit mir, Kathlene. Diesmal wird mich keiner davon abhalten!”
“Die Götter werden böse sein, sehr, sehr böse, Kathlene-san, wenn du mit ihm gehst.”
“Du musst mich verstehen, Mariko-san. Mein Vater hat ihn geschickt, um mich nach Hause zu bringen …”
“Aber wenn der Baron dich nicht im Teehaus vorfindet”, unterbrach Mariko mich, “wenn du mit ihm nicht den Futon teilst, dann wird er das Teehaus des Sehnsuchtsbaumes zerstören.”
Ungläubig betrachtete ich sie. “Aber wie kann er das tun, Mariko-san?”
“Baron Tonda-sama hat gedroht, der Prinz werde verbreiten, dass Okâsan früher eine Prostituierte in Tokio war.”
“Aber das kann doch auf gar keinen Fall wahr, Mariko-san.”
“Wahrheit bedeutet wenig gegen das Wort des Prinzen Kira-sama. Okâsan wird ruiniert sein, eine lebende Tote.”
Welche Macht Baron Tonda in der japanischen Gesellschaft hatte, wusste ich. Doch bis zu diesem Moment war mir nicht klar gewesen, wie gefährlich er werden konnte.
Ich durfte
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