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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Gewissen hat?« Sie küsste die kleine Hand, die ihr Gesicht streichelte, um sie zu trösten. »Wirst wenigstens du Manns genug sein, um mir zu vergeben? Es ist wahr, dass ich dich vor der Geburt nicht wollte, aber damals kannte ich dich noch nicht! Und jetzt bedeutest du mir so viel wie eine ganze Welt, Gabriel.«
    Sie setzte ihn auf ihren Schoß und klatschte seine Händchen aneinander. »Ich habe keine Ahnung, wie ich dieses Chaos wieder in Ordnung bringen kann, und müsste ich morgen sterben, würde ich auf meinem Totenbett die Wahrheit sagen. Ich liebe Gem von ganzem Herzen. Aber wenn er dich nicht akzeptieren kann, könnte ich dich nie, niemals im Stich lassen. Du bist das Einzige in meinem Leben, das noch einen Sinn ergibt!«
    Vergebens versuchte sie, die ramponierte Tür zu schließen, als sie mit dem Kleinen auf dem Arm wieder hineinging.

    Jake stand im Dunkeln vor Keziahs Hütte und fluchte leise, als er sah, wie der berühmte Buschräuber Gem Smith am Horizont verschwand. Jesses! Was mache ich jetzt?
    Er war gekommen, um Keziah zu besuchen, hatte aber gezögert, nachdem er das im Gebüsch angebundene Pferd entdeckt hatte. Sollte er bleiben oder lieber wieder gehen? Er hatte das Ende von Gems wütender Tirade gerade noch mitbekommen, doch als er sah, wie Keziah auf der Veranda versuchte, den kleinen Gabriel zu trösten, hatte er sich den Rest zusammenreimen können. Jake war ehrlich genug, um sich seine Befangenheit in diesem Fall einzugestehen. Er war mit Keziah befreundet, aber hätte er an Gems Stelle seiner Frau vergeben, wenn sie ein Kind zur Welt gebracht hätte, während er im Gefängnis saß?
    Und irgendwie hatte Jake das Gefühl, dass er tatsächlich in Gems Haut steckte. Was würde ich machen, wenn Jenny wie Keziah um meine Liebe flehen würde?
    Darauf gab es keine Antwort. Es wurde spät, er musste eine Entscheidung treffen. Also ritt er zu den Schlafquartieren der Strafgefangenen auf der Ironbark Farm. Sholto öffnete die Tür. Der große, tätowierte Mann aus Glasgow sah aus, als hätte er ihm am liebsten den Hals umgedreht.
    »Miss Plews hat ein Problem, Kumpel, ich brauche deine Hilfe«, sagte Jake und bot ihm seinen Tabakbeutel an. Sholto nahm ihn besänftigt an und führte ihn zum Geräteschuppen.
    Nach seiner Rückkehr klopfte er wie zufällig an Keziahs Tür. »Wollte nur mal kurz reinschauen. Wie ich sehe, hat deine Tür den Geist aufgegeben.«
    Ohne ein weiteres Wort machte er sich an die Arbeit und hatte die Tür nach kürzester Zeit wieder repariert. Ich wünschte, mit ihrem Liebesleben wäre es genauso einfach.
    »Danke, Jake«, sagte Keziah und schniefte. »Ich mache dir etwas zu essen.«
    Jake betrachtete sie, während sie den Tee einschenkte. Manche Frauen wie Jenny waren auf herzzerreißende Weise schön, wenn
sie weinten. Ganz anders als Keziah. Sie hatte geschwollene Augen vom vielen Heulen. Er hatte Faustkämpfer gesehen, die noch nach der dreizehnten Runde einen besseren Eindruck machten.
    Schließlich verschränkte er die Hände im Nacken und lehnte sich selbstsicher zurück. Er wollte sich nicht in die Karten blicken lassen und tat so, als hätte er Gems Wutausbruch nicht mitbekommen.
    »Na los, raus damit. Was bedrückt dich?«
    »Den Schlamassel, in den ich mich hineingeritten habe, kannst du nicht reparieren, Jake. Das schafft niemand.«
    »Bist du sicher?«, entgegnete er. »Gib mir eine Chance.«

SECHSUNDZWANZIG
    A uf dem Weg zu Feagans Krämerladen nahm Jake die Umgebung nur am Rande wahr. Der Sommer schien nicht enden zu wollen, und der Tag versprach jene schwüle Hitze, bei der man Hautausschlag bekam, wenn man nicht aufpasste und zu lange im Sattel saß.
    Am frühen Morgen hatte er im doppelten Boden seines schäbigen Fuhrwerks den teuren neuen Sattel versteckt, den er für Terence Ogdens Lieblingsvollblüter Jupiter’s Darling mitbringen sollte, zusammen mit der Jagdflinte und den Patronen, die der Gutsbesitzer bestellt hatte. Anschließend hatte er den Wagen nur noch mit Heuballen beladen müssen – zur Tarnung, falls er überfallen wurde.
    Wie immer war er auf der Hut vor Buschräubern. Die Trooper führten einen vergeblichen Kampf, um Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Das Heer von geflohenen Strafgefangenen, die zu den Waffen griffen, wurde von Woche zu Woche größer.
    Trotz seiner Aufmerksamkeit musste er ständig an die schreckliche Szene zwischen Gem und Keziah denken, deren Zeuge er letzte Woche geworden war. Er wusste, dass ihr Herz nach wie vor

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