Die blonde Geisha
ziehen und mit seinem hoch geschätzten Jadestab in dein Blumenherz eindringen würde, würdest du noch viel lauter schreien.”
Mariko tat geschockt. “Nein, Kathlene-san, ich würde Hisa-don niemals auf diese Weise betrachten. Er ist …”
“Ein herrliches Exemplar der männlichen Spezies und besonders gut ausgestattet”, zog ich sie auf. Dann fügte ich mit gesenkter Stimme hinzu: “Ich habe gesehen, wie er dich anschaut, Mariko-san, voller Zärtlichkeit und zugleich voller Lust.”
Mariko antwortete nicht. Sie planschte weiter mit den Füßen im Wasser und erzeugte kleine Wellen, die das Tablett schaukeln ließen. “Ich wünschte, ich wäre so mutig wie du, Kathlene-san, und würde meinem Herzen folgen.”
Bei ihren Worten versteifte ich mich und sank tiefer ins Wasser. Mein verspieltes Lächeln verblasste, und mit Wehmut in der Stimme sagte ich: “Das stimmt nicht, Mariko-san. Ich bin doch auch eine Gefangene meiner Pflichten.”
Marikos Augen wurden groß. “Was sagst du da?”
“Ich werde Reed-san nie mehr wieder sehen, nachdem der Baron seine sexuellen Gelüste an mir befriedigt hat.”
“Deine Worte sind wie das Zirpen der Zikaden, Kathlene-san. Bedeutungslos. Der große Gaijin wird dich nicht im Stich lassen.” Mariko stand auf, ihr schmaler Körper glänzte vor Schweiß. “Das weiß ich einfach tief in meinem Herzen.”
Sie schnappte sich ein kleines Handtuch und drehte den Kopf von links nach rechts, als wäre sie auf der Suche nach jemandem.
Nach wem, fragte ich mich und folgte ihrem Blick. Ich sah, wie zwei junge Geishas das Badehaus verließen und eine Angestellte ihre nassen Handtücher in einen kleinen Korb warf. Von Mariko und mir abgesehen war dieses private Badehaus mit den beiden Becken, in denen die Geishas jeden Nachmittag badeten, verlassen.
Die Worte meiner Freundin verwirrten mich. “Wie kannst du so sicher sein, dass er zurückkommen wird, Mariko-san?”
Mariko schlüpfte ihn ihren dünnen Badekimono. “Hast du denn nicht bemerkt, meine künftige Geisha-Schwester, dass Cantrell-san dich liebt?”
Überzeugt war ich davon nicht. “Warum sagst du das?”
“Er möchte dich mit nach Amerika nehmen, oder nicht?”
“Ja, aber ich glaube kaum, weil er mich liebt.” Ich zögerte, dann sprach ich aus, was mir auf dem Herzen lag. “Wenn mein Vater noch leben würde, Mariko-san, dann hätte ich keine andere Wahl, als nach Amerika zurückzukehren.”
“Wenn du das Teehaus des Sehnsuchtsbaumes verlässt, dann wird mein Herz weinen wie meine Laute, wenn eine Saite reißt.” Ihr rosiges Gesicht wurde auf einmal ganz blass. Doch schon in der nächsten Sekunde blitzten ihre Augen wieder hoffnungsfroh auf. “Was auch immer geschieht, Kathlene-san, du wirst immer meine Geisha-Schwester sein. Keine Schwester hätte mehr bedingungslose Treue und Hingabe beweisen können als du.”
“Deine Worte rühren mich, Mariko-san, aber ich verdiene sie nicht.”
“Es freut mich sehr, dass meine künftige Geisha-Schwester die Kunst der Bescheidenheit gelernt hat. Das war nicht immer so.” Mariko schnürte den Kimono unter ihren Brüsten zu.
“Ich weiß nicht, wovon du sprichst.”
“Ich weiß noch genau, als wir Reismehl- und Beifußklößchen an einem Stand in der Shoji-Straße gekauft haben, um den Frühlingsanfang zu feiern. Du hast darauf bestanden, jedem zu erzählen, dass wir sie selbst gemacht hätten.”
“Mmm … sie waren so köstlich.”
“Oder als wir uns mit weißen, gelben und rosa Chrysanthemen beworfen haben, bis die Blüten auf den ganzen Bodenmatten verstreut waren.”
“Wir hatten so viel Spaß an diesem Tag, obwohl Ai-san mich angeschrien hat.”
“Sie hat uns doch beide angeschrien”, sagte Mariko lachend.
“Darum geht es doch unter Schwestern”, murmelte ich mit ernstem Gesicht. “Dass man zusammenhält.”
“Und loyal ist, Kathlene-san. Wie zu der Zeit, als Okâsan glaubte, ich sei in einem Teehaus in Kamishichiken besser aufgehoben, weil die Geishas dort züchtiger und stiller sind. Du hast sie angefleht, mich im Teehaus des Sehnsuchtsbaumes zu behalten.” Sie verneigte sich tief. “Dafür werde ich dir für immer dankbar sein.”
Und doch sah ich, wie zwei Tränen über ihre Wangen liefen. Auch meine Augen wurden feucht. “Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Mariko-san …”
Mariko lächelte, dann hauchte sie: “Ich muss gehen, Kathlene-san, und mich für die Zeremonie der Schwesternschaft vorbereiten. Es ist mir wichtig, dass wir
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