Die Blüte des Eukalyptus
Gem gehörte. Warum hatte sie ihm dann von diesem Heiratsantrag erzählt? Und wie, zum Teufel, hatte sie Daniel Browne bloß kennen gelernt? Jedes Mal, wenn Jake durch Gideon Park kam, unterhielt er sich mit dem Künstler. Zwar wirkte Daniel bei jedem Besuch noch verhärmter als vorher, schien sich aber stets zu freuen, wenn er Jake sah. Er erzählte von seinen Bildern und fragte ihn nach Neuigkeiten von der Außenwelt. Seltsam, dass Daniel weder Keziah noch eine Hochzeit erwähnt hatte.
Jake war todsicher, dass ihm Keziah nicht die ganze Wahrheit über diesen Antrag erzählt hatte. Aber konnte er sie verurteilen? Gems Abfuhr musste sie tief getroffen haben. Anständige Frauen waren gerissen, selbst die besten. Diese Frau bringt sich andauernd in Schwierigkeiten. Sie versucht verzweifelt, Gem zu finden, um alles wieder in Ordnung zu bringen, aber das ist gar nicht so leicht bei den vielen Fahndungsplakaten, auf denen er tot oder lebendig gesucht wird .
Manchmal waren Jake Keziahs Blicke nicht geheuer. Als wäre er einer von Königs Arthurs Rittern, der sich nur auf sein Pferd schwingen musste, um das Problem für sie zu lösen und zu einem glücklichen Ende zu bringen.
»Das passiert, wenn dir eine Frau das Leben rettet, Horatio. Diese Schuld zahlst du ein Leben lang ab.«
Der Gedanke an das morgige Datum deprimierte ihn. Es war ein trauriger Tag – Pearls sechster Geburtstag, und seine Suche hatte ihn keinen Schritt weitergebracht. Ob er sie überhaupt noch erkennen würde, wenn sie ihm auf der Straße über den Weg lief?
Feagan war wie üblich eifrig dabei, Neuigkeiten zu verbreiten, während er die Waren für seine Kunden verpackte.
»Wo soll das bloß hinführen? Jetzt haben wir zwei Buschräuber, die behaupten, der Einäugige zu sein. Der Schwadroneur ist erneut ausgebrochen. Und dieser Schurke von Paddy Corcoran hat zugegeben, die Frau eines Aufsehers vergewaltigt zu haben.«
Das war Jakes Stichwort. »Gibt es irgendwelche Neuigkeiten von Gypsys Bande?«
»Sergeant Kenwood hat mir erzählt, dass Gypsy diese Woche zwei weitere Höfe überfallen hat, keine zehn Meilen von hier entfernt.« Feagan schenkte Jake sein tabakfleckiges Lächeln. »Aber was kann man von denen schon erwarten? Die Zigeuner waren bereits Gauner, als der liebe Gott noch in den Windeln lag.«
Jake enthielt sich eines Kommentars. Feagan war begeistert über die große Bestellung, die Jake für Terence Ogden getätigt hatte.
»Die Großgrundbesitzer wissen, was Stil ist. Ich habe gehört, dass Ogden eine Fuchsjagd für den englischen Sportsmann veranstaltet, der gerade angekommen ist. Statt Füchse wollen sie Kängurus schießen. Brauchst du Munition?«
Feagan zwinkerte ihm verschwörerisch zu. Jake wusste, dass spätestens am Mittag jeder in Bolthole wüsste, was er darauf geantwortet hatte, und er hoffte, dass es auch den Buschräubern zu Ohren käme.
»Nein. Ich trage niemals Waffen oder Munition bei mir. Nur Whisky. Und dieses Mal ist auch noch Platz für eine Menge Heu.«
Anschließend kaufte er zwei Whiskyflaschen im Shanty with No Name und legte sie ganz hinten in den Karren, um von der Munition abzulenken, die er dort verstaut hatte, falls die Plane des Wagens zurückgeschoben würde. Wenn Feagans Informationen zutrafen, musste sich Gem irgendwo in der Nähe versteckt halten. Mithilfe der Buschtrommeln hatte er schon mehrmals zuvor Kontakt zu ihm aufnehmen können. Der Trick bestand darin, sich von einem anständigen Buschräuber überfallen zu lassen, der vertrauenswürdig war und seine Botschaft an Gem weiterleitete.
Er musste nicht lange warten. Es war ein stickiger Tag, und die unzähligen Mücken von dem nahegelegenen Sumpf machten ihn nicht angenehmer. Kaum hatte Jake die steinerne Bogenbrücke überquert, da hörte er die bekannte Aufforderung: »Überfall! Geld oder Leben!«
»Jesses Maria, schon wieder, Horatio!« Jake fuhr seinen Karren zur Seite und sah den jungen Buschräuber an. Taffy Owens war so offenkundig neu im Geschäft, dass seine Beine schlotterten wie bei einem Kind, das mal muss. Seine Waffen waren museumsreif.
»Was dagegen, wenn ich eine Zigarettenpause einlege?«, fragte Jake höflich. »Ein Scheißtag heute!«
»Dich würde ich nie ausrauben, Jake«, entschuldigte sich Taffy.
»Du bist ein Kumpel von Gypsy und dem Schwadroneur. Also genieß deine Zigarette und dann fahr weiter.«
Jake warf einen Blick auf die leere Straße. »Ja, sonst halten wir hier noch den Verkehr auf. Ich bin mit
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