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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Rückseite war klatschnaß. Ich bekam Sehnsucht nach heißem Kaffee, nach einem heißen Bad und einem anderen Anzug.
    Und dann wollte ich natürlich wissen, wer mich niedergeschlagen hatte und warum.
    Die letztere Frage beantwortete sich gleich von selber. Die Pistole und die halbierten Hunderter waren verschwunden.

    Gitta ist ein ordentliches Mädchen mit Bad. Da ich selber ein unordentlicher Journalist ohne Bad bin, fuhr ich vorerst einmal zu ihr, um mich von Grund auf zu überholen.
    Während ich in der Wanne saß, mitten in duftendem Schaum, den sie mir großzügig spendiert hatte, und während ich als Gipfel des Wohlbefindens eine Zigarette rauchte, erzählte ich ihr, was heute nacht vorgefallen war. Ich erzählte es ihr durch die angelehnte Badezimmertür.
    Als ich herauskam, lag Gitta bäuchlings auf der Couch, und was sie trug, kostete alles in allem nicht mehr als sieben Mark fünfzig. In München kann es auch schon Anfang Mai sommerlich heiß sein, dafür schneit es dann zum Ausgleich wieder am Monatsende. Heute war es sommerlich heiß. Ich setzte mich in die offene Balkontür und schaute zu, wie die dunklen, nassen Flecken auf meinem Anzug immer kleiner wurden.
    Gitta blinzelte schläfrig zu mir herüber. Sie rauchte eine lange, dünne Zigarette, eine Sorte, die sie bevorzugt. Damenzigaretten. Ich trank einen Schluck Kaffee und sagte: »Vielleicht wäre es doch besser, wenn du mich heiraten würdest.«
    »Für dich bestimmt, Jerry.«
    »Du verdienst gut mit deinen Katalogen und...«
    »Nimm dir einen Whisky, er steht drüben im Schrank. Vielleicht wirst du dann wieder klar im Kopf.«
    Ich patschte barfuß über den weichen, rostroten Teppich zu der kleinen Hausbar, holte mir den Whisky und setzte mich wieder vor den Balkon. In der Ferne standen die Berge in zartem Blau. Gitta sagte: »Sie hat schwarze Haare, nicht wahr?«
    »Ja. Wie eine Südländerin. Und sie war eher schön als hübsch.«
    Sie lächelte. Diese kleine, zierliche Person kann lächeln, daß es einem durch und durch geht.
    »Wenn sie weniger schön gewesen wäre, Jerry, hättest du besser aufgepaßt. Außer mit Mister I hast du mit niemandem darüber gesprochen?«
    »Doch, mit dir.«
    »Gib mir auch einen Whisky und hör endlich auf, zu blödeln. Du steckst bis zum Hals in der Tinte.«
    Ich brachte ihr ein Glas. Sie trank und sagte: »Mir scheint deine Theorie nicht glaubhaft.«
    »Die vom Freund?«
    »Ja. Der Tote im Zug hat sich nicht erschossen, sondern ist erschossen worden. Von Mister I. Und du bist jetzt der Dumme.«
    »Unsinn. Was sollte das Ganze? Er hätte das genausogut, oder sogar noch sicherer, ohne mich machen können. Das ist doch logisch.«
    Sie setzte ihre langen Beine auf den Teppich und spielte mit ihren Zehen andächtig Klavier. »Seit Jahrtausenden stiftet Männerlogik nichts als Unheil. Mein Gefühl sagt mir, daß er ermordet worden ist.«
    »Der Hotelier?«
    »Du wirst sehen, er ist auch kein Hotelier. Das Ganze ist ein Märchen, auf das nur ein Journalist hereinfallen konnte.«
    »Und weshalb haben sie mir die Pistole wieder weggenommen?«
    »Weil du sie nicht in den See geworfen hast. Sie haben dich beobachtet — siehe das weiße Isabella-Coupé, — und dann haben sie gedacht, du würdest mit der Pistole als Beweismittel zur Polizei oder zur Versicherung laufen.«
    »Und das Geld? Was fangen sie mit den halbierten Hundertern an? Die anderen Hälften habe ich doch noch.«
    Sie zuckte mit den Schultern.
    »Alles weiß ich natürlich auch nicht.« Sie stand auf, trat auf den Balkon in die Sonne und befühlte meinen Anzug. »Er ist trocken. Jerry, unternimm nichts. Laß alles laufen, wie es läuft, und halte deine Nase in eine andere Richtung.«
    Ich hielt meine Nase sehr betont in eine bestimmte Richtung, so lange, bis Gitta unsicher wurde. Dann sagte ich: »Vielleicht hast du recht. Trotzdem würde ich mir an deiner Stelle jetzt etwas mehr anziehen. Du bist eine unwiderstehliche Provokation.«
    Sie lachte.
    »In deinem augenblicklichen Zustand könnte ich mich deiner wahrscheinlich gerade noch erwehren. Verschwinde jetzt, ich habe einen Termin. Ich habe zu tun.«
    »Mein Gott«, sagte ich, während ich mich anzog. »Unsereins arbeitet, und du hast zu tun. Wie groß die sozialen Unterschiede doch immer noch sind. Wiedersehen — und vielen Dank für die psychische Aufrichtung.«
    Ich verließ ihr Appartement, um in meine traurige Junggesellenbude zurückzukehren.

    Ich zog mich um und fand in meiner Tasche noch

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