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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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würde mich vielleicht anschließend zu meinem Wagen fahren, oder sonstwohin.
    »Gern«, sagte ich. »Das werden wir gleich haben.«
    Sie deutete auf die Werkzeugtasche neben dem rechten Hinterrad.
    »Die hilft uns nichts«, sagte ich. »Haben Sie keinen großen Radmutternschlüssel?«
    »Doch, ich glaube. Vielleicht im Kofferraum.«
    Ich öffnete den Deckel, blickte hinein, und dabei blieb es. Denn da ereignete sich die Explosion.
    Ein fürchterlicher Krach, den ich nicht hörte, dafür um so schmerzhafter spürte. Mir war, als sehe ich Gittas hübsches Gesicht. Sie sagte lächelnd: »Du blöder Hund!« Dann wurden meine Beine mit einem mächtigen Besen einfach unter mir fortgekehrt.
    Alles war still, friedlich und sehr dunkel.

    Zwei sehr verschiedene Gefühle brachten mich dazu, die Augen zu öffnen. Einmal glaubte ich, im Wasser zu liegen, denn rings um mich war alles naß, zum anderen rüttelte mich jemand unsanft an der Schulter. Also schlug ich die Augen auf und sah das rote, sanfte Gesicht eines Landpolizisten über mir. Es hob sich in kräftigen Farben gegen den fahlen Morgenhimmel ab.
    »He, Sie!« sagte das Gesicht, eine Anrede, die ich an der deutschen Polizei ganz besonders schätze. »Was machen Sie denn da?«
    Ich blickte mich vorsichtig um. Die Nässe kam vom Tau im hohen Gras am Waldrand. Woher die Schmerzen in meinem Kopf kamen, wußte ich noch nicht so genau. Aber manchmal kann man sogar der Polizei die Wahrheit sagen.
    »Ich habe geschlafen«, sagte ich.
    Das Gesicht ging in die Höhe, der Polizist richtete sich auf, sah vorwurfsvoll auf mich herunter.
    »Sie werden sich einen Schnupfen oder eine Nierenentzündung holen. Können Sie sich ausweisen?«
    Drüben, etwa fünfzehn Meter von mir entfernt, stand auf der Straße ein dunkelgrüner Polizei-VW und ein weiterer Landpolizist, der interessiert zu uns herüberblickte. Langsam kam mir auch die Erinnerung. Suchten sie schon einen Mörder?
    Ich stöhnte unwillkürlich, als ich an die Pistole in meiner Tasche und an die zerrissenen Hunderter dachte.
    »Was?« fragte der Polizist mißtrauisch. »Was murmeln Sie da?«
    Ich hatte also gemurmelt. Aufpassen, dachte ich, du hast dich noch nicht ganz unter Kontrolle. Aufpassen.
    »Also?« fragte der Polizist. »Was ist jetzt mit den Papieren? Haben Sie welche?«
    Ich richtete mich mühsam auf.
    »Mein Lieber«, sagte ich, »das war eine Sitzung, gestern abend in Planegg beim Hubertusbier. Papiere?« Ich wühlte in meiner Jadcentasdie. »Müßte ich eigentlich haben. Da — bitte.«
    Ich gab ihm meinen Presseausweis, den er mißtrauisch studierte, während ich fortfuhr: »Wir haben nicht nur den 1. Mai, sondern auch noch die Beförderung eines Kollegen zum Chefredakteur gefeiert.«
    Er schien zum Glück einem Journalisten alles zuzutrauen, jedenfalls gab er mir meinen Ausweis zurück. Dann aber sah ich, wie es in seinem Gesicht zu arbeiten begann. Es gibt für einen Landpolizisten keinen Mord mehr, keinen Raubüberfall und keinen Einbruch. Es gibt nur noch Alkohol am Steuer. Deshalb fragte er: »Und wie sind Sie hierher gekommen — nach der angeblichen Feier?«
    Ich grinste, soweit ich dazu um diese Tageszeit schon in der Lage war.
    »Nicht mit dem Auto, Herr Hauptwachtmeister, nicht mit dem Auto. Wir sind zu Fuß gegangen, eine ganze Korona — alle zu Fuß. Wir wollten uns im See abkühlen. Vermutlich habe ich dieses Wanderziel nicht ganz geschafft. Wo bin ich eigentlich?«
    »Zwischen Gauting und Stockdorf«, sagte er zweifelnd. »Näher bei Stockdorf. Und wo steht denn Ihr Wagen?«
    »In München natürlich«, sagte ich. »Wir sind mit dem Zug nach Planegg gefahren und dann gelaufen. Trunkenheit am Waldrand ist ja nicht strafbar.«
    Für Trunkenheit, soweit sie nicht am Steuer stattfindet, haben bayerische Polizisten volles Verständnis. Trunkenheit ist ja sonst auch überall ein Milderungsgrund. Mein Polizist fing nun an, mir freundlich auf die Beine zu helfen. Er tat sogar noch ein übriges: »Sollen wir Sie irgendwohin mitnehmen?«
    Ich bedankte mich für das Angebot, murmelte etwas von Leserbrief und erklärte, ein Spaziergang in der frischen Luft würde mir guttun, und bis zum Bahnhof Stockdorf sei es ja nicht weit.
    Mit einem kameradschaftlichen Guten Morgen verabschiedeten wir uns.
    Er stapfte durch das hohe, nasse Gras, und kurz darauf brummte der VW davon, in Richtung Gauting.
    Ich stand endgültig auf. Hatten sie den Toten im Zug noch nicht gefunden? Suchten sie noch keinen Mörder?
    Meine

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