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Die blonde Witwe

Die blonde Witwe

Titel: Die blonde Witwe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Stöhnen tippte er das Datum, und schließlich fragte er mich: »Name?«
    Ich tat erstaunt.
    »Der dürfte Ihnen doch bekannt sein. Oder nehmen Sie immer irgendwelche Leute fest, die Sie gar nicht kennen?«
    Sein väterliches Gesicht drückte Kummer aus.
    »Sie sollten keine so frechen Antworten geben. Vielleicht vergeht Ihnen das, wenn Sie erst lebenslänglich im Zuchthaus sitzen.«
    »Vielleicht. Aber vorerst sitze ich ja noch nicht.«
    »Also dann: Ihr Name?«
    »Aktenkundig«, sagte ich. »Steht im Haftbefehl.«
    Er schnaufte und wischte sich den Schweiß mit einem blauen Taschentuch von der Stirn. Dann sagte er grollend: »Sie, wenn Sie glauben, Sie können hier Mäus machen, dann haben’s Ihnen getäuscht. Also dann: Ihr Name?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Mein Herr, Sie wissen genausogut wie ich, daß ich nicht verpflichtet bin, vor der Polizei eine Aussage zu machen. Ich werde es auch nicht tun.«
    »Net?« fragte er sichtlich erleichtert, tippte mit seinen beiden dicken Zeigefingern Verweigert die Aussage, und zog den Bogen befriedigt aus der Maschine. »Also dann«, sagte er zu den beiden Polizisten, »also dann sperr’ ma’n ein.«
    Sie führten mich in die linke der beiden Zellen, wo ich eine Holzpritsche und zwei Decken vorfand. Die Tür schloß sich hinter mir, und ich war allein mit der vielgerühmten und gesunden Luft von Bad Reichenhall, die hoch oben durch das vergitterte Fenster hereinkam.
    Nun, zu äußerer Untätigkeit verdammt, fing mein Hirn an, desto lebhafter zu arbeiten.
    Außer Andrea konnte mich hier niemand erkannt haben, also mußte sie es gewesen sein, die die Polizei verständigt hatte. Was zwei Möglichkeiten ergab: entweder hielt sie mich wirklich für einen Mörder, oder sie steckte mit der Firma Holzinger & Co. unter einer Decke, wollte die halbe Million tatsächlich erben.
    Ich würde es bald erfahren, allerdings auch wieder nicht so bald, denn heute war Sonntag, und auch die Polizei heiligt diesen Tag. Wahrscheinlich würden sie mich überhaupt nicht hierbehalten, sondern nach München bringen. Eine Flucht von hier aus oder auf dem Transport war unmöglich und sinnlos obendrein, und wenn ich Glück hatte, landete ich im Münchener Polizeipräsidium beim Dezernat 1, dem Morddezernat, das von Oberinspektor Margreiter geleitet wurde. Ich kannte ihn noch von früher, als ich die Spalte Aus dem Gerichtssaal für meine Redaktion schrieb.
    Aber es kam anders.
    Nachmittags um halb drei nämlich kam ein Polizist in meine Zelle, holte mich heraus, und draußen stand ein Mann in Zivil, der sich als Kriminalbeamter aus München entpuppte. Er sagte mir, wir würden nun zusammen in die Ettstraße fahren, und ums Fahrgeld brauchte ich mich nicht zu kümmern, der Staat habe für solche Fälle eine kleine Reserve.
    Draußen wartete schon der grüne BMW, ein Beweis für die patriotische Gesinnung der bayerischen Polizei, die dieses Fahrzeug fast genauso verehrt, wie die Engländer ihren uralten Rolls Royce.
    Im Polizeipräsidium in der Ettstraße mußte ich aussteigen, wurde in einen vergitterten Raum geführt und mußte meine Taschen ausräumen. Ein Beamter trug meine Habseligkeiten in eine Liste ein, und dann wurde ich in die Sammelzelle 13 geführt.
    Um neunzehn Uhr dreißig wurde ich herausgeholt, zwei Treppen hoch gebracht, und dann stand ich im Zimmer des Mannes, den ich von früher her kannte, wenn auch unter anderen Vorzeichen.
    »Nehmen Sie ihm die Handschellen ab«, sagte Kriminaloberinspektor Margreiter zu dem Polizisten, der mich hereingebracht hatte.
    Ich rieb meine freien Handgelenke.
    Er sah mir zu und sagte zu dem Polizisten: »Lassen Sie uns allein, Wachtmeister. Ich rufe Sie, wenn ich Sie wieder brauche.«
    Die Tür schloß sich hinter dem Wachtmeister, und ich rieb immer noch meine Handgelenke.
    Margreiter war zweiundvierzig, ein wenig füllig und hatte Augen, die je nach Wetter zwischen grau und blau wechselten. Er war eigentlich immer ganz pressefreundlich gewesen, eine Rarität unter deutschen Kriminalbeamten. Die meisten behandeln die Reporter wie lästige Giftinsekten und jammern hinterher, wenn sie gestochen werden.
    Seine blonden, schon etwas dünnen Haare waren frisch geschnitten, er war gut rasiert und trug einen Anzug, dem man es nicht ansah, ob er Maßarbeit oder von der Stange war.
    Damals, als ich noch beruflich öfters mit ihm zu tun hatte, fand ich ihn ein wenig weich, im Fleisch und im Handeln.
    Jetzt schien er mir fester geworden zu sein, zumindest im

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